Der lang gestreckte prächtige Backsteinbau des Empfangsgebäudes wurde 1898 zugleich mit einem Ausbau des ganzen Bahnhofsbereichs errichtet. Zum Bahnhof gehörten auch ein Betriebswerk mit Lokschuppen, ein Güterschuppen und das erhaltene Stellwerk. Der erste Bahnhof in Kupferdreh entstand 1847 mit Ausbau der bisher als Pferdebahn genutzten Prinz-Wilhelm-Bahn zur normalspurigen Eisenbahnlinie mit Dampflokbetrieb. Die Kern- und Stammstrecke der schmalspurigen Pferdebahn war 1828-30 entstanden und reichte vom Himmelsfürster Erbstollen bis Nierenhof bei Langenberg. 1831 hatte Prinz Wilhelm von Preußen, ein Bruder Wilhelms III. mit Frau und Kindern in einem mit Teppichen ausgelegten Kohlenwagen die Strecke befahren. Seitdem konnte sich die Linie stolz Prinz-Wilhelm-Bahn nennen. Mit dem Ausbau 1844-47 reichte die Prinz-Wilhelm-Bahn vom südlichen Ruhrufer bei Steele bis Wuppertal-Vohwinkel mit Anschluss an die Düsseldorf-Elberfelder Bahn. Wegen schlechter Ertragslage wurde die Bahn 1854 verstaatlicht und in der Folgezeit von der Bergisch-Märkischen Eisenbahn Gesellschaft betrieben. Durch Anlage der Hespertalbahn 1857 und deren Umbau auf Normalspur 1876 wurde der Bahnhof Kupferdreh zu einem bedeutenden Abzweigbahnhof. Der Umbau von 1898 verdeutlichte die Bedeutung der Bahnhofsanlage. Der Bahnhof erhielt seinen Namen nach dem Umschlagplatz des Kupferhammers an der Ruhr. Als die Honschaften Hinsberg und Rodberg 1875 zu einer Bürgermeisterei vereinigt wurden, wurde der Name des Bahnhofs auf die neugebildete Ortschaft übertragen.
Empfangsgebäude Der mit Walmdach gedeckte Backsteinbau ist lebhaft gegliedert durch leicht aus dem Hauptbaukörper vorgezogene, übergiebelte Risalite. Jeweils zwei Risalite liegen an den Traufseiten. Zur vorbeiführenden Prinz-Wilhelm-Straße ist in einem fünften Risalit der Haupteingang zur ehemaligen Schalterhalle hervorgehoben. Eingestellt in eine mehrfach abgestufte Rundbogenöffnung ist der Haupteingang einbezogen in eine vierbahnige Hausteinarchitektur mit einem an Thermenfenster der römischen Antike erinnernden Bogenfeld. Hier befindet sich markant auch die erhaltene Bahnhofsuhr. Weitere Zugänge befinden sich in den Risaliten der Traufseiten, wobei von Westen die Fahrgäste der Hespertalbahn und von Osten die Reisenden der Prinz-Wilhelm-Bahn das Empfangsgebäude betreten konnten. Das folgende Risalitpaar zeigt auf beiden Traufseiten durch hohe Fenster die Lage der Wartesäle an. Die Backsteinfassaden des Empfangsgebäudes werden gegliedert durch die generell größeren Segmentbogenfenster im Erd- und die schmalen, überwiegend zwillingsweise zusammengefassten Öffnungen im Obergeschoss. Die Natursteinsohlbänke der Fensteröffnungen korrespondieren mit dem Maßwerk des Haupteingangs. Umlaufende Bänder mit gelben und dunklen Ziegeln auf Kämpfer- und Stockwerkshöhe geben den Gebäude eine ruhige Horizontalorientierung. Das Dach ist weit überstehend ausgebildet. Im Inneren ist die ursprüngliche Grundrissdisposition nach Ausbau zum Restaurant erhalten geblieben. Bemerkenswert sind das offene hölzerne Sprengwerk in der ehemaligen Schalterhalle, die Stuckdecken in den beiden Wartesälen und die originale Treppe ins Obergeschoß.
Stellwerk Das in Sichtweite zum Empfangsgebäude errichtete Stellwerk verweist schon durch seine Größe auf die ehemalige Bedeutung des Bahnhofs Kupferdreh. Das Erdgeschoß des Stellwerks ist sockelartig in Ziegelstein gemauert mit stichbogigen Blendnischen zur Straße und Fenstern zur Gleisseite für die Belichtung der Spannwerksräume. Das Obergeschoß für den Fahrdienstleiter ist in Holzfachwerk ausgebildet. Von den beiden Erkern zur Gleisseite zur besseren Beobachtung des Fahr- und Rangierbetriebes ist nur der rechte erhalten geblieben. Das Stellwerk wurde durch Sanierung in der baulichen Substanz stark erneuert.
(Walter Buschmann, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2010)
Literatur
Busch, Johann Rainer / Bürgerschaft Kupferdreh (Hrsg.) (2008)
Kupferdreh und seine Geschichte als Teil der Ruhr.2010 Kulturhauptstadt Europas. Essen.
Busch, Johann Rainer; Deilmann, Hans Günter (1992)
Prinz-Wilhelm-Eisenbahn. Die erste Eisenbahn-Aktiengesellschaft auf deutschem Boden. Essen.
Homberg, Frank (2007)
Der Ausbau der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn von der Ruhr an die Wupper. In: Romerike Berge. Zeitschrift für das Bergische Land 57, Heft 3, S. 29-39. o. O.
Schröter, Hermann (1966)
Die Kupferhütte am Deilbach in Essen-Kupferdreh. In: Das Münster am Hellweg 19, Heft 10, Essen.
Spethmann, Hans (1933)
Das Ruhrgebiet im Wechselspiel von Land und Leuten, Wirtschaft, Technik und Politik, 3 Bände. Berlin.
Steitz, Walter (1974)
Die Entstehung der Köln-Mindener Eisenbahn: ein Beitrag zur Frühgeschichte der deutschen Eisenbahnen und des preußischen Aktienwesens. (Schriften zur rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte 27.) Köln.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.