Gewerberelikte und Relikte der Land- und Forstwirtschaft in der Kulturlandschaft Wahner Heide

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
  • Der Bereich um das heutige (Troisdorf-) Altenrath auf der historischen Karte der preußischen Uraufnahme von 1836-1850. Links im Kartenausschnitt ist noch die untergegangene ehemalige Siedlung Sand zu sehen.

    Der Bereich um das heutige (Troisdorf-) Altenrath auf der historischen Karte der preußischen Uraufnahme von 1836-1850. Links im Kartenausschnitt ist noch die untergegangene ehemalige Siedlung Sand zu sehen.

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  • Waldgaststätte "Heidekönig" am Forsthaus Telegraf in der Wahner Heide (2011)

    Waldgaststätte "Heidekönig" am Forsthaus Telegraf in der Wahner Heide (2011)

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  • Bienenhäuser an der Grube "Versöhnung" bei Altenrath (2011)

    Bienenhäuser an der Grube "Versöhnung" bei Altenrath (2011)

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Zahlreiche Relikte verweisen heute noch auf die gewerbliche Nutzung des Gebiets der Wahner Heide durch Bergbau und andere Gewerbeformen. Die vorherrschende Nutzungsform des Gebietes der Wahner Heide war über Jahrhunderte hinweg die Land- und Waldwirtschaft.

Bergbau
Weitere Gewerbeformen
Land- und Waldwirtschaft

Bergbau
Bergbau wurde in der Wahner Heide zwar nicht in großem Stil betrieben, doch finden sich auch hier Relikte von ehemaligen Abgrabungsflächen. Abgebaut wurden sehr unterschiedliche Produkte:

Braunkohle
Braunkohle liegt im Gebiet der Wahner Heide, wenn auch nur in geringer Mächtigkeit, in nicht so einer großen Tiefe wie in nördlich anschließenden Lagerstätten in Königsforst, Heumar und Rath. Sie sind nur bis zu 4 Meter überdeckt. Von 1815 bis 1885 gab es Braunkohleabbau in der Wahner Heide in Verbindung mit dem Abbau von anderen Materialien.

Eisenerz
Die Lage der Eisenerze ist vornehmlich im Ton über der Braunkohle und in Kiesablagerungen in unregelmäßigen Vorkommen zu finden. Eisenerze wurden entweder geschürft oder, wie am Hunnenstein und Johannesberg in Spich, im Bergwerksbetrieb gefördert. Das gewonnene Material wurde größtenteils zur Eisenhütte Friedrich-Wilhems-Hütte transportiert, wo es verhüttet und weiterverarbeitet wurde.

Blei, Kupfer, Zink, Nickel, Kobalt
Nachweise an diesen Erzen gibt es nur in östlichen und südlichen Teilen der Wahner Heide bei Hasbach, Altenrath und an den Abhängen von Ziegen- und Scharfenberg.

Quarzit
Große Quarzitvorkommen liegen auch heute noch im Gebiet der Wahner Heide, besonders die Berge und Hügel im Süden bestehen zum größten Teil aus diesem Gestein. Einzelne Quarzitblöcke sind an verschiedenen Stellen des Heidegebiets und an Abhängen zur Niederterrasse zu finden, wie zum Beispiel der Hohlstein bei Spich oder der Ringelstein am Ravensberg. Am Fuße des Ravens- und des Fliegenberges wurde Quarzit in Steinbrüchen abgebaut (circa von 1882 bis 1965). Quarzit fand für den Bau von Kirchen, Häusern und Mauern in der Umgebung Verwendung sowie für Pflastersteine.

Ton, Sand und Kies
Diese Materialien wurden an sehr vielen Stellen abgebaut.
In der zweiten Hälfte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts wurden die Kies- und Sandgruben sowie Steinbrüche in der Wahner Heide massiv ausgebeutet.
Relikte des Bergbaus sind in erster Linie Hohlformen, in denen sich Wasser sammelte. So gehen 90% der heutigen Teiche in der Wahner Heide auf den Bergbau zurück. Meist sind es verfüllte Ton- oder Torfgruben, so ist zum Beispiel der Leyenweiher ein ehemaliger Torfstich.
Das Pionierübungsbecken 1 im Norden der Wahner Heide nahe des Königsforsts ist eine ehemalige Sand- und Kiesgrube, deren Material in den 1930er Jahren unter anderem für den Bau der Mauer von Gut Röttgen Verwendung gefunden hat. Auch das Pionierbecken 2 wurde in den 1960er und -70er Jahren zum Kiesabbau verwendet. Bis 1986 ausgebeutet wurde die Kiesgrube, aus der dann das Pionierbecken 3 entstanden ist.
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Weitere Gewerbeformen
Besenbinder
Für die Bevölkerung der Wahner Heide war im 19. Jahrhundert die Besenbinderei eine Möglichkeit, das schlechte Einkommen ein wenig zu verbessern. Besonders die in der Heide häufigen Pflanzen Birke, Heidekraut und Besenginster wurden zu diesem Handwerk verwendet. Die Besen wurden in Heimarbeit gefertigt und meist auch von Familienmitgliedern in landwirtschaftlich wenig aktiven Zeiten des Jahres verkauft. Das ständige Abholzen der Materialien war einer der Gründe, dass die Heide offen blieb und nicht verbuschte. Heute wird vom Info-Zentrum Wahner Heide dieses alte Handwerk zu Anschauungszwecken vorgeführt.

Mühle
Die Scheuermühle war eine Mahlmühle mit oberschlächtigem Wasserrad, dazu gehörte ein Mühlenteich, ein Mühlenbach bis zum Versinken im Biesel-Weiher sowie andere Weiher, eine Obstwiese, Haus und Nebengebäude, ein Garten und Ländereien.
Im Laufe der Zeit musste der Wasserlauf des Scheuerbaches mehrmals geregelt werden, weil der Bach nur unregelmäßig Wasser führte. Aus diesem Grunde stellte 1852 der Mühlenbetreiber auf Dampfbetrieb um. Die umgebaute Mühlenanlage umfasste nun ein Kesselhaus und einen Kohlenraum mit Schornstein, Maschinenraum, Mühle, Wohnhaus, Stallungen und Scheune; ostwärts der Anlage (zwischen Altenrather Weg und Mühlenbach) standen Laubgehölze und südlich (zwischen Mühlenbach und Linder Heide) ein Kiefernwald, nördlich der Mühle befand sich Heideland und zwischen Mauspfad und Mühlenanlage Ackerland.
1949 wurde der Betrieb auf Betreiben der britischen Militärverwaltung eingestellt, da sich die Mühle nun auf Militärgelände befand. An die alte Mühle erinnern nur noch Flur- und Straßennamen wie Scheuerbusch und Scheuermühlenstraße. Das Gebäude der Mühle wurde 1968 abgerissen. Ferner sind noch zwei der vormals drei Scheuerteiche erhalten.
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Land- und Waldwirtschaft
Ackerbau
Ackerbaulich wurden besonders die Gebiete im Osten um die einzelnen Dörfer und Weiler genutzt. Auch heute noch liegen um Altenrath, Schefferei und Hasbach Acker- und Grünlandflächen.

Mittel- und Niederwaldwirtschaft
Die Wälder um die Wahner Heide wurden bis in zur Mitte des 19. Jahrhunderts im Mittel- und Niederwaldbetrieb genutzt. Der Niederwald ist ein gleichaltriger Bestand von Laubbäumen, die nach kurzer Umtriebszeit (zwischen 10-40 Jahren) dicht über dem Boden abgehauen werden. Die aus dem Stumpf austreibenden Gerten wachsen rasch nach und verleihen dieser Waldform ein buschartiges Aussehen. Produktionsziel beim Niederwald waren v.a. die Gewinnung von Brennholz, Kohlholz, Rebstecken und Gerbrinde.
Der Mittelwald ist eine Mischform aus Niederwald und Hochwald, bei der der Baumbestand teils aus Samen (Kernwüchse als Oberholz), teils durch Stockausschlag (Unterholz) entsteht. Er diente zur Sicherung der Brennholzversorgung und war auch hervorragend für die Schweinemast und für die Viehweide geeignet.
Die ehemaligen Nieder- und Mittelwälder, die über Jahrhunderte das Bild der Wahner Heide und ihrer Umgebung prägten, sind größtenteils während des 19. Jahrhunderts in Eichenwälder oder Kiefernforsten umgewandelt worden. Relikte dieser alten Bewirtschaftungsform sind daher im Gelände nicht mehr zu erkennen. Neuerdings entstehen jedoch niederwaldähnliche Strukturen durch den Flughafenbetrieb.

Heide
Die entstehenden Heidegebiete dienten sowohl der Viehweide, der Jagd, der Imkerei, aber auch als Brennholzlieferant etc. Nur durch diese zahlreichen Bewirtschaftungsformen konnte die Fläche offen gehalten werden.

Bienenzucht
Die Wahner Heide wurde schon sehr früh für die Bienenzucht genutzt, worüber auch schriftliche Quellen Auskunft geben: zum Beispiel liegt eine Beschwerde von 1622 von ortsansässigen Bauern über das Aufstellen von Bienenkaren besonders von ortfremden Bienenzüchtern vor, weil die Karen den Baumbestand schädigten. Gerade die Entwicklung der Heidevegetation durch Beweidung, Abplaggen etc. bot günstige Möglichkeiten, Bienenzucht zu betreiben, da das Heidekraut bei Bienen recht beliebt ist.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts und später gab es in fast jeder Ortschaft in der Wahner Heide Bienenzuchtvereine, die Bienenhäuser unterhielten. Bienenhäuser boten den Vorteil, dass keine Bäume mehr für die Gewinnung von Honig geschädigt wurden. Durch einen Großbrand im Sommer 1947 und den Ausbau des Flughafens kam es zu einem starken Rückgang der Bienenstände, die Imker wanderten teilweise sogar in die Eifel ab.

(Alexandra Lehmann, LVR-Umweltamt, 2003)
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Literatur

Lehmann, Alexandra / Landschaftsverband Rheinland, Umweltamt (Hrsg.) (2003)
Relikte der historischen Kulturlandschaft in der Wahner Heide. Unveröffentlichtes Fachgutachten mit Dokumentation. Köln.
Sticht, Holger Maria (2005)
Natur- und Kulturführer Wahner Heide. Düsseldorf (2. Auflage).
Weber, Hans / Interkommunaler Arbeitskreis Wahner Heide (Hrsg.) (1989)
Die Wahner Heide - Eine rheinische Landschaft im Spannungsfeld der Interessen. Köln.

Gewerberelikte und Relikte der Land- und Forstwirtschaft in der Kulturlandschaft Wahner Heide

Schlagwörter
Fachsichten
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde

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„Gewerberelikte und Relikte der Land- und Forstwirtschaft in der Kulturlandschaft Wahner Heide”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-351833 (Abgerufen: 2. Mai 2024)
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