Ursprünglich besaß das Rathaus ein hohes, steiles Dach mit einem Zinnenkranz, der sowohl zur Befestigung als auch zur Dachentwässerung diente. Aufgrund von Schäden an der Bleiverkleidung wurde dieser jedoch 1699 entfernt, und das Dach wurde verlängert. 1779 ließ der Bonner Hofbaumeister Johann Heinrich Roth das hohe Dach durch ein Mansarddach ersetzen und fügte das heute noch sichtbare barocke Türmchen hinzu. Die Räume im Obergeschoss konnten noch bis Anfang des 19. Jahrhunderts nur durch eine Außentreppe an der Vorderseite des Rathauses erreicht werden. 1833 wurde der baufällige Aufgang abgebrochen und ein Treppenhaus im Innern errichtet. Hier beeindruckt heute ein historisches Uhrwerk aus der ehemaligen Ratskapelle von 1737 die Besucher.
Das Erdgeschoss bestand ursprünglich aus einer offenen Halle mit drei Stützen, die für öffentliche Versammlungen, den Tuchhandel und verschiedene Werkstätten genutzt wurde. Die Wollenweber richteten hier 1589 eine Hängestube ein, die später als Wollkammer bekannt wurde, während 1642 eine Wachstube eingerichtet wurde. Das Obergeschoss war dem Rat vorbehalten und beherbergte die Große Ratsstube, die Schöffenstube sowie weitere Verwaltungsräume.
Bis zum Kölnischen Krieg (1583–1588) diente das Gebäude als Festhaus, in dem neben Ratsversammlungen auch Theateraufführungen, Bankette und Schießspiele stattfanden. Die Bezeichnung „Rathaus“ setzte sich erst ab dem 16. Jahrhundert durch, da es vorher sehr wahrscheinlich ein eigenständiges Rathaus auf dem Kirchhof gab. Dieses wurde mit der Zeit aufgegeben, und die Funktion ging vollständig auf das heutige Rathaus über.
Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich die Nutzung der Räumlichkeiten mehrfach. Ab 1818 war in einem Teil des Obergeschosses die Stadtschule eingerichtet, andere Räumlichkeiten dienten als Gerichtssaal. Nach 1879 wurden freigewordene Zimmer für den Unterricht der katholischen und israelitischen Elementarschule verwendet. Erst 1915, nach dem Bau neuer Schulgebäude, übernahm die Stadtverwaltung das Obergeschoss vollständig. Im linken Teil der Halle im Erdgeschoss war bis 1927 die Feuerwehr untergebracht, danach unter anderem das Polizeiamt mit Gefängniszellen. 1961/62 entstand hier der Sitzungssaal, während der ehemalige Pferdestall in der rechten Seite des Ergeschosses später als städtisches Verkehrsamt, heute TouristInformation, genutzt wurde. Das Linzer Rathaus ist eines der älteste Gebäude in Rheinland-Pfalz, das noch seinem ursprünglichen Zweck dient. Eine besondere Attraktion ist das 1984 eingeweihte Glockenspiel im Turm, dessen mit 23 Glocken täglich dreimal um 12:15 Uhr, 15:15 Uhr und um 18:15 Uhr erklingen.
(Andrea Rönz, Stadtarchiv Linz am Rhein, 2025)
Internet
rheinland360.de: Virtueller Rundgang durch das Linzer Rathaus (abgerufen 17.2.2025)