Schwelgernstadion in Marxloh mit Rad- und Motorradrennbahn

Stadion in der Volkserholungsstätte Schwelgernbruch im früheren Stadtkreis Hamborn

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Duisburg
Kreis(e): Duisburg
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 30′ 12,34″ N: 6° 44′ 38,78″ O 51,50343°N: 6,7441°O
Koordinate UTM 32.343.432,96 m: 5.708.223,31 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.551.709,93 m: 5.707.916,78 m
  • Historischer "Übersichtsplan des Volksparks im Schwelgernbruch" von 1925, u. a. mit dem Schwelgernstadion samt Rad- und Motorradrennbahn und den angrenzenden Parkanlagen im heutigen Duisburg-Hamborn.

    Historischer "Übersichtsplan des Volksparks im Schwelgernbruch" von 1925, u. a. mit dem Schwelgernstadion samt Rad- und Motorradrennbahn und den angrenzenden Parkanlagen im heutigen Duisburg-Hamborn.

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  • Historische Gebäude in der Wiesenstraße am Schwelgernstadion des Volksparks Schwelgern in Duisburg-Marxloh (2014).

    Historische Gebäude in der Wiesenstraße am Schwelgernstadion des Volksparks Schwelgern in Duisburg-Marxloh (2014).

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  • Typische Szene aus einem Radrennen zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Der Steher-Rennfahrer Peter Günther hinter seinem Schrittmacher Heinrich Otto (vor 1914).

    Typische Szene aus einem Radrennen zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Der Steher-Rennfahrer Peter Günther hinter seinem Schrittmacher Heinrich Otto (vor 1914).

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Das Schwelgernstadion und die darin angelegte 570 Meter lange Radrennbahn wurden zwischen 1923 und 1925 zusammen mit den Anlagen des Volksparks Schwelgern in einem zuvor sumpfigen Bruchgelände errichtet.

Der Schwelgernpark
Das Schwelgernstadion
Die Rad- und Motorradrennbahn
Heutiger Zustand und Objektgeometrie
Quellen, Internet, Literatur

Der Schwelgernpark
Der im heutigen Stadtteil Marxloh im Stadtbezirk Hamborn gelegene Schwelgernpark (Volkspark Schwelgern, Volkserholungsstätte Schwelgernbruch) geht auf eine Schenkung des Industriellen August Thyssen (1842-1926) zurück. Dieser überließ der damals noch selbständigen Stadt Hamborn - der Zusammenschluss mit Duisburg erfolgte erst 1929 - Anfang der 1920er Jahre ein 56 Morgen umfassendes Areal in dem alten Rheinarm Schwelgernbruch zur Einrichtung einer „Volkserholungsstätte“. Auf dem Bruchgelände entstanden zwischen 1923 und 1925 „innerhalb von zwei Jahren in direkter Nachbarschaft zur Thyssen-Hütte Schwelgernpark, Schwelgernbad und Schwelgernstadion“ (de.wikipedia.org).
„Nach vorheriger Absenkung des Grundwassers wurde auf dem ehemaligen Sumpfgelände eine tiefer liegende Grünanlage geschaffen, durch Treppenanlagen mit der umliegenden Bebauung verbunden. Dafür mussten 250.000 m3 Boden bewegt werden.“ (Fischer 2007)
Die Bepflanzung des etwa einen Kilometer langen und mittig 150 Meter breiten Grundstücks besteht aus „industriefesten Bäumen und Sträuchern. Es gibt kaum Rabatten [Zierpflanzenbeete, Verf.], dafür ausgedehnte Weiden für Freizeitaktivitäten und Erholung. ... Das heutige Wegesystem ist gegenüber der Ursprungsplanung leicht verändert.“ (ebd.)
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Das Schwelgernstadion
„Die den südlichen Zugang zum Park rahmenden Stadionbauten an der Diesterwegstraße wurden zusammen mit den Parkanlagen errichtet.“ (ebd.)
Die Niederrheinische Sportzeitung berichtet von großen sportlichen Veranstaltungen anlässlich der Einweihung des neuen Stadions im September 1925: „Radrennen, Motorradrennen, Staffelläufe, die Freiübungen der 4000, Städtehandballspiel der Turner Hamborns gegen Köln. - Hamborns Fußballstädtemannschaft tritt gegen den Berliner Meister Hertha B.S.C. an.“

Als Ausstattung des „gewaltigen Stadion[s] von rund 28 000 qm Größe, das für Sportveranstaltungen aller Art geeignet ist“ werden in dem Bericht neben der nachfolgend beschriebenen Radrennbahn aufgeführt:

  • die Hauptarena mit der 100 Meter langen Tribüne mit 17 Sitzreihen für 3.000 Zuschauer,
  • hinter einem Wandelgang die Stehplatzbereiche „für bequem 25000 Zuschauer“,
  • im Innenraum der Arena die zentrale „Kampfspielfläche“ von 70 mal 100 Meter „für Fußball, Hockey, Schlagballspiel und leichtathletische Wettkämpfe“,
  • die diese umgebende Aschenlaufbahn von 500 Meter Länge und 7,20 Meter Breite und
  • weitere Rasenfelder mit Sprunggruben nördlich und südlich des Spielfelds „für turnerische und athletische Wettkämpfe“.

Das Stadion verfügt über eine Kapazität von 28.000 Plätzen. Anlässlich einer Begegnung des heute in der Sportanlage Im Holtkamp beheimateten, aber zeitweise hier spielenden Fußballclubs Hamborn 07 gegen Schalke 04 fand sich am 14. September 1947 die Rekordkulisse von 33.000 Zuschauern ein (Skrentny 2015 u. de.wikipedia.org).

Das Eingangsgebäude des Stadions wurde als eingeschossiger, dreiflügeliger Backsteinbau nach Plänen des Hamborner Stadtbaurates Franz Steinhauer errichtet.
Die geschweiften Dächer des Backsteinkomplexes sind als so genannte „Zollbau-Lamellendächer“ bzw. „Zollingerdächer“ konstruiert, einer Dachkonstruktion nach einer auf den Merseburger Stadtbaurat Friedrich Zollinger (1880-1945) zurückgehenden Systembauweise (vgl. Abb.). Bei dieser Zwischenform von Mansard- und Tonnendach werden vorgefertigte und gleichartige Einzelelemente als rautenförmige Gitterschale zu einem Stabnetztragwerk zusammengesetzt. Markant für diese freitragenden Dächer ohne Balken oder Stützen sind die gewölbten Dachflächen. Der Holzbedarf für den zudem recht einfach zu montierenden Dachstuhl verringerte sich durch diese Bauweise um teils über 40 Prozent. Das Patent Zollingers wurde von einer Deutschen Zollbau Licenz Gesellschaft bzw. im Rheinland ab 1927 von einer Zollbau-Verwertungs-Gesellschaft m.b.H. Köln über lizenznehmende Bauunternehmen verwertet (Kieser 2015, S. 24-25 u. Heise 2019).

Die gesamte Stadionanalage ist mit einer Backsteinmauer umfriedet (Fischer 2007).
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Die Rad- und Motorradrennbahn
Bereits zur Zeit seiner Einweihung verfügte das Schwelgernstadion über eine Fahrradrennbahn aus Eisenbeton. Wie zahlreiche andere, eigentlich als Rennbahnen im Bahnradsport angelegte Velodrome, wurde auch die Marxloher Bahn von Mitte der 1920er bis Anfang der 1930er Jahre als Kurs für Motorradrennen genutzt. Die Sammlung von historischen Rennsportanlagen von Rob Semmeling führt sie daher auch unter der Rubrik „Velodrome Racing / Track Racing“ auf; weitere Rennen fanden in der Nachkriegszeit zwischen 1947 und 1954 statt (Semmeling 2009, S. 128).

Die Beschreibung der ursprünglichen Bahn im Bericht der Niederrheinischen Sportzeitung vom 19. September 1925 lautet wie folgt:
„Zwischen Zuschauerraum und Spielfläche ist die Radsportbahn nach den neuesten Erfahrungen als Zementbahn von 570 Meter Länge und 7,25 Meter Breite angelegt, die Höchstgeschwindigkeiten in Flieger- und Steherrennen zulassen soll. Infolge ihrer Länge rückt die Bahn an die zweite Stelle aller deutschen Rennbahnen; sie wird hierin nur noch von der Radrennbahn im Berliner Stadion, die 666 2/3 Meter lang ist, übertroffen.
Für die Rennfahrer ist nördlich der Tribüne ein kleineres Unterkunftsgebäude vorgesehen, das außer den nötigen Kabinen auch Massage- und Werkstatträume enthält.
[i.e. die nordwestlich des Stadions gelegene Motorradfahrerhalle, das Gebäude E in der Abb. des Übersichtsplans, Verf.]
Die Abgrenzung der Radrennbahn nach den Zuschauerplätzen ist durch eine Betonbrüstungsmauer mit einem 40 cm hohen eisernen Geländer bewirkt. Die Radrennbahn ist nach den Angaben des bekannten Radbahnkonstrukteurs Hellner aus Dresden konstruiert und gebaut worden.“


Bei den zumeist als Steherrennen bezeichneten Fliegerrennen nutzen die Radrennfahrer den Windschatten eines knapp vorausfahrenden Motorrades und erzielen dadurch ein deutlich höheres Tempo. Mit 570 Metern war die Bahn für ein Velodrom ungewöhnlich lang, üblicherweise weisen Radrennbahnen Streckenlängen von 400 Metern auf.
Der im Bericht zur Eröffnung 1925 als Berater beim Bau der Radrennbahn genannte Dresdner Ingenieur Edmund Hellner galt seinerzeit als der „Papst“ für die Konstruktion von Radrennbahnen bzw. Zementbahnen (Hinweis Herr Dr. Kieser). Neben Bahnen in Antwerpen, Berlin, Chemnitz, Köln, New York und Tilburg sowie einer „Weltrekord-Bahn“ in Dresden-Reick zeichnete er auch für die Rennbahn im Zoostadion Elberfeld verantwortlich (de.zxc.wiki).
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Heutiger Zustand und Objektgeometrie
In dem Stadion fanden bis in die 1970er Jahre hinein Fußballspiele statt und noch heute wird es von einigen Vereinen genutzt (www.duisburg.de). Ende der 1990er Jahre wurden die marode Sportstätte und die zum Stadion gehörenden Gebäude saniert, wobei die nicht mehr benutzbare historische Tribünenanlage renaturiert und mit Boden überdeckt wurde (Skrentny 2001 u. de.wikipedia.org).
Bei dem Umbau der Stadions wurde auch das alte Oval der Rennbahn überbaut, von dem heute einzig noch der Grasdamm übrig ist, auf dem einst die Betonkurven ruhten (Semmeling 2009). Diese sind auch heute noch erkennbar.
Die hier verzeichnete Lage des Stadion mit der Rennbahn folgt den topographischen Karten TK 1936-1945, die die damalige Anlage als „Sportfeld“ zeigen (vgl. Kartenansicht).

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2020/2021)

Quellen
  • Freundliche Hinweise von Herrn Dr. Marco Kieser, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2021.
  • „Hamborns großer Tag“, in: Duisburger General-Anzeiger / Niederrheinische Sportzeitung, Jahrgang 44, Nr. 427 vom 19. September 1925 (Sammlung Dr. Kieser; online abrufbar unter zeitpunkt.nrw, abgerufen 08.12. 2020).

Internet
www.duisburg.de: Schwelgernstadion
de.wikipedia.org: Schwelgernstadion (abgerufen 08.12.2020)
www.schwelgernpark.de: Schwelgernstadion, mit Bildergalerien (abgerufen 08.12. 2020)
de.zxc.wiki: Barmer Stadion (abgerufen 02.07.2021)
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Literatur

Fischer, Barbara (2007)
Stadt Duisburg, Teil 6.1, Nördliche Stadtteile. (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland / Denkmäler im Rheinland.) S. 76-77, Worms.
Heise, Karin (2019)
Neues Bauen in Sachsen-Anhalt. Das Werk des Architekten, Konstrukteurs und Merseburger Stadtbaurats Friedrich Zollinger: kreativ - pragmatisch - zukunftsfähig. In: Sachsen-Anhalt-Journal 1, o. O. Online verfügbar: journal.lhbsa.de, abgerufen am 01.07.2021
Kieser, Marco / Landschaftsverband Rheinland, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland (Hrsg.) (2015)
Zollingerdächer der Zwanziger Jahre im Rheinland. Aus dem Nachlass des Architekten Theo Willkens. In: Denkmalpflege im Rheinland, 32. Jg., Nr. 1/2015, S. 22-31. Pulheim.
Semmeling, Rob (2009)
Rennen! Races! Vitesse! Racing Circuits Netherlands, Belgium, Germany, Austria, Luxembourg, Switzerland. S. 128, o. O. Online verfügbar: www.wegcircuits.nl, abgerufen am 18.06.2020
Skrentny, Werner (2015)
Es war einmal ein Stadion. Verschwundene Kultstätten des Fußballs. S. 33, Göttingen.
Skrentny, Werner (2001)
Das große Buch der deutschen Fussballstadien. Göttingen.

Schwelgernstadion in Marxloh mit Rad- und Motorradrennbahn

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Wiesenstraße 74
Ort
47169 Duisburg - Marxloh
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Auswertung historischer Karten
Historischer Zeitraum
Beginn 1923 bis 1925

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„Schwelgernstadion in Marxloh mit Rad- und Motorradrennbahn”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-315831 (Abgerufen: 25. April 2024)
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