Das heute als „Haus Hildener Künstler“ im Stadtpark genutzte Fachwerkhaus mit rechtwinkligem Grundriss wurde 1901 als Kutscherhaus für den Hildener Textilfabrikanten Richard Friedrich „Fritz“ Gressard (1839-1923) erbaut. Gressards Fabrik erstreckte sich über das Gelände zwischen dem heutigen Fritz-Gressard-Platz, der Itter und der Neustraße. Es lag in nördlicher Nachbarschaft zu Kampf & Spindler, dem zweiten großen Textilunternehmen in Hilden.
Kutscherhaus und spätere Gewerbenutzung Das Gebäude enthielt eine Remise für die Kutsche, den Pferdestall und die Sattelkammer sowie eine Kutscherwohnung. Gressards Kutscher Gerhard Brings, ein ehemaliger Totenkopf-Husar, bewohnte mit seiner Familie das Obergeschoss. Die Einrichtung war spartanisch: Es gab zwar fließendes Wasser, aber weder Heizung noch elektrischen Strom. Als Toilette stand ein von außen zugängliches Plumpsklo zur Verfügung. Gressard verkaufte das Haus 1908 an den Sanitätsrat Dr. Ellenbeck, der den Kutscher Brings in seine Dienste übernahm. Zwischen 1913 und 1927 wurde das Haus von der Familie Pieper bewohnt.
Nach dem Ersten Weltkrieg stand Hilden bis 1926 unter britischer Besatzung. Die Engländer beschlagnahmten das Kutscherhaus und nutzten es als Stall für ihre Pferde. Nach Abzug der Briten wurde das Haus von verschiedenen Kleingewerbe- und Handwerksbetrieben genutzt. Zu den Mietenden gehörten eine Schlosserei, eine Klempnerwerkstatt, Malerwerkstätten sowie die Lack- und Farbengroßhandlung Hermes & Töpfer.
Haus Hildener Künstler mit Skulpturengarten 1976 kaufte die Stadt Hilden den Grundbesitz von der Erbengemeinschaft Ellenbeck. Geplant waren der Ausbau und die Neugestaltung des Stadtparks. Das inzwischen völlig marode Fachwerkhaus sollte abgerissen und die Fläche mit einem Parkplatz überbaut werden. Engagierte Bürgerinnen und Bürger, unterstützt von einigen Ratsherren, kämpften um die Rettung des Anwesens. Ratsherr Klaus Kirschbaum beantragte 1977 die Erhaltung des Hauses und seine Nutzung für kulturelle Zwecke. Mit Erfolg: Der Rat beschloss die Sanierung des Hauses. Die Sanierungskosten von 350.000 DM konnte die Gemeinde allerdings nicht aufbringen. Dem Projekt drohte der Stillstand. 1979 schlossen sich parteiübergreifend Ratsmitglieder und engagierte Bürgerschaft zusammen und gründeten den „Verein Haus Hofstraße 6, Hildener Künstler e.V.“, welchem auch die beiden Baukreis-Künstler Hans Peter Feddersen und Leonhard Nienartowicz angehörten. Ohne städtisches Geld, mit freiwilliger Unterstützung Hildener Bürger*innen und Handwerksbetriebe, gelang es, das baufällige Haus innerhalb von drei Jahren zu sanieren. Die Arbeiten leitete der Hildener Architekt Hans Strizewski (1928-2022). Der Ratsherr und Vereinsmitbegründer hatte bereits die neue Stadthalle gebaut.
1982 konnte das Haus unter seinem heutigen Namen „Haus Hildener Künstler“ oder abgekürzt H6 (für Hofstraße 6) eröffnet werden. Unter seinem Dach befinden sich elf Ateliers, ein geräumiges Gemeinschaftsatelier und ein großer Ausstellungsraum. Der weite „Skulpturengarten“ dient als Ausstellungsfläche unter freiem Himmel für die Werke plastisch arbeitender Künstlerinnen und Künstler. Im Jahr 2023/24 sind dort 18 Objekte zu sehen. Die Tonreliefs an den Außenwänden des kleinen Nebengebäudes stammen von dem Baukreis-Künstler Hans Peter Feddersen (1905-1998). Sie illustrieren den Herstellungsprozess von Kunstseide und verzierten ursprünglich das Pförtnerhaus der Spindlerwerke an der Walder Straße 49.
Baudenkmal Das Haus Hildener Künstler im Stadtpark, Hofstr. 6, wurde am 17. Oktober 2013 mit der Nummer 70 in die Liste der Hildener Baudenkmäler aufgenommen.
(Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz, im Auftrag des Kulturamts der Stadt Hilden, 2024)
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Literatur
Haafke, Udo (2014)
Hilden. Die schönsten Seiten - At its best. S. 60-61, Erfurt.
Ruland, Wolfgang (2006)
Hilden. S. 35, Hilden.
Wennig, Wolfgang / Stadt Hilden (Hrsg.) (1974)
Geschichte der Hildener Industrie von den Anfängen gewerblicher Tätigkeit bis zum Jahre 1900. (Niederbergische Beiträge, Bd. 30.) Hilden.
Haus Hildener Künstler mit Skulpturengarten im Stadtpark
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Empfohlene Zitierweise
Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz: „Haus Hildener Künstler mit Skulpturengarten im Stadtpark”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354143 (Abgerufen: 18. Januar 2025)
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