Durch zahlreiche Neubauten seit 1950 sind die ehemals räumlich getrennten Ortsteile Berg und Licht zusammengewachsen. Beide Ortsteile zeigen in den älteren Bereichen auch heute noch typische Haufendorfstrukturen mit ebenso typischen Gebäudeformen: Im oberen Ortsteil „Berg“ ausgerichtet entlang einer Straße mit baulicher Dominanz von Kirche, Pfarrhaus und Gasthaus, im unteren Ortsteil „Licht“ in Tallage am Zusammenfluss von Brucher- und Mohrbach zum Lichterbach. Diese historisch gewachsenen Siedlungsstrukturen wurden analysiert und medial dokumentiert. Im Ergebnis konnte das Gesicht unseres Dorfes Anfang des 20. Jahrhunderts rekonstruiert werden. Der Vergleich alter Aufnahmen mit der heutigen Situation transferiert die historischen Wurzeln in die Gegenwart.
Die Dorfstraßen in „Berg“ und „Licht“ zeigten die typische Anordnung von quergeteilten Einhäusern. Bei diesem Gebäudetyp (auch Trierer Langhäuser genannt) liegen Wohn- und Wirtschaftsbereiche unter einem Dach. Teilweise sind es vereinzelte, teilweise miteinander zu einer Dopplung oder Reihung verbundene Einhäuser mit zweiraumtiefen Wohnbereichen. Manche der Gebäude sind traufständig (die Dachtraufe, die „Tropfkante am Dach“ mit der Dachrinne verläuft parallel zur Straße), andere stehen mit dem Giebel zur Dorfstraße. Die mit Bäumen randlich begrünten Dorfstraßen und die zum Teil mit hohen Lattenzäunen eingefassten Vorplätze der Gebäude waren in die bäuerlichen Arbeitsabläufe eingebunden. Dort abgestellte landwirtschaftliche Geräte, Leiterwagen, Steine, Holz und Stangen gehörten zum Alltagsbild, ebenso wie die großen Misthaufen. Der Stallmist war das „Gold des Bauern“, die Größe der Dungstätten spiegelte nach dem Volksmund die „Größe des Bauern“ wider. (Mayen 2000, S.85) Die 431 Einwohner im „Dorf Berglicht - Post Thalfang“ lebten im Jahre 1909 in 97 Haushalten. Berglicht war Anfang des 20. Jahrhunderts ein vom Bauerntum geprägtes Dorf mit jenen Strukturen, wie sie in der Literatur für unsere Heimat für jene Zeit beschrieben werden. (Klaus Freckmann 1985; Klaus Freckmann und Burghart Schmidt 2004; Hermann Kramp und Helge Klaus Rieder, ohne Jahr; Justinus Bendermacher 1978 und 1981) Die Ausführungen von Klaus Freckmann zum historischen Siedlungsbild Hunsrücker Dörfer lassen sich hervorragend auf „Berg“ und „Licht“ anwenden:
„Es handelt sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts um mehr oder weniger locker gebaute Dörfer und um geschlossene Siedlungen mit dicht zusammengedrängt stehenden Gebäuden (…). An den oft erst im beginnenden oder mittleren 19. Jahrhundert ausgebauten Ausfallstraßen wurden die Häuser auf recht großen Grundstücken errichtet, die sich tief in die Gemarkung erstrecken. … Die gegenwärtig auf dem Hunsrück fassbaren historischen Bautypen sind das quererschlossene Einhaus (…), ein reines Wohnhaus, eventuell mit einem kleinen Stall (Handwerkerhaus), und das aus mehreren Gebäuden bestehende Gehöft. Dass Einhaus lässt sich in dieser Landschaft bis in das erste Viertel des 17. Jahrhunderts verfolgen. Die heute noch (…) anzutreffenden Bauten stammen zum geringeren Teil aus dem 18. und zum weitaus größeren Teil aus dem 19. Jahrhundert. (…) Im Westen des Hunsrücks herrscht die traufseitigen Ausrichtung der Häuser vor. Sie sind oft an den Giebeln aneinandergebaut und bilden lange Zeilen. (…) Die Hunsrückbauweise erlebt im 18. Jahrhundert eine Phase des Aufschwungs. Die Häuser werden stattlicher“ und „sind aufgrund ihrer besonderen Dachkonstruktion mit Schiefer eingedeckt. Dieses Material verdrängt nach und nach - im 19. Jahrhundert - das einst übliche Stroh und wird auch zum Schutz der Wetterseite verwendet. Ornamental angelegte Schieferbekleidungen sind keine Seltenheit (…). Bis ins 19. Jahrhundert bewahrt der Grundriss des Hunsrückhauses weitgehend das frühere Konzept.“ (Freckmann 1985, S. 54-57)
Bei den typischen Einhäusern gelangt man von dem Hausgang oder der Küche „in den Stall, von da aus in die Tenne und eventuell in einen zweiten Stall. Die Verbindung von Wohnen und Wirtschaften ist ausgesprochen rationell gelöst. Steigert sich die Produktivität der Landwirtschaft oder nimmt die Landbearbeitung im Laufe der Zeit zu. so wird entweder der Wirtschaftstrakt verlängert oder die Anlage durch ein neues Gebäude zu einem Hof erweitert. Diese mit Ställen kombinierten Scheunen werden noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Parterre vorwiegend massiv, darüber als Fachwerk errichtet. Überhaupt verliert die Holzbauweise spätestens in dieser Zeit an Terrain; auf dem westlichen Hunsrück zeichnet sich sogar schon im späten 18. Jahrhundert ein stetiges Vordringen des Massivbaues ab.“ (Freckmann 1985, S. 58) Das „Kurfürstentum Trier verfügte nach den Erfahrungen aus dem 30-jährigen Krieg für die Dörfer Massivbauweise. So wurden Fachwerk und Strohdach schon früher als in den meisten anderen deutschen Landschaften durch verputztes Massivmauerwerk und Schieferdach abgelöst. (…) Das 19. Jahrhundert war die Blütezeit des Trierer Hauses. Besonderen Hinweis verdienen noch die reichen und gut geformten Haustüren, von denen noch viele (…) bis heute erhalten sind“ (Bendermacher 1978, S. 115), so auch besonders schön im Haus Gorges/Kelling in Berglicht.
(Edgar Manz, Ortsgemeinde Berglicht, 2022)
Literatur
Bendermacher, Justinius (1978)
Altes Dorf und Städtebau. Gedanken zur Denkmalpflege und Dorferneuerung in unserer Heimat. In: Jahrbuch für den Kreis Bernkastel-Wittlich, Jg. 1978, herausgegeben von der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, S. 111-118. Bernkastel-Wittlich.
Bendermacher, Justinius / Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (Hrsg.) (1981)
Dorfformen in Rheinland-Pfalz. Auszüge aus den Kurzinventaren rheinland-Pfälzischer Dörfer 1949-1979. Köln.
Freckmann, Klaus (1985)
Freilichtmuseum, Rheinland-Pfalz. Koblenz.
Mayen, Klaus Dieter (2000)
Ein Tagewerk, so war es damals, das Leben im Rheinischen Schiefergebirge. Erinnerungen in Wort und Bild. o.O..
Okfen, Burkhard (1976)
Berglicht - Chronik eines Hunsrückdorfes. Berglicht.
Strukturen der historischen Dorfstraßen in Berglicht
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Empfohlene Zitierweise
Edgar Manz (2023), „Strukturen der historischen Dorfstraßen in Berglicht”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-345246 (Abgerufen: 6. Dezember 2024)
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