Am heutigen Standort der Burg Linn wurde bereits im 12. Jahrhundert eine Motte mit umgebendem Wassergraben errichtet. Bis ins 15. Jahrhundert schützte dieser Graben die Burgbewohner, bis er 1478 zugeschüttet und durch einen neuen Graben ersetzt wurde. Im Jahr 1830 wurde durch Maximilian Friedrich Weyhe das Bollwerk im Stil eines englischen Landschaftsparks umgestaltet.
Im Rahmen des Projektes Euroga 2000 plus erfolgte letztlich eine weitere Umgestaltung von Burgpark und Grabensystem. Dies betraf auch die Gewässer im benachbarten Greiffenhorstpark. Bei dieser Gelegenheit wurden die Gewässer mit Bentonit-Matten ausgestattet, um das episodische Austrocknen zu verhindern. Diese Maßnahme entkoppelte die Gewässer von der im historischen Zustand vorliegenden „Austrocknungsdynamik“ und hatte zur Folge, dass sich die Fischpopulationen mit Flussbarsch, Giebel und Blaubandbärbling in diesen Gewässern stark vermehren konnten.
In den Gewässern im Greiffenhorstpark und im Stadtgraben lebt allerdings eine weitere sehr besondere Tierart: der Kammmolch (Triturus cristatus). Nach vorliegenden Untersuchungen handelte es sich hier an diesem Ort um die größte bekannte Kammmolch-Population im gesamten europäischen Verbreitungsgebiet. Der Kammmolch ist eine in Europa besonders stark gefährdete Amphibienart und daher in der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie (FFH) der Europäischen Union gelistet.
Die Auswirkungen der oben genannten Maßnahmen auf die lokale Population des Kammmolches beschreibt Drechsler et al. (2016): „Das intensiv durchgeführte Monitoring der Kammmolch-Population im Bereich des Latumer Bruchs und Greiffenhorstparks im Bereich der Stadt Krefeld in der Zeit von 2004–2011 belegt die verheerenden Folgen der Eingriffe im Rahmen der Euroga 2000 plus im Jahr 2001 für die FFH-Art Kammmolch. Ausgehend von einer mit ca. 8.000 Individuen geschätzten, größten bekannten Populationen des Kammmolchs überhaupt, ist der Bestand im Greiffenhorstpark und im Stadtgraben binnen weniger Jahre komplett zusammen gebrochen. Die Hauptgründe für diese fatale Entwicklung liegen in der Umstrukturierung der Gewässer. Durch das Einbringen von Bentonit-Matten ist zwar der angestrebte permanente Wasserspiegel für die Gewässer erreicht worden, aber die für den Kammmolch wichtige Periodizität der Gewässer mit längeren Austrocknungsperioden entfielen. Aber genau diese Austrocknungsperioden hatten in der Vergangenheit verhindert, dass sich ein kontinuierlicher Fischbestand etablieren konnte. Die jetzt vorhandenen großen und stabilen Bestände von Flussbarschen und Giebeln in den zentralen Gewässern schließen die Existenz von Kammmolchen aus.“
Dieses bedauerliche Fallbeispiel ist daher sehr gut geeignet, die Notwendigkeit und das Potential einer vertieften ökologischen Bewertung vor dem Einsatz von Maßnahmen - auch solche der Denkmalpflege und der Wiederherstellung von Kulturlandschaftselementen - zu erkennen. Ferner den historischen Zustand der Natur viel stärker in seinem Gesamtkontext und den funktionalen Zusammenhängen zu verstehen und bei Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen.
(Martin Sorg und Michael Stevens, Haus der Natur - Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e.V., 2017)