Myriametersteine
Die „Central-Commission für die Rhein-Schiffahrt“ wurde auf Veranlassung des Wiener Kongresses von 1814/15 gegründet und ist damit „die älteste internationale Organisation der Moderne“ (www.ccr-zkr.org). Zum 24. März 1815 wurde die Zentralkommission, die sich aus Vertretern der die Rheinanliegerstaaten Baden, Bayern, Frankreich, Hessen, Nassau, Niederlande und Preußen zusammensetzte, mit Sitz in Mainz eingerichtet.
Nach der durch den badischen Ingenieur Johann Gottfried Tulla (1770-1828) um 1817 begonnenen Begradigung des Rheins ordnete die Kommission am 25. Mai 1864 erstmals eine Gesamtvermessung des Rheins an. Diese sollte an der Mittleren Brücke zu Basel beginnen (heutiger Rheinkilometer 166,6) und an der Rheinmündung in den Niederlanden enden (vgl. hierzu auch die Einleitung unter Preußische Rheinregulierung bei Geisenheim).
1867 wurde beschlossen, die Ergebnisse der Vermessungen durch Vermarkungsmarken zu kennzeichnen, die so genannten Myriametersteine. Der Name der Steine geht auf das Wort Myriameter zurück, das aus dem Altgriechischen stammt (myrias = zehntausend). Ein Myriameter entspricht 10.000 Metern bzw. 10 Kilometern.
Zeitlich fällt die Vermessung des Rheinstromes damit in die Phase der Einführung des metrischen Maßsystems in Deutschland, welche mit dem königlichen Erlass der „Maß- und Gewichtsordnung für den Norddeutschen Bund“ vom 17. August 1868 (in Kraft ab dem 1. Januar 1872) begann und der bisher verwirrenden Maßvielfalt aus Fuß, Elle und diversen Meilen rasch ein Ende setzte (Trapp 1996).
Ab 1883 wurden die Steine durch Landeskilometrierungen ersetzt. Heute sind nur noch rund 70 Myriametersteine erhalten. Ein weiterer, ebenfalls 1867 aufgestellter Myriameterstein findet sich als Zeuge der Rheinschifffahrt im Kölner Stadteil Weiß am dortigen Leinpfad bei Rheinkilometer 679,49 (Bast und Klaas 2017).
Der Lülsdorfer Myriameterstein
Das Lülsdorfer Exemplar wurde – nachdem es wohl mehrere Jahrzehnte unentdeckt im Uferbereich lag – im Jahr 2001 von Mitgliedern des örtlichen Bürgervereins wiederentdeckt. 2014 wurde der inzwischen restaurierte Stein an einem neu gestalteten Standort am Einlassbauwerk des Rückhalteraumes und der nach dem Bürgermeister der Stadt Niederkassel von 1999 bis 2009 Walter Esser (*1944) benannten Walter-Esser-Brücke wieder aufgestellt. Die den Sockel umgebenden großen Kieselsteine symbolisieren das Flussbetts des Rheins
Der Myriameterstein bei Lülsdorf weist die übliche Kantenlänge von ca. 50 Zentimetern auf, Stein und Sockel sind etwa 1,20 Meter hoch. Den oberen Abschluss bildet eine flache vierseitige Pyramide.
Alle vier Seiten des ursprünglich einmal schwarz-weiß angestrichenen Steins sind beschriftet:
- Die südwestliche Rheinseite weist die Nummer des Steins mit der römischen Ziffer „L“ aus (für 50, d.h. fünfzig Mal die Myriade von 10.000 Metern) und darunter die Höhe des Steines über dem seinerzeit maßgeblichen Amsterdamer Pegel (Amsterdams Peil) mit „46,666 M.“. Diese Höhenangabe war wichtig für die Berechnung des Flussgefälles.
- Die südöstliche Bergseite nennt die Entfernung zur preußisch-hessischen Grenze „165,227 K.M. von der Landes Grenze“.
- Die nordöstliche Landseite zeigt mit „500,000 K.M. von Basel. 394,450 K.M. bis Rotterdam“ die Entfernung zu den Bezugsorten Basel und Rotterdam an.
- Die nordwestliche Talseite weist schließlich mit „186,703 K.M. bis zur Landes Grenze“ die Entfernung zur Grenze zwischen Preußen und Holland aus.
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2018/2022)
Internet
www.ccr-zkr.org: Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (abgerufen 18.04.2018)
www.general-anzeiger-bonn.de: Vermessung des Rheins: Nach 150 Jahren wieder aufgetaucht (Bonner General-Anzeiger vom 21.09.2014, abgerufen 26.03.2018)
de.wikipedia.org: Myriameterstein (abgerufen 26.03.2018)
de.wikipedia.org: Rheinbegradigung (abgerufen 18.04.2018)
www.ksta.de: Interessanter Fund, Geschichte mit quadratischem Format (Kölner Stadt-Anzeiger vom 29.07.2011, abgerufen 26.03.2018, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.02.2024)