Der Ausbau der Stadtbefestigung von Stade begann im frühen 16. Jahrhundert. Der Stadtmauer bzw. dem Stadtgraben des 13. Jahrhunderts vorgelagert wurden an den Ecken und vor den Stadttoren Bastionen und kleine Befestigungswerke angelegt. Westlich des Kehdinger Tores hatte man zwischen 1550 und 1598 eine kleine runde Bastion angelegt. Wie der Plan von Georg Braun und Frans Hogenberg um 1590 zeigt, hatte man in die Kurtine zwischen Kehdinger Tor und ursprünglichem Schiffertor eine Halbrundbastion (Rondell nördlich vom Schifferthor eingefügt. Sie war massiv erdgefüllt und diente als Standort von vermutlich drei Geschützen. Vor hier aus waren die Ecke der Stadt und die Kurtinen bis zu den beiden Toren geschützt.
Bei einer Baustellenbeobachtung der Stadtarchäologie Stade 1999 konnte der Wassergraben des Bollwerkes dokumentiert werden. Er besaß eine Breite von rund 15 Metern.
Bis 1628 (Nachzeichnung von 1866 eines Plans der Belagerung von Stade durch Tilly 1628) war das Bollwerk ausgebaut worden. Es besaß nun die bekannte dreieckige Bastionsform mit Flanken, Facen und Bastionsspitze. Der vorgelagerte Festungsgraben war entsprechend angepasst worden.
1645 wird Stade von den schwedischen Truppen unter Hans Christoph Graf von Königsmarck (1605-1663, deutscher Feldmarschall in schwedischen Diensten, Generalgouverneur von Bremen und Verden, Erbauer von Schloss Agathenburg) erobert. Die Stadt wird zur Hauptstadt des bremisch-verdischen Territoriums erhoben. Damit einher geht ein umfangreicher Ausbau der Befestigungsanlagen der Stadt einher. Für eine gezielte Planung war zunächst die kartographische Erfassung des Vorhandenen erforderlich. Unter dem Conductuer Erik Jonsson Graf von Dahlberg (1625-1703; schwedischer Feldmarschall, Architekt und Festungsbaumeister) wird 1648 ein Plan der alten und geplanten Festungsanlagen vorgelegt. Die Stadt sollte von einem Kranz von zehn Bastionen und drei Ravelins geschützt werden. Im Nordwesten sollte die Wrangelsbastion angelegt werden.
Für den Bau der Wrangelsbastion, benannt nach dem schwedischen Generalfeldmarschall Hermann von Wrangel (1587-1643), nutzte man die vorhandene Anlage. 1666 wurde die reguläre Bastion nach den Plänen von Dahlberg von 1648 fertig gestellt. Die Bastion wurde in niederländischer Manier als Erdwerk ausgeführt.
Wie die Pläne des 17. Jahrhunderts belegen, gab es in der Wrangelsbastion einen größeren Waffenplatz, in dem ein kleines Pulvermagazin stand (auf späteren Plänen nicht mehr dargestellt). Vor hier aus gab es eine zentrale Rampe auf den gedeckten Gang, den geschützten Raum hinter den Wällen. Unterhalb des gedeckten Ganges gab es eine weitere Plattform zum Erschließen der seitlichen Waffenplätze an den Flanken (s. Plan Isenbart von 1779).
In den Jahren 1704 bis 1706 wurden die Wälle an der Bastion erhöht.
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Die Zeit nach 17121712 belagerten dänische Truppen die Stadt und eroberten sie. Damit endete die schwedische Herrschaft über die Stadt. 1715 wurden die säkularisierten Herzogtümer Bremen (somit auch Stade) und Verden Teile des Kurfürstentums Hannover, ab 1814 Königreich Hannover. Stade blieb Landesfestung und Verwaltungssitz. In der kurzen Zeit der Besetzung Stades durch die Dänen und in der nachfolgenden hannoverschen Zeit erfolgten nur Ausbesserungsarbeiten an der Wrangelsbastion.
Spätestens nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763) verlor die Stader Festung an Bedeutung für das Königreich. Ein erster Plan für die Entfestung der Stadt wurde 1770 erarbeitet. Zwar wurden die Festungsanlagen in der Zeit der französischen Besatzung 1803–1813 nochmals erweitert. Aber Mitte des 19. Jahrhunderts vereinigte man die neu entstandenen vorstädtischen Siedlungen und die Altstadt. Die Einschränkungen durch den Festungsbering wurden immer bedeutsamer für die Entwicklung der Stadt. Somit richtete sie am 2. August 1852 eine umfassende Eingabe zur „Entfestigung der hiesigen Stadt“ an das hannoversche Kriegsministerium.
Die Entfestung von Stade und der anschließende Abbau des Kehdinger Tores erfolgten ab 1882. Die Kurtine bis zur Wrangelsbastion und die Bastion selbst blieben bis heute erhalten. Dieser Abschnitt hatte keine Bedeutung für die weitere städtische Entwicklung und blieb daher von den Abtragungen verschont.
Die Jugendherberge, die heute den größten Teil der Wrangelsbastion einnimmt, wurde 1932 als „Haus der Jugend“ eröffnet. Der Entwurf von Eduard Keßler (Stader Stadtbaumeister) lehnte sich an niedersächsische Bauformen an. 1933 waren hier Hilfspolizeikräfte zur Ausbildung untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmten die Nationalsozialisten das Haus, nach 1945 waren hier Flüchtlinge untergebracht. Nach Umbauten und Erweiterungen konnte die Jugendherberge wieder eröffnet werden.
Die gut erhaltenen äußeren Wallanlagen sind durch einen Rundweg erschlossen.
(Claus Weber, Stade, 2023)
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HinweisDie Wrangelsbastion ist als Teil einer Gruppe baulicher Anlagen Denkmal gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 NDSchG, Objekt-Nr. 625.
Die Wrangelsbastion ist dargestellt in ihrer Ausdehnung Ende des 19. Jahrhunderts, nach der Entfestung: Karte von den Festungswerken und Festungsländereien bei der Stadt Stade. Handzeichnung angefertigt nach den Grundsteuergemarkungskarten von Greihn, M 1:2.000, 1880. NLA ST Karten Neu Nr. 13699 (online unter www.arcinsys.niedersachsen.de, abgerufen 04.01.2024).
Quellen
- Stadtarchäologie Stade, Fundchronik 1999
- Landesarchiv Niedersachsen, Abteilung Stade
- Stadtarchiv Stade
Internet
stade-tourismus.de: Die Schwedenfestung. Landesfestung zum Schutz der Stadt (abgerufen 22.10.2023)
www.jugendherberge.de: Jugendherberge Stade (abgerufen 20.11.2023)
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