Zivilschutzbunker in Sülz

Ausweichsitz für den Kölner Oberbürgermeister und Teile der Stadtverwaltung

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 54′ 27,63″ N: 6° 54′ 46,22″ O 50,90768°N: 6,91284°O
Koordinate UTM 32.353.260,90 m: 5.641.632,97 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.564.249,22 m: 5.641.772,94 m
  • Karte zu den militärischen Bündnissen in Europa während des Kalten Krieges: In Blau die NATO-Staaten, in Rot die Länder des Warschauer Paktes.

    Karte zu den militärischen Bündnissen in Europa während des Kalten Krieges: In Blau die NATO-Staaten, in Rot die Länder des Warschauer Paktes.

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Im Keller der Elsa-Brändström-Realschule (seit 2019 die Gesamtschule Lindenthal), unweit des Geißbockheims des 1. FC Köln in der Berrenrather Straße in Sülz, befindet sich ein unterirdisch angelegter Zivilschutzbunker, der während des Kalten Krieges in einem möglichen Ernstfall als Ausweichsitz für die Kölner Verwaltungsspitze dienen sollte.

Tiefbunker und Ausweichsitz für die Kölner Verwaltungsspitze
Vergessen und wiederentdeckt
Ausblick
Internet, Literatur

Tiefbunker und Ausweichsitz für die Kölner Verwaltungsspitze
Der Zivilschutzbunker war für einen möglichen Krisenfall während des Kalten Krieges als Atom-, Bio- und Chemiewaffen-Schutzbunker ausgebaut und als Ausweichsitz des Oberbürgermeisters und für Teile der Kölner Stadtverwaltung vorgesehen.
Der rund 20 Räume mit insgesamt etwa 700 Quadratmetern Fläche umfassende Tiefbunker wurde vermutlich um 1965 erbaut. Laut Kölner Express umfasste der Ausweichsitz für die Kölner Verwaltungsspitze im ausgebauten Keller-Komplex des Gebäudes sogar 33 Räume (express.de, 2024). Im Kriegsfall hätten hier der Oberbürgermeister und zahlreiche städtische Mitarbeiter als Führungsbunker eingerichtete Schutzräume bezogen, von wo aus man - so zumindest die Planungen - die Verwaltung der Stadt weitergeführt hätte.

Robert Schwienbacher, Vorsitzender der Kölner Dokumentationsstätte Kalter Krieg (Dokk), berichtet dazu: „Die Verwaltungsbefehlsstelle … sollte der Ort sein, an dem der Kölner Oberstadtdirektor, seinerzeit mit deutlich mehr exekutiver Macht ausgestattet als heute, im Falle einer Katastrophe, etwa hervorgerufen durch einen möglicherweise mit Atomwaffen geführten Krieg verschiedene städtische Ämter hätte leiten sollen.“ (zitiert ebd.), der Bericht fährt fort:
„Über eine unscheinbare Treppe gelangt man hinunter in die von 60 Zentimeter dickem Stahlbeton, Stahltüren und Schleusen gesicherte ‚Verwaltungsbefehlsstelle'. Die Kommandozentrale ist ein aus den 1960er Jahren stammendes Relikt des Kaltes Krieges - mit original erhaltenem Inventar.“
Neben Unterkünften, Schlafräumen, einer Küche und einer Krankenstation waren ferner auch spezielle Funktionsbereiche für die Krisenverwaltung eingerichtet, darunter ein ausgeklügeltes Kommunikationssystem samt Fernmeldestation sowie Arbeits- und Besprechungsräume für den Krisenstab usw.: „Das hätte einen reibungslosen Arbeitsablauf zwischen den einzelnen untergebrachten Behörden garantiert.“ (www.topkoeln.de)

Pikanterweise wurde ab 1974 unmittelbar gegenüber der Schule die sowjetische Handelsmission errichtet. Schwienbacher erläutert: „In den wenig schmuckvollen Immobilien, die bis heute der russischen Föderation gehören, saßen bis zur Aufgabe des Schutzraums sowjetische Agenten und Agentinnen, die unter anderem mit Abhöraufgaben betraut waren. Auch soll dieser Ort Drehscheibe für Wirtschaftsspionage rund um sanktionierte westliche Hochtechnologiegüter gewesen sein.“ (express.de, 2024)
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Vergessen und wiederentdeckt
Nach dem Ende des Kalten Krieges geriet der Bau offenbar für rund 15 Jahre in Vergessenheit. Erst um 2010 wurde der Bunker im Zuge von Planungen für eine bauliche Erweiterung der Schule wiederentdeckt. Der jüngste Fund im Inneren der Räume war eine Zeitungsseite von 1987.
Der damalige Leiter des Kölner Amts für Gebäudewirtschaft gab unumwunden zu: „Der Bunker tauchte in unseren Unterlagen nirgends auf.“ (www.express.de 2010), was mit Blick auf die - häufig allerdings nur vermeintliche - Geheimhaltung solcher Anlagen nicht weiter verwundert.

Obwohl bis um 2015 Teile des Bunkers ausgeräumt wurden, sind verschiedene Relikte bis heute noch gut erhalten, darunter die Beleuchtung, Schlafpritschen, Telefonzentrale und Fernschreiberanlage, Karten und Lagepläne sowie zahlreiche Akten und Protokolle. Seitens der Schulleitung wurde überlegt, die verbliebenen Gegenstände und Räume museal für innerschulische Bildungszwecke zu bewahren.
Zu besonderen Anlässen, etwa dem „Tag des offenen Denkmals“ werden Führungen durch die Anlage angeboten und die schweren Türen für Besucher und Besucherinnen geöffnet.
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Ausblick
Ob die unterirdische Kölner Zeitkapsel noch weitere Jahre oder gar Jahrzehnte überdauert, ist jedoch fraglich. Es gibt Planungen, die zwei Standorte der Gesamtschule Lindenthal am Alten Militärring zusammenzulegen, womit die weitere Nutzung an der Berrenrather Straße dann offen wäre.
Robert Schwienbacher vom Dokk plädiert für einen Erhalt des Bunkers als „ein wichtiges Kapitel Kölner Stadtgeschichte. … Das Grundstück soll verkauft werden. Und ob ein privater Investor an einem Fortbestand der Anlage Interesse hätte, ist fraglich.“ (express.de, 2024).

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2024)

Internet
www.ge-lindenthal.de: Gesamtschule Lindenthal (abgerufen 10.09.2024)
welt.unter.koeln: Portal Welt unter Köln, Dokumentationsstätte Kalter Krieg / Kölner Festungsmuseum e.V. (abgerufen 10.09.2024)
www.express.de: Kölner Spezialbunker. Luftangriff auf Chorweiler - wo 1983 der Ernstfall geprobt wurde (Text Ayhan Demirci, Kölner Express vom 07.09.2024, abgerufen 10.09.2024)
www.express.de: Hier ist die Zeit stehen geblieben. Atombunker soll Schul-Museum werden / Bildergalerie (Kölner Express vom 11.06.2015, abgerufen am 20.05.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 09.08.2023)
www.express.de: Zufälliger Fund. Vergessener Bunker unter Schule entdeckt (Kölner Express vom 19.08.2010, abgerufen 20.05.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.09.2024)
topkoeln.de: Verborgene Orte, Zeitreise in den „Kalten Krieg“ (März 2014, abgerufen 22.05.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.03.2021)
ebs-realschule.de: Elsa-Brändström-Realschule (abgerufen 20.05.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.09.2024)
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Literatur

Pötzl, Norbert F.; Traub, Rainer (2010)
Der Kalte Krieg. Wie die Welt den Wahnsinn des Wettrüstens überlebte. München.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 81-82, Köln (2. Auflage).

Zivilschutzbunker in Sülz

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Berrenrather Straße 488
Ort
50937 Köln - Sülz
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1963 bis 1967, Ende nach 1987

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Zivilschutzbunker in Sülz”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-276737 (Abgerufen: 26. Oktober 2024)
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