Das Haus Poppelsdorfer Allee 108 zählt, wie die meisten Bürgerhäuser in der Bonner Südstadt, zu der geschlossenen Zeilenbebauung mit Einfamilienhäusern und befindet sich von Bonn aus kommend auf der rechten Seite der Poppelsdorfer Allee. In Höhe der Hausnummer 108 knickt der gerade Straßenverlauf ab und erweitert sich zu der halbkreisförmigen Anlage vor dem Poppelsdorfer Schloss. Die Besonderheit des Hauses liegt darin, dass es sich um einen „nahezu unverändert gebliebenen bürgerlichen Wohnbau des 19. Jahrhunderts“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 20) handelt. Man nimmt an, dass es sich bei dem vor 1870 erbaute Haus um ein „Hochzeitsgeschenk für den Rittermeister der Königshusaren Paul Mühlenberg“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 21) handelt. Mühlenberg gehörte 1866 zum Königs-Husaren-Regiment Nr. 7 und ist dort 1889 zum Major aufgestiegen. Das Haus könnte somit ein Spiegelbild eines „aufstrebenden preußischen Offiziers aus ursprünglich bürgerlichem, aber wohlhabendem Hintergrund“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 24) sein, welches besonders im Repräsentationsbedarf und Lebensstil erkennbar wäre: Für einen angemessenen Empfang verfügte das Haus über eine Toreinfahrt an der Meckenheimer Allee und eine Toreinfahrt an der Poppelsdorfer Allee. Die dadurch begründete Unterbrechung der Häuserzeile verlieh damals dem Gebäude eine besondere Lagebedeutung innerhalb der Poppelsdorfer Allee. Pferde und Wagen konnten in einem Remisengebäude mit angrenzendem Stall untergebracht werden. 1925 wurde dieses Gebäude abgerissen. Zur damaligen Zeit wurden die Gärten für das private Leben von der Öffentlichkeit ferngehalten und hatten demnach kaum Gemeinsamkeiten mit dem Repräsentationsbedarf der Hausfassade. Im Innern des Hauses war die Raumaufteilung meist entsprechend der Gesellschaftsordnung und den „Gepflogenheiten der Zeit“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 35) bereits festgelegt. Das Parterre war auch hier für repräsentative Zwecke ausgelegt. Küche und sonstige Versorgungsräume befanden sich dagegen im Souterrain. Die familiären Wohnräume mit - so vermutet man - einem Schlafzimmer waren im ersten Obergeschoss, die Schlafzimmer der Kinder im zweiten Obergeschoss. Hausangestellte wurden in den Kammern mit Dachschrägen einquartiert. Die gesamte Inneneinrichtung wurde im Allgemeinen in erdigen und dunklen Farben gehalten.
Das Haus und seine Geschichte Während ganz Bonn vom Ersten Weltkrieg in erster Linie kaum was mitbekommen hatte, spürten das Haus in der Poppelsdorfer Allee und seine Besitzer die Folgen des Krieges. So wurden deutsche Truppen infolge des Rückzugs Ende 1918 im Haus einquartiert. Britische bzw. Kanadische Besatzungstruppen beschlagnahmten ab Dezember 1918 Pferdestall und Kutscherwohnung im Garten und versuchten vergeblich im Empfangsbereich eine Offiziersmesse einzurichten. Zwischen 1920 und 1926 kam es zur französischen Rheinlandbesetzung, vor der die Nachbarschaft warnte und man so das Parterre mit den hässlichsten Möbeln ausstatten und zu Vorlesungsräumen umgestalten konnte. Der französischen Beschlagnahmungskommission war unter der Begründung, dass man Ruhe für das wissenschaftliche Arbeiten in den Räumen benötigte, nur eine Beschlagnahmung des Remisengäude möglich. 1936 wurde das Haus umgebaut: Alle Geschosse erhielten Bäder, das 1. und 2. Obergeschoss jeweils Küchen. Der Zweite Weltkrieg hinterließ durch Bombenangriffe lediglich Risse in Decken und Wänden. Im Oktober 1944 traf eine Brandbombe das zweite Obergeschoss, dessen Brand jedoch rasch gelöscht werden konnte. Ein derber Rückschlag hingegen war die Plünderung von Hausrat und Mobiliar durch die Nachbarschaft, diese konnten jedoch schnell wiederbeschafft werden. Bis zum Jahr 1900 besaß das Haus die Hausnummer 92. 1965 erlebte das Haus eine letzte tiefgreifende, moderne Umgestaltung der Innenräume: Man strich alle Zimmer in hellen Farbtönen und passte somit „das Raumbild dem modernen Wohngeschmack des hellen, großzügigen ‚Altbaus‘“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 31) an. 1994 erfolgten Restaurierungsarbeiten der Fassade, welche 1995 „anlässlich des Fassadenwettbewerbs der Stadt und der Sparkasse Bonn“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 31) prämiert wurde.
Das Haus im Besitz der Pfennigsdorfs Die Eltern des Stifters, der an die Bonner Universität berufene Theologieprofessor Emil Pfennigsdorf und seine zweite Ehefrau Erika (geb. Otte), kauften das Haus 1917. Dr. Udo Pfennigsdorf, Sohn und Stifter, wurde während des Zweiten Weltkrieges als Soldat eingezogen. Seine Eltern flohen Ende September 1944 in die Lazarettstadt Bad Pyrmont und kehrten August 1945 zurück. Der Sohn kam im Oktober desselben Jahres aus der russischen Kriegsgefangenschaft frei und nahm ein Jahr später seine Tätigkeit als Rechtsanwalt wieder auf. Er nutzte diesbezüglich das Erdgeschoss als Wohn- und Kanzleiräume. Nach dem Tod seines Vaters Emil am 8. April 1952 und seiner Mutter Erika am 17. Juni 1954 wurde das Haus auf Udo Pfennigsdorf überschrieben. Das Erdgeschoss wurde nun komplett als Anwaltskanzlei eingerichtet, das erste Obergeschoss diente als Wohnetage und die zwei Zimmer im Dachgeschoss wurden an Studenten vermietet. Am 3. Dezember 1989 verstarb auch Udo Pfennigsdorf. Im Grundbuch ist seit dem 8. Juni 1993 die aus seinem Nachlass begründete Stiftung eingetragen.
Die Stiftung Pfennigsdorf Es handelt sich hierbei um eine gemeinnützige Stiftung für eine „exemplarische Erhaltung des Hauses in der Poppelsdorfer Allee 108 für die Nachwelt“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 31), deren Satzung am 9. April 1992 vom Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen genehmigt wurde. 1991 folgte die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt Bonn. Die Denkmalbehörde begründete die Denkmaleigenschaften (gem. § 2 DSchG NW) folgendermaßen: „… Neben dem äußeren Erscheinungsbild ist auch die innere Raumaufteilung und Ausstattung der Häuser von Bedeutung, da sie Zeugnisse über die Wohnverhältnisse und –kultur ihrer Entstehungszeit ablegt. Das Gebäude ist folglich als Ganzes ein sozio-kulturelles Dokument der zeitgenössischen Lebensverhältnisse. An der Erhaltung und Nutzung des in spätklassizistischen Formen erbauten Gebäudes besteht aus wissenschaftlichen (siedlungs-, stadt- und architekturgeschichtlichen) Gründen ein öffentliches Interesse“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 50). Die Satzung der Stiftung benennt im Wesentlichen das Anliegen des Stifters Dr. Udo Pfennigsdorf: „… das unter Denkmalschutz stehende eingerichtete Bürgerhaus mit Tradition in Bonn, Poppelsdorfer Allee 108, ist für die Nachwelt zu erhalten“ (Stiftung Pfennigsdorf Bonn 1998, S. 50 f.). Man vervollständigte und ergänzte die Inneneinrichtung mit „antikem deutschen Mobiliar“ und älteren Landschaftsbildern. Am Tag des offenen Denkmals 1995 öffnete die Poppelsdorfer Allee 108 erstmals der Öffentlichkeit ihre Türen.
„In den ersten Jahren nach Stiftungsgründung hatte das Landesmuseum einige Veranstaltungen im Hause. Heute haben wir eigene, aber hauptsächlich Veranstaltungen mit unserem Kooperationspartner, der Friedrich-Spee-Akademie in Bonn. Seit dem Ausscheiden der ersten Geschäftsführerin 2009 fokussieren wir unsere Arbeit auch auf die kulturelle Förderung von Jugendlichen, die aus sozial schwachen Verhältnissen kommen. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich.“ (Manfred Lohmann, Geschäftsführer der Stiftung Pfennigsdorf, Interview vom 18. Januar 2012 )
Das Objekt „Poppelsdorfer Allee 108“ in Bonn, Poppelsdorfer Allee 108, ist ein eingetragenes Denkmal (Denkmalliste Bonn, Stand 01. August 2006, Nr. A 2143).
(Jessica Engel, Geographisches Institut der Universität Bonn, 2012)
Alt, Wolfgang; Faber, Heribert; Uessem, Helmut / Förderverein Poppelsdorfer Geschichte e.V. (Hrsg.) (2002)
Spurensuche in Poppelsdorf. Die kurfürstliche Zeit. Ein Führer zu kulturhistorischen Rundgängen. Bonn.
Dehio, Georg (1967)
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Dollen, Busso von der (1979)
Bonn-Poppelsdorf. Die Entwicklung der Bebauung eines Bonner Vorortes in Karte und Bild (bis zur Sanierung). (Arbeitshefte des Landeskonservators Rheinland, 31.) Köln.
Dollen, Busso von der (1978)
Vorortbildung und Residenzfunktion. Eine Studie zu den vorindustriellen Stadt-Umland Beziehungen. Bonn.
Stadt Bonn, Amt 61-02, Untere Denkmalbehörde (Hrsg.) (2006)
Liste der gem. § 3 DSchG NW in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmäler, Bodendenkmäler, beweglichen Denkmäler und Denkmalbereiche der Stadt Bonn (Stand: 01.08.2006). S. 44, Bonn.
Stiftung Pfennigsdorf Bonn (Hrsg.) (1998)
Das Haus Poppelsdorfer Allee 108 und die Stiftung Pfennigsdorf. Bonn.
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