Das im Jahr 1841 in Essen von Simon Hirschland gegründete und nach ihm benannte Bankhaus war vor der Zeit des Nationalsozialismus eine der führenden deutschen Privatbanken. Das Geldinstitut residierte seit 1910/1911 im Essener Bankenviertel in einem repräsentativen Neubau, bevor 1938 die angeblich „freiwillige Geschäftsaufgabe“ und „freundschaftliche Arisierung“ erfolgte.
Die Familie Hirschland Die seit 1815 in Essen lebende jüdische Familie Hirschland war im 19. Jahrhundert in der Essener Stadtpolitik aktiv: Der Arzt Moses Hirschland (1810-1888) war Ratsherr und Simon Hirschland (1807-1885) Stadtverordneter und langjähriger Vorsteher der jüdischen Gemeinde. Er unterstützte maßgeblich den Neubau der Essener Synagoge an der Steeler Straße (hier: der 1870 errichtete Vorgängerbau). Die 1885 eingerichtete Gruft der Familie Hirschland liegt auf dem Judenfriedhof Segeroth am Assmannweg in Essen-Nordviertel. Sie war dort die erste Grabstelle und wird bis heute genutzt.
Das Bankhaus Hirschland Das von Simon Hirschland 1841 in Essen gegründete Handels- und Bankgeschäft hätte „kaum an einem günstigeren Ort und zu einem günstigeren Zeitpunkt (…) entstehen können“, als im seinerzeitigen Zentrum der Industrialisierung des Ruhrgebiets (deutsche-biographie.de). Spezialität des Hauses war „die Finanzierung der Rheinisch-Westfälischen Großindustrie, aber auch das Emissions- und internationale Geschäft“ (Schilling 1963, S. 445). Zu den bedeutenden Kunden Hirschlands als Finanzier des Bergbaus zählten unter anderen die bedeutenden Pioniere der Ruhrindustrie Johann Dinnendahl (1780-1849), Wilhelm Grillo (1819-1889), Franz Haniel (1779-1868), Alfred Krupp (1812-1887) und Mathias Stinnes (1790-1845).
Bis zur Zeit des Nationalsozialismus entwickelte sich das Geldinstitut zu einer der führenden deutschen Privatbanken. Die Bilanzsumme betrug noch 1937 – seinerzeit unter der Leitung der Söhne des Gründers, Kurt Martin Hirschland (1882-1957) und Georg Hirschland (1885-1942) – beachtliche 84 Millionen Reichsmark. Das in der NS-Zeit zunehmend unter Druck geratene Bankhaus Hirschland wurde schließlich im Spätsommer 1938 unter großen Verlusten an das Essener Bankhaus Burkhardt & Co. verkauft. Diese angeblich „freiwillige Geschäftsaufgabe“ und „freundschaftliche Arisierung“ erfolgte „unter maßgeblicher Beteiligung der Deutschen Bank“, die jedoch nicht direkt als Erwerber auftrat (Köhler 2005, S. 256 und 374-380). Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielten die überlebenden, teils noch im gleichen Jahr, 1938, emigrierten Familienmitglieder Zahlungen zur Wiedergutmachung. Man verzichtete aber darauf, dem inzwischen in eine Kapitalgesellschaft umgewandelten Bankhaus seinen alten Namen zurückzugeben.
Das Bankgebäude Das Bankhaus Simon Hirschland residierte seit 1910/1911 in einem repräsentativen Neubau im Essener Bankenviertel, der auf Planungen des deutschen Architekten Carl Moritz (1863-1944) zurückgeht. Der dreigeschossige, völlig mit Werkstein verkleidete Mansardbau verfügt über ein frei liegendes Sockelgeschoss mit Gesims. Sieben Fensterachsen sind durch kannelierte Pilaster gegliedert (d.h. mit Furchen versehene pfeilerartige Formelemente), die Fenster selbst über mehrfach abgestufte Felder (vgl. gdit.essen.de und ruhr-bauten.de, einzig wikipedia.org datiert den Bau auf das Jahr 1913). Nach verschiedenen Besitzerwechseln ist das Gebäude heute ein Geschäftshaus der Warenhauskette Galeria Kaufhof.
Baudenkmal Das Objekt „Ehem. Bankhaus Simon Hirschland (An der Reichsbank 8 / Lindenallee, Flur 74, Flurstück 156)“ ist ein eingetragenes Baudenkmal (Stadt Essen, Untere Denkmalbehörde, laufende Nr. 762, Eintragung vom 25.06.1992, Änderung am 23.09.1998). Der Schutzumfang des Denkmals ist beschränkt auf die straßenseitige Fassade mit der entsprechenden Dachfläche (gdit.essen.de).
Internet gdit.essen.de: Ehem. Bankhaus Simon Hirschland, Denkmalliste Stadt Essen, lfd. Nr. 762 (PDF-Datei, 230 kB, abgerufen 12.06.2015) www.ruhr-bauten.de: Galeria Kaufhof Essen, Erweiterungsbau (ehemalig: Bankhaus Simon Hirschland) (abgerufen 12.06.2015) www.deutsche-biographie.de: Simon Hirschland (abgerufen 12.06.2015) de.wikipedia.org: Carl Moritz (abgerufen 12.06.2015)
Literatur
Köhler, Ingo (2005)
Die „Arisierung“ der Privatbanken im Dritten Reich: Verdrängung, Ausschaltung und die Frage der Wiedergutmachung. (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 14; zugl. Dissertation Universität Bochum 2003.) München.
Schilling, Konrad / Stadt Köln (Hrsg.) (1963)
Monumenta Judaica: 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein, Band 1: Handbuch (Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum, 15.10.1963-15.03.1964). (Beiträge zu einer Geschichte der Juden in Deutschland.) Köln.
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