Obwohl im benachbarten Rheidt zumeist mehr Juden lebten, befanden sich die Gemeindeeinrichtungen in Mondorf. Ab 1863 bildete Mondorf eine Spezialgemeinde innerhalb des Kreissynagogenverbands des Siegkreises.
Gemeindegröße um 1815: o. A., um 1880: 25 (1885), 1932: 20, 2006: –.
Bethaus / Synagoge: Zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstand ein Bethaus, um 1862 wurde eine neue Synagoge errichtet. 1938 wurde sie in Brand gesteckt, um 1960 erfolgte ein Umbau des Gebäudes (vorstehende Angaben nach Reuter 2007).
Den Angaben auf der Gedenktafel vor Ort zufolge (s.u.), besuchten neben den Mondorfer Juden auch die aus Rheidt, Bergheim und Sieglar das Gotteshaus.
„Fast alle Juden der seit Anfang 19. Jahrhundert bestehenden Synagogengemeinde Mondorf (Friedhof 1833 angelegt) wurden 1941/42 deportiert und ermordet, ihre um 1862 neu erbaute Synagoge am 09.11.1938 zerstört.“ (HbHistSt NRW 2006)
Die Synagoge in Mondorf
Die wohl zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf einem Gartengrundstück, dessen Lage nicht rekonstruierbar ist, errichtete Synagoge ist um 1860 durch einen steinernen Neubau an der Provinzialstraße (heute Hausnummer 48, nahe der Einmündung der Meindorfer Straße) ersetzt worden. Das alte – vermutlich aus Holz erbaute – Gebäude wurde anschließend nicht mehr gepflegt und ist 1868 zusammengestürzt. 1858 hatte Isaac Cahn dieses Grundstück für die Gemeinde erworben, und in der Aktensammlung des Stadtarchivs finden wir folgendes Dokument aus dem gleichen Jahr:
„Die zu erbauende neue Synagoge für die israelitische Gemeinde zu Mondorf, an der Mondorf-Siegburger Straße, habe ich heute von [vor?] den Herren Isac Cahn und Levi Wolf, Bauvorstände, unter meiner speziellen Leitung und Aufsicht zu bauen unternommen und den Maurer Hein. Heuser aus Mondorf als Polirer hierzu angestellt.
Mondorf, 22 November 1858
M. Frings, Maurermeister aus Bonn“
Über eine Anzeige in der Kölnischen Zeitung vom 9. August 1860 lässt sich die feierliche Einweihung des neuen Gotteshauses auf Freitag bis Sonntag, 10. bis 12. August 1860 datieren:
„Die Synagogen-Einweihung zu Mondorf nebst den üblichen Festlichkeiten findet am 10., 11. und 12. August statt, und ladet hierzu ein das Fest-Comite,
Bei der am 10., 11. und 12. August stattfindenden Synagogen-Einweihung zu Mondorf halte ich eine koschere Küche. Johann Schlimgen, Gastwirth.“
Die Feier des 25-jährigen Stiftungsfests der Synagoge fand am Samstag dem 25. Juli 1885 statt. Die Festpredigt hielt Rabbiner Dr. Cohn, abends gab es ein Konzert und einen Festball.
Die 50-Jahr-Feier der Mondorfer Synagoge wurde am 20. und 21. August 1910 mit einem Festgottesdient unter der Leitung des Bonner Rabbiners Dr. Elias Kalischer (1862-1932) und Mitwirkung des Chors der Bonner Synagoge sowie einem Konzert begangen.
Die Feierlichkeiten zum 60. Jubiläum wurden mit Ball und Orchesterkonzert am 31. Juli 1920 im „großen Saale zur Post“ ausgerichtet, die Festpredigt hielt erneut Rabbiner Kalischer (Hinweise Herr Klinger, www.roland-klinger.de und Abb.).
Elfi Pracht beschreibt das Bauwerk wie folgt (Pracht 1997, S. 539ff.): „Die Mondorfer Synagoge war ein etwa 135 Quadratmeter großes Ziegelsteingebäude mit rechteckigem Grundriss. Das Satteldach, das mit Hohlziegeln eingedeckt war, stand an den Giebelseiten etwas vor. Vor der Synagoge, die mit der Traufseite zur Provinziaistraße stand, befand sich ein Gartengrundstück von 25-30 Meter Tiefe, das durch einen zwischen Ziegelsteinpfeilern angebrachten Zaun und ein schmiedeeisernes Tor von der Straße gegrenzt war. Ein mit Klinkern befestigter Weg führte zum Gotteshaus. Rechts und links des Weges standen Linden.“
Da trotz einiger Bemühungen – es war u. a. auch seitens der Stadtverwaltung eine Geldprämie ausgelobt worden – kein Foto der Synagoge im Originalzustand auffindbar war, erhielt der Kölner Architekt Paul Palm den Auftrag, nach Zeitzeugenberichten und eigenen Hufmessungen am Mauerwerk der ehemaligen Synagoge eine Rekonstruktionszeichnung anzufertigen.
„Ihr zufolge besaß die dem Garten zugewandte Fassade drei hohe rundbogige Sprossenfenster in gleichmäßiger Anordnung. Anstelle des vierten Rundbogenfensters befand sich rechts eine kleine, schmucklose Eingangstüre. Die Südseite wies vier rundbogige Sprossenfenster auf, ihre Form deckte sich mit den Fensteröffnungen in der Eingangsfassade. An der Ostseite, wo im Innenraum der Thoraschrein aufgestellt war, befand sich ein Rundfenster, ebenso an der Westseite, nur konnte man hier im Giebel noch ein kleines Halbrundfenster entdecken. Das Rundfenster an der Westseite ist heute zugemauert“
Diese Westseite ist – im Gegensatz zur Ost- und Südseite, die an private Gärten grenzen – von der Meindorfer Straße aus gut einsehbar und aufgrund der Fensterform auch leicht als Teil eines ursprünglichen Sakralgebäudes erkennbar.
„Im Innern präsentierte sich das Gotteshaus als schlichter Hallenbau mit einer Decke in ca. vier Meter Höhe aus »Holzbalkenlage«. Wände und Deckenflächen waren glatt verputzt. Über dem Eingang an der nördlichen Seite befand sich die hölzerne Frauenempore.“
Nach dem Brand in der Reichspogromnacht teilt der Amtsbürgermeister auf eine Anfrage des Landrats hin mit: „Die Synagoge ist so ausgebrannt, dass nur noch die Umfassungsmauern stehen. Es ist jedenfalls nicht mehr zu erkennen, dass es sich um eine Synagoge handelt.“ (Stadtarchiv Niederkassel)
Es war beabsichtigt, im Gebäude – so die in einem Schreiben des Amtsbürgermeisters an den Landrat vom 17. März 1939 dokumentierte Planung (Kreisarchiv Siegburg) – einen Kindergarten einzurichten, was aber wohl nicht geschehen ist. Das Gebäude erhielt in der Schlussphase des Krieges noch einen Bombentreffer. Nach Kriegsende ist das Gebäude von einem Privateigentümer rechtmäßig erworben und einer Wohn- bzw. Gewerbenutzung zugeführt worden.
Im Jahr 1983 wurde eine steinerne Gedenk- und Erinnerungstafel an dem Haus angebracht. Der in Versalien gehaltene Text lautet:
Hier stand die Synagoge der Juden aus Mondorf, Rheidt, Bergheim und Sieglar,
von nationalsozialistischen Brandstiftern in der Reichskristallnacht 1938 am 9. November in Brand gesteckt.
Fast alle Gemeindemitglieder wurden deportiert und ermordet.
Von den Überlebenden kehrte keiner zurück.
Den Ermordeten zur Ehre und zur steten Mahnung.
Angebracht 1983 Stadt Niederkassel
von nationalsozialistischen Brandstiftern in der Reichskristallnacht 1938 am 9. November in Brand gesteckt.
Fast alle Gemeindemitglieder wurden deportiert und ermordet.
Von den Überlebenden kehrte keiner zurück.
Den Ermordeten zur Ehre und zur steten Mahnung.
Angebracht 1983 Stadt Niederkassel
Baudenkmal
Das Objekt Synagoge Mondorf, Provinzialstraße 48, ist ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalliste Niederkassel, laufende Nr. 40, Eintragung vom 15.07.1994).
(Georg Langen, Städtisches Kopernikus Gymnasium in Niederkassel, 1999/2008 / Eckart Rüther, Niederkassel, 2012)
Quellen
- Aktenbestand des Stadtarchivs Niederkassel: Handschriftliche Notiz des Amtsbürgermeisters.
- Bestände des Kreisarchivs Siegburg.
- Freundliche Hinweise zu den Einweihungs- und Jubiläumsfeierlichkeiten von Herrn Roland Klinger, Niederkassel, 2022.
- Kölnische Zeitung mit Wirtschafts- und Handelsblatt, Ausgabe von Donnerstag, 09.08.1860.
- Bonner Tageblatt, Ausgabe von Donnerstag, 16.07.1885.
- General-Anzeiger, Ausgaben von Freitag, 19.08.1910, Samstag, 20.08.1910 und Samstag, 10.07.1920.
Internet
www.kopernikus-gymnasium.de: „Gewalt beendet keine Geschichte“ – Ein Projekt von Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern des Städtischen Kopernikus-Gymnasiums in Niederkassel (abgerufen 21.08.2012)
de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmäler in Niederkassel (abgerufen 21.08.2012)
www.roland-klinger.de: Judengemeinde in Mondorf (abgerufen 22.11.2022)