Ehemalige Niederwälder im Nationalpark Hunsrück-Hochwald

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Naturschutz
  • Niederwald bei Börfink-Thranenweier (2016)

    Niederwald bei Börfink-Thranenweier (2016)

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Niederwaldwirtschaft ist eine waldwirtschaftliche Betriebsart, die heutzutage jedoch nicht mehr betrieben wird. Diese Art der Holzgewinnung wurde schon zu Zeiten der Römer praktiziert und geht in Deutschland zurück bis in das 9. Jahrhundert (vgl. das Prümer Urbar von 893). Vor etwa 200 Jahren war diese Art der Waldbewirtschaftung Forstwirtschaft in Rheinland-Pfalz weit verbreitet. Die Niederwaldwirtschaft wurde zur Brennholzerzeugung für die Holzkohlenherstellung betrieben. Die Eichenniederwälder hatten eine große Bedeutung für die Lohewirtschaft.

„Niederwald bedeutet Stockausschlagwald“ (Manz 1995, S. 3). Der Niederwald im Gebiet des Hunsrück-Hochwaldes besteht überwiegend aus Buchen, die mehrmals ausgeschlagen sind. Unter dem Stockausschlag ist eine sogenannte Verjüngung zu verstehen, die mittels neuer Triebe aus dem Stock nach der Fällung eines Baumes einsetzt. Die Umtriebszeit, von der Begründung des Buchenbestandes hin zur Abholzung beträgt in einem Niederwald ungefähr 10 bis 30 Jahre, während die natürliche Lebenszeit dieser Baumart bis zu 400 Jahre beträgt. Ziel dieser Methode ist die Erwirtschaftung von Brennholz, für die ausschließlich Baumarten wie Birke, Buche, Linde, Hasel, Eiche oder Weide verwendet werden können, da diese Baumarten eine hervorragende Stockausschlagfähigkeit besitzen. Es wurden ausschließlich Laubhölzer für die Niederwaldwirtschaft genutzt. Insgesamt ist etwa die Hälfte der Fläche des Hunsrück-Hochwaldes mit der in Deutschland heimischen Buche bewaldet.

Die Bewirtschaftung dieses Niederwaldes geht insbesondere auf das Spätmittelalter zurück, in der das Holz als Brennholz in der Köhlerei verwertet wurde. Auch in diesem Niederwald sind kreisrunde Begradigungen im Wald vorhanden, die auf frühere Kohlenmeiler verweisen. Innerhalb dieser Fläche sind Buchen zu dieser Zeit wiederholt gefällt wurden, sodass durch die Niederwaldwirtschaft die Vegetation umgestaltet wurde: Kahlflächen und dichtbestockte Bestände, die schlagreif sind prägten das Aussehen des Niederwaldes. Der Niederwald gilt als unbeständig. Wenn die Bäume des Niederwaldes nicht abgeholzt werden, geht der Niederwald in den Hochwald über. In der damaligen Hinteren Grafschaft Sponheim, in der auch Börfink und Thranenweier lagen, war es vertraglich gestattet, sich mit Holz aus nahegelegenen Waldungen zu versorgen, solange es die forsteilichen Umstände erlaubten. In Folge dessen kam es zu einer jahrhundertelangen Übernutzung der Wälder, insbesondere für die Zwecke der Eisen- und Holzindustrie.

Innerhalb dieses Waldes stand die Köhlerei im Vordergrund der damaligen Waldwirtschaft. Um den Wald nicht gänzlich zu vernichten, kam es bereits 1438 zu Vorschriften, die befahlen, alle Eichen und kelterholz-starken Baumarten als sogenannter Mutterbestand unversehrt zu lassen. Bereits zu dieser Zeit hatte ein bedeutender Teil des Hochwaldes niederwaldartigen Charakter angenommen, sodass in der Hinteren Grafschaft Sponheim ab 1470 verschiedene Bestimmungen zur Walderhaltung aufgestellt worden sind. Insgesamt wurde beschlossen, dass die Kohlschläge, welche im hohen Wald angelegt waren, auch wieder zu Hochwald heranwachsen sollten. Sie sollten also nicht, wie bis zu diesem Zeitpunkt üblich, in Folge dessen als Niederwald bewirtschaftet werden.

Allerdings fanden die neuen Regeln der Forstordnung wenig Beachtung, sodass der Aufwuchs aufgrund der landwirtschaftlichen Nutzung über mehrere Jahre trotz Forstordnungen kaum geschont wurde. Die Forstordnung aus dem Jahr 1501 brachte dennoch hinsichtlich des Waldbaus einen wichtigen Fortschritt, da sie eine geordnete Mittelwaldwirtschaft hervorbrachte. Darin wurde festgehalten, dass bei der Abholzung der Köhler in den hohen Wäldern beispielsweise jeder neunte oder zehnte Baum stehen bleiben müsse. Damit diese neue Ordnung auch kontrolliert werden konnte, wurde das Waldgebiet in Distrikte eingeteilt. Gegen Ende des Mittelalters bestanden im Hochwald schließlich viele Flächen, mit teils, durch die Methode der Verjüngung bedingten, devastrierten Wäldern.

Außerdem ist zu vermerken, dass im Hunsrück-Hochwald seit der karolingischen Zeit bis hin zum Beginn des 20. Jahrhunderts geköhlert worden ist. Wie schon kurz beschrieben, existierten im Hochwald viele kreisrunde Kohlplatten, die sogenannten Kohlenmeiler, die auch heute noch zu erkennen sind. Auch die Forstordnungen befassten sich ausführlich mit der Köhlerei, beispielsweise wurde eine Nutzung entlegener Waldgebiete bestrebt. Insbesondere die Baumart Eiche sollte verschont werden, um eine ausreichende Zahl an Mutterbäumen zu erhalten, woraufhin deren Stämme gekennzeichnet wurden. Wie auch schon in den Jahren zuvor, kümmerten sich die Köhler jedoch wenig um die Regelungen, wodurch es erneut zur Übernutzung der Waldflächen kam.

Mit der Steinkohlegewinnung und ihrer Verwendung im Hüttenprozess ab Mitte des 19. Jahrhunderts, verlor die Holzköhlerei allmählich ihre Bedeutung und somit auch die Niederwaldbewirtschaftung des Hochwaldes und schließlich eingestellt wurde. Heute beschränkt sich der Anteil an Niederwäldern in Deutschland auf knapp drei Prozent. Der Niederwald wurde nach und nach in den ertragsreicheren Hochwald umgewandelt. Dennoch ist und bleibt die Niederwaldwirtschaft eine frühe Form der Nachhaltigkeitswirtschaft.

(Fee Weiss, Nina Krämer, Milena Bagic, Constantin Becher, Universität Koblenz-Landau, 2016)

Internet
www.spektrum.de: Niederwald (abgerufen 22.02.2017)
www.wald-rlp.de: Niederwaldprojekt (abgerufen 22.02.2017)

Literatur

Bauer, Erich (2007)
Der Soonwald. Auf den Spuren des Jägers aus Kurpfalz. Seibersbach (2. Auflage).
Manz, Erwin (1995)
Linksrheinische Niederwälder. Zeugen einer historischen Waldnutzungsform. (Rheinische Landschaften, Heft 44.) Neuss.
Schmithüsen, Josef (1934)
Der Niederwald des linksrheinischen Schiefergebirges. Beiträge zur Landeskunde der Rheinlande. ( Beiträge zur Landeskunde der Rheinlande, 2. Heft 4.) Bonn.
Schmitt, Reiner (2004)
Bewohner des Weilers Tranenweier bei Börfink im 18. und 19. Jahrhundert sowie dessen Geschichte. Neuhütten.
Waldarbeiterschulen der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.) (2000)
Der Forstwirt. Stuttgart.

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Fee Weiss, Nina Krämer, Milena Bagic, Constantin Becher, „Ehemalige Niederwälder im Nationalpark Hunsrück-Hochwald”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-252409 (Abgerufen: 28. März 2025)
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