Gleichwohl lag die Fortführung der Köln-Frechener Keramiktradition im Sinne der neuen Machthaber. Allerdings engagierte sich der von der NSDAP kommissarisch für den Frechener Bürgermeister Dr. Toll eingesetzte Dr. Küper nicht für eine Erhaltung der Ooms'schen Abteilung. Denn dessen ‚Allerweltsprodukte' entsprachen nicht der nun vorherrschenden Ideologie von einer 'in Frechener Tradition' wurzelnde(n) Fabrikation. Frechener Kunstkeramik dürfe nur aus Frechener Ton und nicht aus ortsfremden Rohstoffen hergestellt werden (Heeg 1992, S. 129). „Die einzige bodenständige, typische und damit fördernswerte Frechener Kunstkeramik hat folglich - wie passend - vornehmlich braun zu sein: braunes, salzglasiertes Steinzeug“ (Heeg 1992, S. 130). Küpers Plan, dass die Frechener Steinzeugwerke ihn bei der Einrichtung einer Keramischen Werkstätte in der Berufsschule unterstützen sollten, scheiterten jedoch (Heeg 1992, S. 130). Er verzichtete im weiteren auch auf die Umsetzung seiner Planung, denn im Juli des Jahres 1934 hatte zwischenzeitlich „eine Reihe Kölner Kriegsbeschädigter aus der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung (NSKOV), Ortsgruppe Köln-Ehrenfeld, als Erwerbslose“ auf Initiative des Kölner Bildhauers Toni Stockheim die „Aufbaugemeinschaft Braunbrand Köln“ gegründet. Dieser „selbstverantwortliche(r) Zusammenschluss von erwerbslosen Kriegsbeschädigten“ (Schwerkriegsbeschädigte und Frontsoldaten des Ersten Weltkriegs, hervorgegangen aus dem gleichgeschalteten Kriegsbeschädigtenbundes der Weimarer Republik) hatte das „Ziel, die Arbeitslosigkeit durch die Wiederaufnahme der alten 'echten Frechener Tonkunst' zu überwinden“ (Heeg 2003, S. 50). Der Kölner Bildhauer Toni Stockheim wurde „künstlerischer Leiter der Aufbaugemeinschaft Braunbrand mit alleiniger Richtlinienkompetenz für den künstlerischen Bereich“ (Heeg 2003, S. 50f.). Er hatte bereits mehrere Arbeitslosenprojekte in der Weimarer Zeit geleitet und war auch nach dem Ersten Weltkrieg einer derjenigen, die die Idee einer Fortführung der Köln-Frechener Keramiktradition praktisch angegangen waren. So hatte er auch in der Ooms'schen Abteilung für Fein- und Baukeramik mitgearbeitet, diese jedoch bald aus unbekannten Gründen wieder verlassen (Heeg 1992, S. 131).
Der Braunbrandbetrieb wurde in der inzwischen geschlossenen Keramikwerstatt Radermacher (zuvor Blumentopffabrik Theodor Nagel) am 08.12.1934 eröffnet. „Der Sitz der Gesellschaft und damit auch die Leitung ist jedoch die Geschäftsstelle der NSKOV in Ehrenfeld“ (Heeg 1992, S. 130), laut der Abbildung eines Briefkopfes in der Heliosstraße 53 in Köln (Heeg 1992, S. 131).
Dem ideologiegetriebenen Ziel einer Fortsetzung der Frechener Kannenbäckertradition, indem kunsthandwerklich hochwertige Steinzeugprodukte aus Frechener Ton erzeugt werden sollten, stand entgegen, dass die Arbeit von fachfremdem, ungelerntem Personal ausgeführt werden sollte (Heeg 1992, S. 131). „Von dem Dutzend Mitarbeitern sind nur zwei Fachleute: Der namhafte Bildhauer und hocherfahrene Keramiker Toni Stockheim und ein ausgebildeter Frechener Töpfer-(Geselle), der die Drehware herstellen muß. Beide müssen den übrigen 10 bis 12 Mitarbeitern, unerfahrenen Kriegsbeschädigten, notwendige handwerkliche Teil-Fertigkeiten je nach deren Fähigkeiten und je nach Bedarf beibringen“ (Heeg 2003, S. 51).
Das Markenzeichen der Braunbrandprodukte bestand aus der eingeprägten Inschrift „Köln-Frechen“ in Kombination mit dem Emblem der NSKOV (Eisernes Kreuz mit Schwert und Eichenlaub) (Heeg 1992, S. 131f.).
Hergestellt wurden unter anderem Keramiken, die nationalsozialistischen Vorstellungen entsprachen und typische Verzierungen zeigten: Sonnenzeichen, Becher mit Runen, Plaketten mit dem Profil Hitlers, Eichenlaub und Stahlhelm auf Riesenplaketten, etc. „Dies liegt nicht nur am herrschenden Zeitgeist, sondern vor allem an der Tatsache, daß Braun-Brand zu einer NS-Organisation gehört und andere Parteiorganisationen deshalb auch Aufträge erteilen, um dem Betrieb unter die Arme zu greifen“ (Heeg 1992, S. 132). Zwecks Verkaufsförderung wurden Ausstellungen in Köln und Berlin genutzt, eine Verkaufsstelle in Köln (Marzellenstraße) eingerichtet und „ein Werber ging von Haus zu Haus, um Kundenaufträge für die Kriegsopferfirma in einem ‚Goldenen Buch' zu sammeln“ (Heeg 192, S. 133).
Das Unternehmen hatte nicht lange Bestand: Es mangelte an Nachfrage und der alte Brennofen der Blumentopffabrik hielt der Belastung durch den Steinzeugbrand nicht Stand. Da finanzielle Mittel für den Neubau eines Salzbrandofens fehlten, half die Steinzeugfabrik Rhenania aus und stellte Öfen, Ton und Kohle zur Verfügung. Die grundsätzliche Tendenz des Niedergangs konnte damit auch nicht aufgehalten werden. Interventionen seitens des Bürgermeisters, Hilfsapelle an die Steinzeugwerke und eine Übernahme durch einen Privatunternehmer zeigten auch keinen Erfolg. Somit, so Heegs Resumee (1992, S. 135) war „der Versuch der NSDAP, die alte ‚Idee der Wiederbelebung der Köln-Frechener Keramik' anders und nach ihrer Meinung besser als Toni Ooms zu verwirklichen, nach ziemlich kurzer Zeit kläglich gescheitert, obwohl sie ohnehin nur in recht bescheidenem Rahmen stattfand und von einer Industrie in dem Sinne überhaupt keine Rede sein konnte“.
Erhaltene Zeugnisse der Braunbrand-Keramik aus Frechen:
- Blumentopffabrik Theodor Nagel
- Denkmal für verstorbene Mitarbeiter der Pulverfabrik in Hamm an der Sieg (Talstraße, südlich der Einmündung Mühlenstraße)
- Kriegerehrenmal an der Fabrik William Prym in Stolberg
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2024)