Seit der ersten Saison des Heilbades Neuenahr 1859 stieg die Zahl der Kurgäste bis zur Jahrhundertwende. Grund hierfür waren neben den zahlreichen Publikationen von Neuenahrer Medizinern, die die Heilwirkung des Wassers anpriesen, auch die von dem schottischen Mediziner James Miller (1812-1864). Mit seinem 1861 erschienenen Artikel „Neuenahr a new spa on the rhine“ („Neuenahr ein neues Spa am Rhein“) stieg der internationale Bekanntheitsgrad und die Zahl ausländischer Kurgäste. Deshalb entschied die Kurdirektion ein neues Thermalbadehaus zu errichten, das die Vorgängerbauten von 1858 und 1862 ersetzen sollte.
Das Kölner Architekturbüro Schreiterer & Below ließ sich bei seinem Entwurf von der antiken Badekultur inspirieren (deu.archinform.net). So erinnert das Gebäude an einen griechischen Tempel. Das zentrale Gestaltungselement ist der Portikus (von Säulen getragene Vorhalle) der mit einem Dreiecksgiebel abschließt. Die Vorhalle wird durch vier Säulen mit ionischen Kapitellen (erkennbar an den runden Voluten am oberen Säulenende) getragen und ist mit zahlreichen Stuckelementen geschmückt.
Auch der Innenraum des Badehauses wurde aufwendig mit Stuck, Marmor und großen Glastüren gestaltet. Im Eingangsbereich befindet sich ein Lesesaal und ein Wartesaal. Von dort führen drei 60 Meter lange Gänge zu einem Quergang, der auch die Verbindung zum angrenzenden Kurhotel darstellt. Durch diese Anordnung entstehen zwei kleine mit Ziergärten geschmückte Innenhöfe.
Die Badezellen liegen beidseitig entlang der Gänge. Die Wannen sind in den Boden eingelassen und gefliest. Mit seinen hundert Badezellen und Ziergärten in den Innenhöfen erhielt das Thermalbadehaus auch den Beinamen „Badetempel“. Um seinen Kurgästen immer den modernsten Komfort bieten zu können, wurden im Thermalbadehaus regelmäßig Renovierungsarbeiten ausgeführt.
Im Zuge der alliierten Rheinlandbesetzung nach dem Ersten Weltkrieg wurden in Bad Neuenahr zunächst amerikanische und später französische Truppen einquartiert. Aus dieser Zeit wird berichtet, dass amerikanische Soldaten die weiten Gänge des Badehauses nutzten, um Motorradrennen zu veranstalten. In den 1930er und 1940er Jahren wurden die Rohrleitungen von den Heilquellen zum Badehaus mehrfach erneuert, sodass es nun möglich war das Wasser fast ohne Wärme- und Kohlensäureverlust in die Becken zu leiten.
1983 wurde der Eingangsbereich des Thermalbadehauses umgestaltet und der Schalenbrunnen installiert. 1998 präsentierte sich das Thermalbadehaus als Heilbad in Jugendstil-Ambiente mit neuen modernen Angebot und 10.000 Quadratmetern Behandlungsfläche. Vorangegangen waren erneut umfangreiche Renovierungsarbeiten, die das Thermalbadehaus zum seinerzeit größten Wohlfühl- und Gesundheitszentrum Deutschlands machten.
Seit Anfang 2009 stellt das Thermalbadehaus auch den Eingang des sogenannten Ahr-Ressort dar. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss der Ahr-Thermen, des Thermalbadehauses Bad Neuenahr und dem Kurhotel Bad Neuenahr. Das Ahr-Resort wurde durch den Bademantelgang, einen unterirdischen Tunnel, verbunden. Dieser wurde am 31. Januar 2009 feierlich eröffnet, musste allerdings im Mai 2016 wegen eindringendem Wasser gesperrt werden.
Im Dezember 2017 kam es zu einem Besitzerwechsel. Der neue Besitzer möchte das Gebäude in Abschnitten sanieren und es als „Medical Center“ nutzen. Dafür werden die medizinischen Flächen des Thermalbadehauses an spezialisierte Dienstleister des Gesundheitswesens vermietet. Dazu zählen unter anderen eine Radiologie, eine Physiotherapie, eine Neurologie und ein Sanitätshaus.
Im Zuge der Flutkatastrophe vom Juli 2021 kam es zu schweren Schäden am Thermalbadehaus, das daraufhin bis auf Weiteres geschlossen werden musste. Die denkmalgerechte Sanierung ist inzwischen fortgeschritten, so dass im Herbst 2025 das Institut für qualifizierende Innovationsforschung und -beratung einen Teil des Gebäudes beziehen konnte. Bis zum Jahresende 2026 soll die Sanierung abgeschlossen sind und das gebäude soll dann verschiedene Arzt- und Therapie-Praxen beherbergen.
Das Thermal-Badehaus (neben Kurgartenstraße 1) ist als Teil des Kurbezirks Kurgartenstraße von Bad Neuenahr eingetragenes Kulturdenkmal (Denkmalverzeichnis für den Kreis Ahrweiler 2018, S. 16).
(Vanessa Bindarra, Universität Koblenz-Landau, 2016 / Robert Gansen, LVR-Redaktion KuLaDig, 2018 / Elmar Knieps, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2025)
Internet
www.kreis-ahrweiler.de: 100 Jahre Thermal-Badehaus (abgerufen 29.08.2018)
en.wikipedia.org: englische Wikipedia, James Miller (abgerufen 29.08.2018)
deu.archinform.net: Schreiterer & Below, Deutsches Architekturbüro (abgerufen 29.08.2018)
www.rhein-zeitung.de: Die Flut lässt eine verwundete Kurstadt zurück: Was die Wassermassen in Bad Neuenahr angerichtet haben (Rhein-Zeitung vom 16.07.2021, abgerufen 03.09.2021)
www.aw-wiki.de: Thermalbadehaus Bad Neuenahr (abgerufen 29.08.2018)
Quellen
- Rhein Zeitung 17.09.2025 - Wissenschaftliche Zukunftslösungen aus der Kurstadt
- General-Anzeiger 25.11.2025 - Zwischen Fango und Tango