In der Folgezeit wurde das Kraftwerk aufgrund der kontinuierlichen Erweiterung bzw. Umgestaltung der technischen Anlagen weiter ausgebaut. Ein 1919/20 errichtetes und um 1935 verlängertes Schalt- und Umspannhaus ist über eine Verbindungsbrücke mit dem Maschinenhaus verbunden. Mit der Aufstellung von drei kohlenstaubbefeuerten Marinekesseln, für deren Betrieb man 1925 bis 1927 eine Zentralkohlenmahl- und Trocknungsanlage (heute Bildungszentrum) erbaute, gehörte das Kraftwerk zu den ersten in Deutschland, die Kohlenstaub zur Befeuerung ihrer Kesselanlagen einsetzten. 1940 ergänzte ein weiteres Verwaltungsgebäude mit großzügiger Schaltwarte den Bestand. Der bauzeitliche Schornstein am Südgiebel des Kesselhauses sowie ein weiterer, bereits 1912 bis 1913 dort ergänzter Schornstein wurden in den 1940er Jahren oder wenig später abgebrochen, seither versahen zwei größere Schlote, ein 1926/1927 am Nordgiebel sowie ein 1942 in der Mitte des Kesselhauses aufgemauerter Schornstein, die Ableitung der Rauchgase. Ab 1958 folgte eine Umrüstung des Elektrizitätswerks - 1949 bis 1990 als Kraftwerk »Ernst Thälmann« bezeichnet - zum Heizkraftwerk. 1963 wurde das Maschinenhaus durch einen Brand zum Teil zerstört, noch im selben Jahr aber eine neue Maschinenhalle unter Einbezug alter Substanz fertiggestellt und der Kraftwerksbetrieb erneut aufgenommen. Nach 1990 begann die Umrüstung auf erdgasbefeuerte Dampferzeuger, die braunkohlenbefeuerten Anlagen wurden bis 1996 sukzessive stillgelegt und zum Teil beseitigt (z. B. 1998/99 Teilabbruch der Schornsteine sowie Abbruch der über die Bahnschienen geführten Kohlenförderanlage zwischen Kohlenlagerhalle und Kesselhaus). Seit der Einstellung der Strom- und Fernwärmeerzeugung am Standort 1998 dient das ehemalige Kraftwerk nur noch der Einspeisung von Fernwärme aus dem Kraftwerk Lippendorf.
In ihrer Formensprache beeindruckend sind die für den Betrieb des Kraftwerks zentralen Gebäude: Der Schalthausanbau des bauzeitlichen Maschinenhauses am Südgiebel der Maschinenhalle von 1963, das baulich anschließende Kesselhaus sowie die großzügige Kohlenlagerhalle auf der anderen Seite des Bahndammes zeigen sich als imposante Massivbauten aus gelben Klinkern, die Fassaden werden u. a. durch farbige Ziegelschmuckfriese, große Rundbogenfenster und Türmchenaufsätze geprägt. Der Südgiebel des Kessel- und Maschinenhausblocks (insbesondere der Schalthausanbau) ist dabei aufgrund der eindrucksvollen Thermenfensterarchitektur hervorzuheben. Trotz aller Veränderungen sind die einstigen Funktionsbereiche des Kraftwerks bis heute klar erkennbar, so dass der Standort für sich ein bedeutendes Zeugnis der Braunkohlenverstromung darstellt. Im Inneren blieben u. a. wertvolle Teile der bauzeitlichen Kesselanlage (später als Reservoire für die Speisewasseraufbereitung nachgenutzt), vier kohlenstaubbefeuerte Steilrohrkessel aus den 1950er bzw. 1960er Jahren mitsamt zugehöriger Kesselwarte und Wasseraufbereitung, ein Turbosatz von 1958 mitsamt Maschinenstand sowie eine DDR-zeitliche Schaltwarte mitsamt zugehörigen Schaltanlagen erhalten. Mit ihnen sind wesentliche Prozesse dieses Braunkohlekraftwerks bis heute nicht nur in baulicher, sondern auch in technisch-funktionaler Hinsicht ablesbar und begreifbar, ein Umstand, der den besonderen technikgeschichtlichen Wert des Ensembles unterstützt. Zusammen mit weiteren in Leipzig überlieferten Haupt- und Unterwerken dokumentiert das ehemalige Südwerk zudem einen Teil des zur Stromverteilung im Stadtgebiet notwendigen Verteilernetzes und begründet damit auch einen stadt- und versorgungsgeschichtlichen Wert.
(Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)
Datierung:
- Erbauung 1908–1909
Quellen/Literaturangaben:
- Landesamt für Denkmalpflege Sachsen (Hg.): DIVIS-Objekt 09296519; Dresden 2023.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Elektrizitätswerk (Leipzig) (GND: 5180225-9)
BKM-Nummer: 30500401