Am Vorabend des Ersten Weltkriegs bereiteten sich deutsche Soldaten in der Drover Heide auf ihren Einsatz vor. Das ehemalige Militärgelände liegt in den Gemeinden Vettweiß und Kreuzau und ist mit einer Fläche von etwa 670 Hektar eines der größten und bedeutendsten Naturschutzgebiete des Kreises Düren. Seit der Aufgabe der militärischen Nutzung Ende 2004 ist das Areal auch als Naherholungsgebiet zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Das Schutzgebiet ist im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) und wird seit knapp 10 Jahren naturschutzfachlich durch die Biologische Station im Kreis Düren betreut.
Historische Entwicklung Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Truppenübungsplatz „Drover Heide“ vom Deutschen Kaiserreich auf einer ehemaligen Allmende bzw. Waldweidefläche eingerichtet. Genutzt wurde das Gelände bis 1918 von der Reichswehr. Im Ersten Weltkrieg fand hier die Rekrutenausbildung der Garnison Düren statt. Die englische Armee beschlagnahmte im März 1919 das Gelände auf unbestimmte Zeit. Ab diesem Zeitpunkt war es der benachbarten Zivilbevölkerung nicht mehr gestattet das Gelände zu nutzen oder zu durchqueren. Mit dem Bau eines Barackenlagers am Rand des Übungsgeländes (nördlich von Drove) und der Errichtung eines Schießstandes (ca. 500 Meter östlich von Drove) sollte das Gelände nur noch militärisch genutzt werden. Die Bauarbeiten wurden am 9. September 1919 eingestellt.
Ab November 1919 beschlagnahmten die Franzosen den Übungsplatz. Im angrenzenden Barackenlager bei Drove befand sich eine Schießschule. Bei Stockheim wurde ein neuer Schießstand eingerichtet. Das gesamte Gelände wurde für Artillerieschießübungen genutzt. Übungen sind vom 19.07.1921 bis zum 12.08.1921 und vom 13.06.1922 bis zum 01.08.1922 überliefert. Die Truppen übten sowohl nördlich als auch südlich von Drove. Ab 1929 nutzte die Deutsche Wehrmacht das Gelände. Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzten zunächst die englischen und dann die belgischen Streitkräfte das Übungsgelände. 2004 wurde die Liegenschaft an die Bundesvermögensverwaltung zurückgegeben und als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Einstiges Militärgelände mit einzigartiger Artenvielfalt Die Drover Heide ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ideologisch bedingte Maßnahmen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg unser Landschaftsbild bis heute prägen. Durch den intensiven Panzerbetrieb innerhalb der fast 100jährigen militärischen Nutzung entstanden beinahe vegetationsfreie Flächen mit knapp 700 Kleingewässern sowie Magerrasen. Heidebestände nehmen rund 18% des Gebietes ein. Insbesondere im August, zur Zeit der Heideblüte, zeigt sich der ehemalige Truppenübungsplatz von seiner schönsten Seite. Denn dann bildet das purpurne Blütenmeer einen ansprechenden Kontrast zu den strohgelben Magerrasen.
Es mag zunächst erstaunen, dass ausgerechnet auf militärisch genutzter Fläche eine so bemerkenswerte Artenvielfalt zu finden ist. Bodenbrütende Vogelarten fühlen sich in der Drover Heide besonders wohl, da sie hier sowohl Deckung finden als auch einen guten Geländeüberblick haben. Mit etwas Glück bietet sich den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, Heidelerchen, Schwarzkehlchen, Wiesenpieper oder Ziegenmelker zu beobachten. Einzigartig ist auch die Amphibien- und Reptilienfauna, die von den zahllosen Gewässern profitiert. Als echte Besonderheit wurden in der Drover Heide zwei Urzeitkrebse wieder entdeckt, die nur in periodisch austrocknenden, sonnigen Gewässern leben können und in Deutschland fast ausschließlich auf Truppenübungsplätzen vorkommen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Drover Heide nicht nur als Naturschutzgebiet, sondern auch als sogenanntes FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat) und internationales Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist. Doch die offenen Heide- und Grünlandflächen wären ohne eine aktive Pflege bald verschwunden. Der hohe Wiederbewaldungsdruck wird den aufmerksamen Besucherinnen und Besuchern durch die aufkommenden Birken ersichtlich. Soll die Offenlandschaft dauerhaft erhalten werden, so erfordert dies ein regelmäßiges Mähen oder Beweiden. Ein großer Teil der notwendigen Landschaftspflege wird in der Drover Heide von Schafen, Schottischen Hochlandrindern und Thüringischen Waldziegen übernommen.
Inzwischen ist die Drover Heide als Naherholungsgebiet in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Zahlreiche markierte Rundwege mit einer Gesamtlänge von über 20 Kilometer ermöglichen es, diese besondere Kulturlandschaft zu entdecken. Eine eigene „Winterrunde“, die wegen der Brutzeit des Ziegenmelkers nur im Winterhalbjahr freigegeben ist, ermöglicht beeindruckende landschaftliche Einblicke. Weitere detaillierte Informationen über die vorkommenden Tier- und Pflanzenarten, die Feuerökologie, die Beweidung etc. finden sich in der PDF-Datei in der Mediengalerie.
(Anne Stollenwerk, LVR Fachbereich Umwelt / Alexandra Schieweling, Biologische Station im Kreis Düren, 2014, erstellt im Rahmen des Projektes „1914 – Mitten in Europa. Das Rheinland und der Erste Weltkrieg“)
Die Drover Heide war KuLaDig-Objekt des Monats im April 2014.
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Empfohlene Zitierweise
Anne Stollenwerk (2014), Alexandra Schieweling (2014): „Naturschutzgebiet und Truppenübungsplatz Drover Heide”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-87731-20140310-2 (Abgerufen: 5. Dezember 2024)
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