Kastell Kapersburg westlich von Rosbach - Ober-Rosbach

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Fachsicht(en): Archäologie, Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Rosbach v.d. Höhe
Kreis(e): Wetteraukreis
Bundesland: Hessen
Koordinate WGS84 50° 18′ 46,87″ N: 8° 38′ 8,42″ O 50,31302°N: 8,63567°O
Koordinate UTM 32.474.059,71 m: 5.573.498,17 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.474.124,10 m: 5.575.288,39 m
  • Gebäude im Nordosten des Kastell Kapersburg (2018)

    Gebäude im Nordosten des Kastell Kapersburg (2018)

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  • Das Osttor der Kapersburg von außen betrachtet (2018)

    Das Osttor der Kapersburg von außen betrachtet (2018)

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  • Heizraum mit Heizkanal eines Gebäudes im Zentrum des Kastells Kapersburg (2018)

    Heizraum mit Heizkanal eines Gebäudes im Zentrum des Kastells Kapersburg (2018)

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  • Blick auf das Westtor der Kapersburg von Innen (2018)

    Blick auf das Westtor der Kapersburg von Innen (2018)

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  • Das außerhalb des Kastells Kapersburg gelegene Bad der Kapersburg (2018)

    Das außerhalb des Kastells Kapersburg gelegene Bad der Kapersburg (2018)

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Das für die Aufnahme eines numerus – einer kleinen Wacheinheit am Limes - ausgelegte Kastell hat sich infolge seiner Lage in einem bis heute nur von der Fortwirtschaft genutzten Waldgebiet sehr gut erhalten. Seit 1874 haben hier immer wieder archäologische Ausgrabungen stattgefunden; die Ergebnisse wurden umfassend publiziert. Nach der 2005 erfolgten Ernennung des Obergermanisch-Raetischen Limes zum UNESCO-Welterbe ist die Kapersburg als Freilichtmuseum ausgestaltet worden. Die Anlage steht heute unter der Obhut der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen. Neben dem zwischen dem Limes und der Garnison liegenden Kastellbad sind Wehrgräben, Teile der Umfassungsmauern samt den Toranlagen, die in Stein ausgeführten Partien der principia (lateinisch für Stabsgebäude), ein horreum (lateinisch für Speichergebäude), Brunnen und weitere Mauerzüge der über gut 150 Jahre entwickelten Anlage zu sehen. Damit sind für die Besucher bewusst Befunde ganz verschiedener Zeitstellung sichtbar gemacht worden, die nicht zur gleichen Zeit bestanden haben. Ihre Überschneidungen vermitteln durch das Nebeneinander jedoch einen informativen Eindruck von der durchaus komplexen Geschichte dieser Garnison.

Lage des Kastells und seine Verkehrsanbindung
Das Kastell und seine Innenbauten
Das Kastellbad
Die Datierung des Kastells
Die Besatzung des Kastells
Anfahrt

Lage des Kastells und seine Verkehrsanbindung
Die Kapersburg ist nur ungefähr sieben Kilometer von der Saalburg entfernt. Die bereits im Jahre 1482 im Weistum (Anmerkung: historische Rechtsquelle) der Grafschaft Alt-Weilnau als Karpesserburgk genannte Garnison wurde nicht auf dem Taunuskamm selbst, sondern am westlichen Abhang des Saukopfs im Distrikt Hoheburg angelegt. Von ihrem Standort 60 Meter hinter dem Pfahlgraben aus bot sich aufgrund der Höhe von etwa 420 Metern über dem Meeresspiegel eine weite Fernsicht, die über die Saalburg hinweg bis zum Feldbergkastell gereicht haben dürfte. Vor allem aber wird der Platz wegen einer hier vorbeiziehenden alten Verkehrstrasse, dem sogenannten Hühner- oder Hunnenpfad, ausgewählt worden sein. Diese von den Römern ausgebaute, offenbar schon in vorrömischer Zeit genutzte Verbindung führte nach dem Altstraßenforscher Georg Wolff (1845 bis 1929) von der Nadelmühle bei Bad Homburg-Ober-Erlenbach an der Gemarkungs- und früheren Landesgrenze zwischen Preußen und Hessen nördlich von Friedrichsdorf-Köppern entlang bis hin zur Kapersburg. Von dort aus setzte sich der Weg auf der Höhe neben dem Limes bis nach Hofheim-Langenhain fort.
An der Kapersburg verliefen das ältere Palisadengräbchen und die jüngere Wall-Graben-Anlage parallel zueinander. Das vor dem Graben untersuchte Palisadengräbchen zeigte in 75 Zentimetern Tiefe die schon von anderen Strecken her bekannten Verkeilsteine der Holzpfosten, die untereinander einen Abstand von 35 Zentimetern zueinander zeigten.
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Das Kastell und seine Innenbauten
Von dem ältesten Erdkastell wurde im Rahmen von Grabungen innerhalb der Umwehrungen der nachfolgenden Steinanlagen lediglich der Kastellgraben mit abgerundeten Ecken erfasst, der in einer Spitzsohle endete. Obwohl er sich in seinem Verlauf auf der Nord- und Westseite zum Teil mit den jüngeren Wehranlagen deckte, sind die Maße des nicht ganz regelmäßigen Grabens von 99 mal 97 Metern bei einer Kronenbreite von bis zu 7,5 Metern gesichert. Ein Zugang scheint auf der Südseite bestanden zu haben. Dort setzte der Graben zwar nicht für eine Erdbrücke aus, aber hinter einer leichten Einziehung auf der Innenseite zeichnen sich offenbar ein Rechteck bildende Pfostenlöcher ab. Dass hinter dem Graben eine Erdanschüttung mit verstärkenden Holzeinbauten bestand, wird lediglich nach Vergleichen vor allem mit der Saalburg vermutet. Auch die Innenbebauung bleibt unbekannt.

Über den mit Bauschutt verfüllten Gräben dieser Anlage ist das ältere Steinkastell errichtet worden. Die regelmäßige Anlage mit den Maßen von 119 mal 105,75 Metern besaß eine 3,20 bis 3,5 Meter breite Wehrmauer, die in einer Zweischalentechnik aufgeführt worden war. Dabei wurden die trocken versetzten Mauerzüge von 65 bis 85 Zentimeter auf der Innen- und 1,35 bis 1,5 Meter auf der Außenseite durch eine Holzkonstruktion mit Quer- und Längsankern zusammengehalten. Wie die einzige untersuchte Toranlage im Süden zeigte, waren dort die beiden Mauerschalen mit einem Querabschluss zusammengebunden.
Vor einer mit 50 bis 60 Zentimeter extrem schmalen Berme (Verflachung in einer Böschung) verlief der sehr flach angelegte Spitzgraben, dessen Kronenbreite schwankte. Während sie an der Nord- und Westseite lediglich vier Meter betrug, war der Graben auf der Südseite mit 7,2 Metern fast doppelt so breit. Auch die Innenbebauung des ersten Steinkastells dürfte größtenteils aus Fachwerk bestanden haben, von dem sich Pfostenlöcher bei dem schwierigen Boden kaum nachweisen ließen.

Aus welchen Gründen die Garnison nach vermutlich nicht allzu langer Zeit an der gleichen Stelle geringfügig erweiterte wurde, bleibt letztlich unklar. Möglicherweise wurde in zunehmend unruhiger werdenden Zeiten die militärische Besatzung vergrößert. Anders als bei vielen anderen ausgebauten Kastellen wurde aber nicht nur eine Seite der Garnison verlegt, sondern man hat die Wehrmauer an allen Seiten um rund sieben Meter nach außen verschoben. Dass dabei der Graben der vorausgehenden Bauphase massiv befestigt werden musste, um dem Druck der neuen Wehranlagen standzuhalten, wurde in Kauf genommen. Der Standort wird also entweder für die Aufgaben der hier liegenden Einheit oder die Wasserversorgung der Truppe von besonderer Bedeutung gewesen sein.
Die Umfassungsmauer des jüngsten Ausbauzustandes (126 mal 112,75 Meter) zeigt ein aus lokal anstehendem Gestein sorgfältig ausgeführtes, vermörteltes Quarzitmauerwerk in gutem Verband, in dem vereinzelt Schichten als opus spicatum (fischgrätartig) versetzt waren. In dem außen verputzten und mit rot gefassten Fugen versehenen Mauerwerk betonten Sand- und Basaltsteine, die aus der Wetterau stammten, sowohl die Ecken als auch die Laibungen. Sie fielen im 18. und 19. Jahrhundert dem Steinraub zum Opfer.

Dass die römischen Ingenieure beim Bau auf eine standfeste Ausführung geachtet haben, zeigt sich an der 1,65 Meter starken Mauer. Ihr Fundament wurde dort, wo es in die verfüllten Gräben der älteren Anlage einschnitt, auf eine Stärke von bis zu 2,40 Meter verbreitert. Rücksichtnahme auf die jeweiligen Bodenverhältnisse werden auch den an der Nord-, Ost- und Südseite bogenförmigen Verlauf der Mauern bedingt haben. Aus den gleichen Gründen dürfte die dort bis zu 4,50 Meter breite Berme (Verflachung einer Böschung) zwischen Kastellmauer und Graben nur an der Westseite, wo sich die Mauerzüge beider Anlage deckten und der Boden eine entsprechende Festigkeit aufwies, auf das normale Maß von einem Meter zurückgefahren worden sein. Auf der Innenseite der Kastellmauer ist nach der Tiefe der Turmbauten an den Eingängen eine etwa 4,70 Meter breite Wallschüttung zu rekonstruieren, auf der sich der Wehrgang befand.
Nur an der Nordwestecke lag ein Einbau mit 1,20 Meter starken Mauern und der Außenlänge von 4,90 Metern. Da entsprechende Fundamente in den anderen Kastellecken fehlen, handelt es sich hier vielleicht nicht um einen Turm, sondern mit dem Versammlungsgebäude (lateinisch: schola) des Kollegiums der im Kastell stationierten Reiter (lateinisch: veredarii) um einen anders genutzten Raum. Diese Vermutung wird durch die sich hier konzentrierenden Funden von Weihesteinen der Truppe gestützt.

Trotz der mehrfach erweiterten Anlage wurde die Position der wichtigsten Gebäude im Inneren der Garnison nicht verändert. Das erklärt die vor allem zum Osttor hin extrem lang erscheinende via principalis dextra (lateinisch für Lagerquerstraße), die ebenso aus den Achsen gerückt erscheint wie die übrigen mit einem Pflaster befestigten Straßen. Drei der vier Tore waren von leicht über die Vorderkante der Wehrmauer vorspringenden Türmen flankiert, deren unterschiedliche Größe nicht schlüssig erklärt werden kann. Die Durchfahrten von 5,74 bis 6,35 Metern Tiefe verbreitern sich von außen (3,20 bis 3,40 Meter) nach innen zu auf 3,60 bis 3,84 Meter. Nur das rückwärtige Tor (lateinisch: porta decumana), das ebenfalls nicht mit der Achse des Fahnenheiligtums in den principia (lateinisch für zentral gelegenes Stabsgebäude) fluchtete, war als einfacher Durchlass von 4 mal 1,1 Meter gestaltet und von zwei in den Innenraum vorspringenden Mauern gefasst.

Das Lager war parallel zum Pfahlgraben orientiert. Die Hauptfront zeigte nach Norden in das sich vor dem Limes erstreckende Gelände. Es ist gut möglich, dass sich hier auch ein Limesübergang befand, den die Besatzung zu kontrollieren hatte.
Obwohl unter den principia (lateinisch für Stabsgebäude) keine Holzbauphase eines Vorgängergebäudes nachgewiesen werden kann, ist nach ihrer zentralen Lage im ältesten Holzkastell zu vermuten, dass es schon damals an dieser Stelle einen für die Besatzung wichtigen Bau gegeben hat. Ähnlich wie in vielen anderen Garnisonen bestand das Gebäude aus einer Mischarchitektur von Fachwerk und Steinbau. Die verschiedenen Techniken waren aber unter einem hellen Verputz mit einer rot gefassten Quadrierung nicht zu erkennen, so dass der Eindruck von einer reinen Steinbauweise entstand.

In der massiv fundamentierten Apsis, die als Fahnenheiligtum (lateinisch aedes, sacellum) das auch von seiner Architektur her herausgehobene kultische Zentrum der Garnison bildete, fand sich eine aus Basalt gefertigte Statuette eines Genius (in der römischen Religion die persönliche Schutzgottheit von Menschen, einer Gemeinschaft oder einem Ort). Da aber nur die Mauern des schiefwinkligen Raumes an der Nordwestseite in die Apsis einbinden, der beheizbare Raum an der Nordostseite dagegen eine deutliche Mauerfuge zeigt und zudem über dem Straßenpflaster der via decumana (lateinisch für rückwärtige Lagergasse) liegt, könnte er zu einer späteren Erweiterungs- oder Ausbauphase gehören. Die sich in nördliche Richtung anschließenden Gebäudestrukturen münden in die über der via principalis (lateinisch für Lagergasse) zwischen dem rechten und dem linken Seitentor errichtete dreischiffige Exerzierhalle, die gepflastert war. Heute ist der Grundriss der gesamten Anlage im Terrain sichtbar, denn die sich an den gemauerten Trakt anschließenden Partien des Gebäudes wurden, der ehemaligen Bautechnik entsprechend, mit massiven Holzbalken nachgelegt und die große Vorhalle mit Natursteinplatten wieder gepflastert.

Der nordöstlich der principia gelegene Steinbau von 9,20 mal 16,10 Metern wurde seiner Bauinschrift nach als horreum (lateinisch für Getreidespeicher) genutzt. Der Bau mit 90 Zentimeter starken Mauern war in zwei Räume von unterschiedlicher Größe unterteilt.
Reste einer in Fachwerk errichteten, ebenfalls mehrfach umgebauten Mannschaftsbaracke konnten an der Nordwestseite der principia freigelegt werden. Von den an Pfostenlöchern und Wandgräbchen erkannten fünf Räumen des Fachwerkgebäudes wurde jedoch keiner vollständig untersucht. Da die Baracke mit ihrer Schmalseite an die via principalis sinistra (lateinisch für linker Bereich der Lagerhauptstraße) grenzte und alle Räume die gleichen Maße besessen zu haben scheinen, muss sich der Kopfbau mit der Offizierswohnung des Kastells an der nicht ergrabenen Südseite befunden haben. Dieses Gebäude wurde mindestens in zwei Bauphasen errichtet. Dies zeigen die dicht nebeneinanderliegenden Wandgräbchen sowie der Befund, dass ältere Holzbauspuren in diesem Bereich von einem geschotterten Weg überdeckt worden sind. Die hier geborgenen Funde datieren in die Zeit zwischen der Mitte des zweiten und dem zweiten Drittel des dritten Jahrhunderts nach Christus.
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Das Kastellbad
Zwischen dem Kastell und dem Limes lag das in der Kapersburg lange als Villa bezeichnete, 7,90 Meter breite Badegebäude, dass für die Einheit sowie die im nahegelegenen Kastelldorf lebende Zivilbevölkerung erbaut worden war. Es gehört wie viele andere Badegebäude des Militärs dem sogenannten Reihentyp an und zeigt deshalb die fünf wichtigsten Räume hintereinander angeordnet. Das Gebäude, dessen Außenmauern mit 75 Zentimetern Stärke um 10 Zentimeter breiter waren als die Innenwände, besaß vermutlich eine reiche Architektur, denn Reste von einem hellen Außen- und einem farbig gefassten Innenputz geben „Zeugnis von reichen Malereien auf den Wänden, die in vielen Farben und Schattierungen ausgeführt waren“ (Jacobi 1906, S. 17). Um den Wärmeverlust zu reduzieren, waren die Fenster außerdem verglast. Das Bad wurde offenbar bis in die Spätzeit des Kastells genutzt, wegen des kostspieligen Betriebs aber von seiner Größe her deutlich reduziert.

Der Zugang an der Ostseite des Gebäudes war zum Kastell hin ausgerichtet, so dass das Bad von den Soldaten auf dem kürzesten Weg erreicht werden konnte. Vor dem Eingang soll eine 3,38 Meter breite, aber nicht mehr erhaltene Pflasterung festgestellt worden sein, die vielleicht von einem in Fachwerk aufgeführten Vorbau stammte, in dem man die Kleidung ablegte (lateinisch: apodyterium). Zwei in originaler Lage erhaltene, unterschiedlich große Sandsteinplatten von 30 Zentimetern Höhe und 70 Zentimetern Tiefe bildeten die durch den intensiven Besucherverkehr deutlich abgetretene Schwelle. Die in ihrer Mitte in einer Nut fixierbare Holztür mit zwei Flügeln wurde seitlich von einem 14 Zentimeter breiten Türgerüst gehalten, das in entsprechend tiefen Aussparungen in der Schwelle eingelassen war.

Der als Kaltbad (lateinisch: frigidarium) dienende Raum A (siehe Fotos, sein Grundriss betrug 6,44 mal 3,90 Meter) besaß als Boden über einer trocken verlegten Steinpackung einen einfachen Estrichbelag, der zur Wand hin wulstartig verdickt und mit Quarzit- und Sandsteinplatten abgedeckt war. Von hier aus ließ sich an der Ostseite das kleine Badebecken B erreichen, dessen Fußbodenniveau 55 Zentimeter unter dem von Raum A lag. Seine an Raum A angrenzende Südseite hatte man vermutlich zur besseren Abdichtung gegen eindringende Feuchtigkeit und damit zum Schutz des gesamten Gebäudes um 35 Zentimeter verstärkt. Das in dieser Wand eingesetzte Bleirohr war zum Zeitpunkt der Grabung an beiden Seiten abgebrochen, so dass nicht sicher festgestellt werden konnte, wie das Zu- oder Ablaufsystem innerhalb des Bades ausgelegt worden war. Von der zu Raum A hin anschlagenden Tür hatte sich der Schwellstein erhalten. Reste von Wandverputz mit in schwarzer, weißer und roter Farbe aufgemalten Streifen vermitteln einen Eindruck von der ursprünglichen Farbigkeit.

Der an der gegenüberliegenden Seite des Kaltbaderaumes angesetzte Raum D (siehe Fotos), das sudatorium (lateinisch für Schwitzbad) der Anlage, zeigt einen nicht ganz regelmäßigen Grundriss von 4,90 mal 5,95 beziehungsweise 6,10 Metern. Da in diesem Raum hohe Temperaturen erzielt werden mussten, wurde er von einem eigenen kleinen Heizraum (lateinisch: praefurnium ) von Westen her erwärmt. Genau wie die Pfeiler der Fußbodenheizung, deren Höhe zusammen mit dem als Belag aufgebrachten Estrich 85 Zentimeter betrug, bestanden auch die Mauerwangen des nur 40 Zentimeter breiten Schürlochs aus Basalt. Warum man hier statt der sonst in dem Bad verwendeten und für Fußbodenheizungen bevorzugt gebrauchten Ziegel dieses Material wählte, bleibt unklar. Möglicherweise stand bei Reparaturarbeiten kein anderes Material zur Verfügung. An den Wänden fanden sich bei der Ausgrabung noch Reste von Hohlziegeln, durch die die vom Fußboden aufsteigende Wärme zu einem Kamin am entgegengesetzten Ende des Gebäudes geführt wurde und von dort aus abzog. Auch bei diesem Raum hatte sich im Durchgang der Schwellstein der Tür mit einer Breite von 1,02 Metern erhalten.

Die drei sich in nördliche Richtung anschließenden Räume C, E und G (siehe Fotos) zählen als mäßig erwärmter Übergangsbereich (lateinisch: tepidaria, Räume C und E) und caldarium (lateinisch für Heißbad) zum direkt beheizten Warmbadebereich, in dem während der späteren Nutzungsphasen einschneidende Baumaßnahmen das Gebäude verkleinerten. Während dieser Arbeiten könnten unter anderem in dem rechteckigen Raum C (Grundriss: 6,44 mal 2,5 Meter) die dort fehlenden Pfeiler der Fußbodenheizung entfernt worden sein, die zweifelsfrei einmal vorhanden gewesen sein müssen. Nicht gesichert ist auch der in den meisten Plänen eingetragene Durchbruch zwischen dem ebenfalls beheizten Raum D und C.

Wegen der direkten Heizmöglichkeiten von seiner Nordseite aus ist der zweite Raum E des Übergangsbereichs (Grundriss: 6,44 mal 3,82 Meter) zusammen mit dem dort angebauten Becken F (Grundriss: 6,44 mal 2,03 Meter) sicher deutlich wärmer temperiert gewesen als Raum C. Sowohl das Becken als auch der Raum selbst waren mit einer Fußbodenheizung versehen und wurden anfangs direkt von dem kleinen Heizraum K (Grundriss: 2,1 mal 1,35 Meter) beheizt. In späterer Zeit wurde dieses Praefurnium (lateinisch für kleinen Heizraum) allerdings aufgegeben, auf der Höhe des Beckenansatzes über einer niedergelegten Reihe von Pfeilern einer Fußbodenheizung in schlechter Bauweise eine Mauer aus Bruchsteinen eingezogen und gleichzeitig im Süden beim Raum W direkt neben der Heizanlage für den Schwitzraum D ein neuer Heizraum errichtet. Bei diesen Umbaumaßnahmen könnten auch die in unregelmäßigem Abstand zueinander stehenden und offenbar größeren Pfeilern für die Fußbodenheizung in der Mitte des Raumes eingesetzt worden sein. Dass mit der Heizanlage in Raum W im Süden des Bades nun sowohl der mäßig erwärmte Übergangsraum T2 (lateinisch: [tepidarium/i]) als auch das Schwitzbad (Raum D) beheizt wurden, lässt eine gewisse Rationalisierung bei Nutzung und Erhalt des Gebäudes erkennen. Dass dieser im Untergeschoss stillgelegte Bereich auch im Bad selbst vollständig zugemauert worden war und nicht mehr besucht werden konnte, ist nur zu vermuten.

An der zum Limes hin orientierten Westseite des Bades lag mit dem caldarium (lateinisch für Warmbaderaum, 6,44 mal 3,85 Meter) der am besten erhaltene Raum des gesamten Gebäudes. Außer zahlreichen der 73 Zentimeter hohen, aus 15 Platten zusammengesetzten Pfeilern der Fußbodenheizung, die bei einer Grabung noch Reste des Estrichbodens trugen, hatten sich hier an den Wänden stellenweise sowohl Heizkacheln wie auch vorgeblendete, hohle Wandkacheln erhalten. Der Feuerungskanal führte direkt unter das 4,60 mal 1,90 Meter große, abgegrenzte Badebecken, dessen warmes Wasser ebenfalls in dem Feuerungsraum erhitzt worden war. In der 2,48 Meter breiten Apsis auf der Südseite stand warmes Wasser in einem Waschbeckern (lateinisch: labrum) für die Badegäste bereit.
Der in ost-westlicher Richtung zum Pfahlgraben unter dem Gebäudeverlaufende Kanal konnte nicht genauer untersucht werden, weil dabei das Bad stark in Mitleidenschaft gezogen worden wäre.
Nach dem Fund von zahlreichen, offenbar als Metalldepot gesammelten Metallgegenständen könnte in der Spätphase des Kastells eine Metallwerkstatt in dem Badegebäude betrieben worden sein. Ähnliche Umnutzungen sind auch aus anderen Kastellbädern bekannt.
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Die Datierung des Kastells
Es gilt als gesichert, dass es sich beim Kastell Kapersburg um eine mehrphasige Anlage mit einer vorausgehenden Holzanlage handelt. Wie aus den Beschreibungen hervorgeht, wurde das Kastell in der Spätzeit seines Bestehens außerdem von der Größe her deutlich reduziert. Die Garnison wurde erst nachträglich in die Reihe der unter Trajan (53 bis 117 nach Christus, Regierungszeit 98 bis 117 nach Christus) verdichteten Grenzbefestigungen eingefügt und hat damit möglicherweise das nur 700 Meter weiter nördlich gelegene Kleinkastell Ockstädter Wald abgelöst. Jenes war, anders als die in unmittelbarer Nähe zahlreicher Quellen gelegene Kapersburg, nur schwer mit Wasser zu versorgen.

Die erste, in Holz erbaute Anlage mit 0,8 Hektar Innenfläche dürfte in den 30er und 40er Jahren des zweiten Jahrhunderts nach Christus entstanden sein. Vielleicht erfolgte die Kastellgründung unter Kaiser Antoninus Pius (86 bis 161 nach Christus, Regierungszeit 138 bis 161) zeitgleich mit der Stationierung der cohors II Raetorum civium Romanorum (lateinisch für 2. Raeterkohorte römischer Bürger) in der Saalburg. Trotzdem hat man wie bei zahlreichen anderen römischen Kastellen auch auf der Kapersburg das Badegebäude von Anfang an als selbstverständlichen Luxus für den Lebensstandard der hier möglicherweise nur kurzzeitig diensttuenden Vexillationen (lateinisch für eine kleine, aus verschiedenen Abteilungen für Sonderaufgaben zusammengestellte Mannschaft) betrachtet und das Gebäude wegen der erhöhten Feuergefahr bereits in Stein aufgeführt. Nachdem das Holzkastell teilweise oder vollständig abgebrannt war, wurde die Garnison vermutlich in der Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus ist Stein ausgebaut und dabei geringfügig auf 1,3 Hektar Innenfläche erweitert. Eine zweite Vergrößerung der Anlage erfolgte während der Regierungszeit von Kaiser Septimius Severus (146 bis 211 nach Christus, Regierungszeit 193 bis 211). Dabei sind vor allem die Verteidigungsanlagen verstärkt worden, während sich Innenfläche und Orientierung des Kastells nicht änderten.

Im zweiten Drittel des dritten Jahrhunderts zog sich eine offenbar stark dezimierte Besatzung in das Nordost-Viertel des Lagers zurück und schützte diesen Bereich in der Art eines Kleinkastells mit einem allerdings nicht fertiggestellten Graben. Trotzdem blieben die Kastellmauern der severischen Bauphase intakt bestehen, auch wenn die Kastellgräben nach dem sich dort vermehrt sammelnden Abfall von der Einheit nicht mehr regelmäßig ausgeräumt wurden. Möglicherweise diente der von der Einheit aufgelassene Bereich zwischen dem Kleinkastell und der früheren Wehrmauer der Zivilbevölkerung als geschützter Lebensraum. Das Kastell wurde nicht zerstört, sondern zu einem unbekannten Zeitpunkt geräumt und dem Verfall preisgegeben.
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Die Besatzung des Kastells
Als Besatzung des Kastells ist durch die auf das Jahr 209 nach Christus datierte Bauinschriften des horreum (lateinisch für Speicher, Vorratsgebäude) ein numerus N(...) nachgewiesen, zu dem eine Reiterabteilung (lateinisch: veredarii) gehörte. Trotzdem lässt sich die innere Struktur dieser kleinen Numeruseinheit aus dem bekannten Material derzeit nicht näher bestimmen. Vermutlich mussten die Fußtruppen den Dienst in der Garnison selbst und auf den ihr zugeordneten Wachttürmen versehen, während die Reiterei den berittenen Patrouillendienst entlang der Grenzlinie zu leisten hatte. Das Kürzel num(erus) N[----] wurde vom Archäologen Louis Jacobi 1906 wegen des nahegelegenen vicus Nida versuchsweise zu Nidensium aufgelöst. Dass Jacobi selbst den hypothetischen Charakter seines Vorschlags betonte, ist in der Forschung später jedoch unkritisch übersehen worden. Das letzte Schriftzeugnis der Einheit datiert in das Jahr 240 nach Christus.

Die erst ab der Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Christus nachweisbaren numerus-Einheiten dürften sich aus Teilaufgeboten oder Detachements (lateinisch: vexillationes ) des römischen Heeres entwickelt haben, die von größeren regulären Truppeneinheiten wie Legionen und Kohorten für bestimmte Dienste zusammengestellt und an andere Einsatzorte abkommandiert worden waren. Daraus erklärt sich die bevorzugte Bezeichnung der Einheiten nach ihrem Standort. Nachdem sich diese vexillationes durch den dauerhaft eigenständigen Dienst fern von der Muttereinheit zunehmend verselbständigt hatten, wurde dieser Entwicklung hin zu eigenständigen Einheiten mit der Umbenennung in numeri Rechnung getragen.
Im dritten Jahrhundert nach Christus wurde der auf der Kapersburg liegende numerus-Verband offenbar von seiner Größe her reduziert. Diese auch in anderen Kastellen nachweisbare Tendenz wird mit der Bedrohung des Imperiums im Osten zu verbinden sein, wo für immer wieder notwendig werdende Feldzüge kurzfristig größere Truppenkontingente aufgestellt werden mussten.
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Anfahrt
Von der Bundesstraße B 456 aus

(Margot Klee, hessenARCHÄOLOGIE, 2018)

Internet
schloesser-hessen.de: Staatliche Schösser und Gärten Hessen (abgerufen 23.06.2020)

Literatur

Fabricius, Ernst (1936)
Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches Abt. A Band II. Die Wetteraulinie vom Köpperner Tal bei der Saalburg bis zum Main bei Gross-Krotzenburg. Berlin/Leipzig.
Jacobi, Louis (1905)
Das Kastell Kapersburg. Der Obergermanisch-Raetische Limes des Römerreiches, Abt. B, Nr. 12. Berlin u. Leipzig.
Landesdenkmalamt Baden-Württemberg; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Landesamt für Denkmalpflege Hessen; Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2003)
Der Obergermanisch-Raetische Limes / Upper German-Raetian Limes. Antrag zur Aufnahme als Welterbe / Nomination for Inclusion on the World Heritage List. Stuttgart.
Löhnig, Elke; Schallmayer, Egon (2006)
Zum Abschluss der Sanierung der Kastelle Kleiner Feldberg und Kapersburg. In: hessenArchäologie 2005, S. 77 – 80. o. O.
Löhnig, Elke; Schallmayer, Egon (2005)
Ausgrabungen 2004 in der Kapersburg. In: hessenArchäologie 2004, o. O.
Reuter, Marcus (2001)
Studien zu den numeri des Römischen Heeres in der Mittleren Kaiserzeit. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 80, 1999, S. 357 – 562. o. O.
Scholz, Marcus (2006)
Keramik und Geschichte des Kastells Kapersburg. eine Bestandsaufnahme. In: Saalburg-Jahrbuch 52/53, 2002/2003, S. 9 – 282. Mainz/Bad Homburg v.d.H..

Kastell Kapersburg westlich von Rosbach - Ober-Rosbach

Schlagwörter
Ort
61191 Rosbach - Ober-Rosbach
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kulturdenkmal gem. § 2 DSchG Hessen
Fachsicht(en)
Archäologie, Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung, Archäologische Grabung
Historischer Zeitraum
Beginn 150 bis 260

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„Kastell Kapersburg westlich von Rosbach - Ober-Rosbach”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-284582 (Abgerufen: 26. April 2024)
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