Gewässerverlegung Pleiße

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Böhlen (Sachsen), Borna, Markkleeberg, Neukieritzsch, Regis-Breitingen, Rötha, Treben
Kreis(e): Altenburger Land, Leipzig
Bundesland: Sachsen, Thüringen
Koordinate WGS84 51° 09′ 42,56″ N: 12° 24′ 56,88″ O 51,16182°N: 12,4158°O
Koordinate UTM 33.319.312,27 m: 5.670.995,14 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.529.191,95 m: 5.669.728,71 m
  • ursprungsnaher Flusslauf der Pleiße bei Böhlen

    ursprungsnaher Flusslauf der Pleiße bei Böhlen

    Fotograf/Urheber:
    Isabell Schmock-Wieczoreck
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Die im Erzgebirgsbecken entspringende Pleiße ist der größte Nebenfluss der Weißen Elster und gilt als durch den Braunkohlentagebau südlich von Leipzig am stärksten in seinem natürlichen Verlauf beeinflusster und durch die Karbochemie verschmutzter Gewässerlauf im Mitteldeutschen Revier. Während erste Verlegungen bereits in den 1930er Jahren stattfanden (Tagebaue Deutzen und Blumroda), folgten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitere Verlegungen durch die Tagebaue Bona-Süd, Witznitz II und Espenhain, die schließlich nur ein kurzes Stück (etwa 1340 Meter) der Pleiße in ihrem nahezu natürlichen, mäandrierenden Verlauf zwischen Böhlen und Gaulis verschonten (9,5 Hektar großer Restauwaldbestand). Der schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts regulierte Flusslauf wurde in Folge der Verlegungen begradigt und so von 115 auf 90 Kilometer verkürzt sowie durch Profilierungen und Sohlenabdichtungen weiter überformt. Der unwiederbringliche Verlust der Auenlandschaft als natürlichem Überschwemmungsgebiet machte die Anlage eines komplexen Stausystems zum Hochwasserschutz notwendig und bezeugt den bis in die Gegenwart problematischen massiven Eingriff in den natürlichen Wasserhaushalt (Speicherbecken Rötha 1942, Talsperre Windischleuba 1953, Speicherbecken Lobstädt 1958, Rückhaltebecken Regis-Serbitz 1960, Rückhaltebecken Stöhna 1977, Speicherbecken Borna 1977). Im Zug der Verlegung der einzelnen Abschnitte des Flusslaufs wurden jeweils mehrere Brücken als Überquerungen errichtet. Die für Autostraßen sowie für den Fußgänger- und Fahrradverkehr konzipierten Brückenbauwerke führen entsprechend ihrer Funktion als Stahlbeton bzw. Eisenkonstruktion über den trapezförmigen Querschnitt des dammgeschützten, kanalisierten Flusses.
Die mit der fortschreitenden Industrialisierung am Ende des 19. Jahrhundert einsetzende Verschmutzung durch industrielle Abwässer erhielt mit dem Ausbau der Industriestandorte Böhlen und Espenhain ab 1921 bzw. 1937 eine neue Qualität. So galt das Flusseinzugsgebiet der Pleiße seit den 1950er Jahren als am meisten abwasserbelastetes Gebiet in Europa: Vor allem die Einleitung von Phenolen durch die Karbochemie führten zu Verfärbung, Gestank, Schaumbildung, Absterben allen Lebens sowie die Aufheizung durch industrielles Kühlwasser um etwa 8 Grad. Die weiter nördlich durch Leipzig fließende Pleiße und ihr Mühlgraben wurden aufgrund der Geruchsbelästigung daher überwölbt bzw. verrohrt. Einbrüche ins Grundwasser machten zeitweilig die Nutzung als Trinkwasser unmöglich.
Zwar hat sich die Wasserqualität im Kontext der politischen und wirtschaftlichen Wende seit den 1990er deutlich verbessert und haben sich einige Fischarten wieder angesiedelt, jedoch der Gewässerkatalog für die Jahre 1019-2021 bewertet den ökologischen Zustand der Pleiße oberhalb von Werdau weiterhin als schlecht. Problematisch sind weiterhin Eisen- und Sulfatbelastungen, die insbesondere in Altkippenbereichen auftauchen.
Bezüglich der südlichen Leipziger Wasserregion ist angestrebt die Pleiße im Verbund mit anderen Gewässerläufen sowie den Bergbaufolgeseen zu einem großräumigen, sich selbst regulierenden Gewässerverbund mit touristischem wie wirtschaftlichem Entwicklungspotential auszubauen. Zudem begannen im November 1996 Arbeiten zur Freilegung der Pleiße im Leipziger Stadtgebiet.

(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2022)

Datierung:
  • Erbauung um 1930–1960er Jahre

Quellen/Literaturangaben:
  • Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hg.): Wasserlandschaft im südlichen Leipziger Neuseenland; Wandlungen und Perspektiven 5. 2016, S. 1-10, 18-21.
  • PRO Leipzig (Hg.): Das Bornaer Pleisseland. Zerstörung und Neuanfang; Leipzig 1994, S. 191, 144.
  • Nabert, Thomas/Pro Leipzig e.V (Hgg.): Im Pleiße- und Göselland: zwischen Markkleeberg, Rötha und Kitzscher; Leipzig 1999, S. 95.
  • Höpel, Thomas: Verminderung der Umweltbelastungen; In: Hehl, Ulrich von (Hg.): Geschichte der Stadt Leipzig, Band 4: Vom Ersten Weltkrieg bis zur Gegenwart, Leipzig 2019, S. 882–884, S. 883.
  • Regionaler Planungsverband Leipzig-Westsachsen, Regionale Plaungsstelle (Hg.): Mitteldeutsche Seenlandschaft. Gewässerkatalog 2019-2021. Seen, Fließgewässer, Kanäle; 6. vollständig aktual. u. erw. Aufl., Leipzig 2019, S. 280-281.
  • Regionaler Planungsverband Leipzig-Westsachsen: Braunkohlenplan als Sanierungsrahmenplan Tagebau Espenhain. Fortgeschriebene Fassung gemäß Bekanntmachung vom 12. Dezember 2002; Bautzen 2022, S. 21.


BKM-Nummer: 30500188

Gewässerverlegung Pleiße

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Ort
Regis-Breitingen
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
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„Gewässerverlegung Pleiße”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30500188 (Abgerufen: 22. März 2025)
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