Gaststätte „Zur Glocke“

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Frechen
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 54′ 36,95″ N: 6° 48′ 54,4″ O 50,91026°N: 6,81511°O
Koordinate UTM 32.346.399,21 m: 5.642.119,68 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.557.372,31 m: 5.641.980,42 m
  • Keramikportal der Gaststätte "Zur Glocke" im Stadtarchiv Frechen (2022)

    Keramikportal der Gaststätte "Zur Glocke" im Stadtarchiv Frechen (2022)

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    Nicole Schmitz
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Bis in die 1960er Jahre markierte die Gaststätte „Zur Glocke“ den östlichen Anfang bzw. das Ende der Frechener Hauptstraße.

Die Gaststätte „Zur Glocke“
Der Name dieser „uralten“ Gaststätte rührt von dem Geläute der gegenüberliegenden Kirche St. Audomar (Heeg 1992, S. 75). Sie bildete zusammen mit zwei weiteren benachbarten Gaststätten „Uhles“ (mit Kegelbahn) und „Kleinsorg“ (mit Kino) die sprichwörtliche „Kneipenmeile“ Frechens. Vor allem sonntags wurden die Glocke und die benachbarten Gaststätten nach dem Kirchenbesuch aufgesucht und waren wichtige Orte der Kommunikation (Heeg 1992, S. 75).

Das genaue Alter des imposanten Fachwerkhauses mit vier zu fünf Achsen und Krüppelwalmdach ist nicht bekannt. Laut Adressverzeichnis wohnte in diesem Bereich um 1795 der Hufschmied Peter Weber. Das Adressbuch von 1899 gibt Auskunft, dass in der Adresse Hauptstraße 19 (später dann Hauptstraße 1) die Wirte Christoph und Friedrich (Fritz) Wolf wohnten (und arbeiteten), als Eigentümer ist Christoph Wolf eingetragen.

„Die Glocke“ und die Köln-Frechener (Ooms'sche) Keramik
Hier verkehrte auch der Werksleiter des Steinzeugwerkes „J. Kalscheuer & Cie.“, Toni Ooms. Zeugnis hierfür ist das erhaltene Keramikportal aus der Abteilung für Fein- und Baukeramik seines Werkes, auf dem er und der Wirt der Gaststätte - Fritz Wolf - verewigt sind. Im Rahmen eines Umbaus der Gaststätte Anfang 1927 wurde die Fassade des Fachwerkhauses nun rötlich-braun verputzt (Heeg 1992, S. 187). Der Sockelbereich und die Fensterbänke wurden ebenfalls wie das Keramikportal 1927 mit grüner Keramik verkleidet. Zudem wurde die Keramikplastik „Braumännchen“ nach dem Entwurf des Bildhauers Franz Albermann auf einer Ecksäule vor der Gaststätte aufgestellt. Seine Zwillingsfigur ziert eine Giebelnische der ca. 1000 Meter entfernt am anderen Ende der Hauptstraße gelegenen Gaststätte „Zur Deutschen Ecke“. „Mit dieser baukeramischen Verschönerung der 'Glocke' ist Toni Ooms in Frechen ein ähnlicher Coup gelungen wie mit der Messe in Köln. Ein hinsichtlich seiner Ausstrahlungskraft und lokalen Bedeutsamkeit für Frechen sehr wichtiges Gebäude wirbt jetzt für die Ooms'sche Keramik“ (Heeg 1992, S. 77).

Auch im Hinblick auf die städtebauliche Gestaltung Frechens kam der Gaststätte als Werbeträger und Ideenschmiede Bedeutung zu: In der „Glocke“ traf Toni Ooms laut Heeg auch auf den Bürgermeister Dr. Toll, der für den Frechener Siedlungsbau der 1920er Jahre wesentlicher Motor war: „Sehr schnell gelingt es Ooms in solchen ‚Glocke-Gesprächen', den Bürgermeister für seine Baukeramik zu begeistern. Von nun ab werden in Frechen nahezu regelmäßig Gemeindebauten mit dieser Keramik ausgestattet“ (Heeg 1992, S. 78).

„Die Glocke“ verstummt
Als die Hüchelner Straße 1970 verbreitert werden sollte, bedeutete dies das Aus für die „Glocke“ auf der Ecke. Das Gebäude mit der Adresse Hauptstraße 1 wurde abgerissen, das Keramikportal konnte jedoch noch knapp gesichert werden. Nach einem Dornröschenschlaf wurde es im Jahr 2000 (Kölner Stadtanzeiger vom 24.03.2000) restauriert und befindet sich nun im Gebäude der Volkshochschule Frechen.

Weitere Bezüge des Standortes zur Töpfereigeschichte Frechens
Vor der Etablierung als „Gaststättenmeile“ waren im Bereich der Hauptstraße 1-7, wie Ausgrabungen und das Adressenverzeichnis von 1795 belegen, einige Töpferfamilien ansässig. So wurden auf dem Grundstück Hauptstraße 1 Steinzeugkrüge mit primitiven Bartmasken und Irdenware des 19. Jahrhunderts gefunden (RAB-Ortsarchiv, Vorgang 1124107); auf den Grundstücken 3-7 wurden Ofenfunde gemacht.
Neben dem oben bereits erwähnten Hufschmied wohnte 1795 in diesem Bereich der Kannenbäcker Amandus Stark (heutige Adresse Hauptstraße 3; Adressenverzeichnis 1795, Heeg 1984); im 2. Viertel des 19. Jahrhunderts vermutlich auch der Töpfer Uhles (Häfner). In der Hauptstraße 5 wurden Steinzeugscherben des 16. Jahrhunderts gefunden sowie ein Fußboden aus Plätzton. Für die Hauptstraße 7 ist für das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts die Töpferei Schaaf (Irdenware), anschließend die Blumentopffabrik Schaaf (um 1900-1925) und bis 1928 die Töpferei Baumann bekannt (RAB-Ortsarchiv, Vorgang 1124107, Stellungnahmen Egon Heeg).

(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2023)

Quellen
Kölner Stadtanzeiger vom 24.03.2000: Kneipenportal kommt ins städtische Museum. Baukeramik-Rarität vor dem Abrissbagger gerettet (Text und Bild von Helmut Weingarten) (Sammlung Bernd Mayerhofer, Ordner Historisches Steinzeug, Stadtarchiv Frechen)
RAB-Ortsarchiv (Ortsarchiv des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland) Vorgang-Nr. 1124107, Stellungnahmen des Denkmalbeauftragten Egon Heeg

Literatur

Heeg, Egon (1994)
Frechener Adressenverzeichnis 1795 mit Ortsplan. Düren.
Heeg, Egon (1984)
Innenstadt (Frechen). (Frechener Straßen: Spiegel der Frechener Geschichte / Egon Heeg ; Band 1.) Köln.
Heeg, Egon / Förderverein des Keramikmuseums der Stadt Frechen e.V. (Hrsg.) (1992)
Die Köln-Frechener Keramik des Toni Ooms 1919-1934. Köln.

Gaststätte „Zur Glocke“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Hauptstraße
Ort
50226 Frechen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1927, Ende 1970

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Nicole Schmitz (2023): „Gaststätte „Zur Glocke“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345017 (Abgerufen: 30. April 2025)
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