Die Töpferei Matthias Girmscheid ist eine Werkstatt für salzglasiertes Steinzeug (meist graue Keramik aus dichtem licht- und wasserundurchlässigem Material) in Höhr-Grenzhausen. Seit 500 Jahren wird diese Art Keramik in Höhr-Grenzhausen gefertigt. Heute stellen lediglich die Töpfereien Girmscheid und Schilz diese Keramik im Ort noch her (Giefer 2021).
Töpferei Die Töpferei befindet sich im Ortsteil Höhr in der Rheinstraße 41. Auf der anderen Straßenseite stand bis in die 1990er Jahre die Steinzeugfabrik Marzi & Remy. Außerdem sitzen in der Umgebung der WesterWaldCampus sowie verschiedene Unternehmen und Forschungsinstitute mit keramischer Ausrichtung. Daher gilt der Ort als eines der wichtigsten keramischen Ausbildungs- und Forschungszentren in Europa.
Die Töpferei befindet sich auf einem – gegenüber dem Straßenniveau – leicht erhöhten und nach hinten versetzten Areal. Der Zugang erfolgt über eine Treppe. In einem lang gezogenen Gebäudekomplex befindet sich an vorderster Stelle der große Verkaufsraum. Weiter hinten sind die Produktionsräume. Darin werden die Fertigungsprozesse ausgeführt.
Geschichte Gegründet wurde die Töpferei Girmscheid von Matthias Girmscheid (1845-1928, siehe Abbildung in der Mediengalerie) vermutlich zwischen den Jahren 1870 und 1874. Offiziell wird die Gründung auf das Jahr 1894 datiert. In diesem Jahr erfolgte der Eintrag ins Handelsregister. Bis ins Jahr 1910 wuchs das Unternehmen rasch auf 90 Mitarbeiter. Im Ersten Weltkrieg sank die Zahl der Beschäftigten wieder.
In der Folgezeit ging die Firma verschiedene Kooperationen ein. Im Jahre 1920 schloss sich die Firma für wenige Jahre mit der Fabrik Gilles & Sohn zusammen. Im Jahre 1931 beendete Simon Peter Gilles (1878-1965) die Zusammenarbeit. Beide Betriebe wurden eigenständig weitergeführt. Kurze Zeit später entstand der Zusammenschluss „Girmscheid - Michels & Co”. Auch im Zweiten Weltkrieg kam es zu einem Rückgang der Mitarbeiter. Zwischen den Jahren 1945 bis 1949 stieg die Anzahl der Mitarbeiter wieder auf 64. Ab Mitte der 1950er Jahre sank die Zahl wieder, bis es im Jahr 1963 nur noch fünf waren. Im Jahr 1987 wurde die Firma in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt. Edith Wittich-Scholl (Lebensdaten unbekannt) wurde als Komplementär (persönlich haftende Gesellschafterin) eingesetzt. Verschiedene Familienmitglieder der Wittich Verlagsgruppe in Höhr-Grenzhausen wurden als Kommanditisten beteiligt.
Im Jahr 1996 übernahmen Joachim Ermert (geboren 1960) und Gitta Ermert (geboren 1962) die Firma. Das Ehepaar führt die Firma bis heute. Joachim Ermert hatte im Jahr 1976 seine Ausbildung in der Merkelbach Manufaktur in Grenzhausen begonnen. Dort wurde er mit 24 Jahren Abteilungsleiter in der Dreherei. Als sich im Jahre 1988 die Firmen Merkelbach und Goebel trennten, verließ Ermert ebenfalls den Betrieb. Ermert wurde Betriebsleiter in der Töpferei Girmscheid. Seine Frau Gitta, die er im selben Jahr heiratete, hatte eine kaufmännische Lehre in einer Keramikfirma durchlaufen. Außerdem verfügte sie über gute Sprachkenntnisse, eine wichtige Voraussetzung für das internationale Exportgeschäft. Unter ihrer Leitung pendelte sich in den 1990er Jahren die Anzahl der Mitarbeiter auf sechs bis acht Personen ein.
Keramik Die Töpferei Girmscheid widmet sich vornehmlich der Herstellung sogenannter Altdeutscher Keramik. Diese ist mit ihrer ausgeprägten Reliefverzierung der Keramik des Adels aus dem 17. Jahrhundert nachempfunden. Der Modelleur Kilian Beuler (1865-1928) förderte die Bekanntheit des Unternehmens mit seinen Entwürfen für prunkvolle Humpen. In den 1930er Jahren entwickelte die Firma eine individuelle Produktreihe, die sich am Historismus orientierte. Da Keramik dieses Stils nur von der Töpferei Girmscheid produziert wurde, stellen diese Produkte heute begehrte Sammlerstücke dar. In den 1950er und 1960er Jahren wurden Laufglasuren (Glasuren mit Farbverlauf) beliebt, denen sich auch Girmscheid annahm. Mit der Übernahme von Joachim und Gitta Ermert setzte sich das salzglasierte Steinzeug als dominantes Produkt im Betrieb durch. Neben Haushaltsgefäßen stellt die Töpferei auch gegossene Figuren her, wie Tiere oder Krippenfiguren. Zudem erhielt die Töpferei um das Jahr 2007 die Formen der Merkelbach Manufaktur, nachdem sie ihre Produktion eingestellt hatte. Dazu gehörten einige Entwürfe im Jugendstil (vor allem für Bierkrüge), die am Anfang des 20. Jahrhunderts von Künstlern wie Richard Riemerschmid (1868-1957) gefertigt wurden. Diese lässt Girmscheid erneut produzieren und vertreiben.
Heutzutage bietet die Töpferei Besuchern Einblicke in den Herstellungsprozess. Der ausladende Verkaufsraum und die Werkstätten bieten Platz für Führungen. Daher ist der Betrieb ein beliebtes Touristenziel. Im Jahr 2011 war die Töpferei an der Bundesgartenschau in Koblenz beteiligt. Im Rahmen dieser Bundesgartenschau wurde ein neuer Brennofen eingeweiht. Die Töpferei Girmscheid ist zudem Teilnehmer beim Keramikfestival Höhr-Grenzhausen brennt Keramik. Diese Veranstaltung findet in Höhr-Grenzhausen jährlich statt und eröffnet die touristische Saison.
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