Stadtbefestigung Rheinberg

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Rheinberg
Kreis(e): Wesel
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 32′ 36,03″ N: 6° 36′ 19,34″ O 51,54334°N: 6,60537°O
Koordinate UTM 32.333.951,02 m: 5.712.967,30 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.542.040,51 m: 5.712.268,51 m
  • Bearbeiteter Scan einer Faksimile-Ausgabe der "Buckerschen Karte" des Kartographen Johann Bucker aus dem Jahr 1713: Der Rhein zwischen Dinslaken und Rheinberg.

    Bearbeiteter Scan einer Faksimile-Ausgabe der "Buckerschen Karte" des Kartographen Johann Bucker aus dem Jahr 1713: Der Rhein zwischen Dinslaken und Rheinberg.

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    Johann Bucker
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In Rheinberg sind zwei Stadtbefestigungen zu unterscheiden: die mittelalterliche Stadtbefestigung vom 13.-15. Jahrhundert und der neuzeitliche Festungsausbau im 16. Jahrhundert.

Rheinberger Stadtbefestigungen
Mittelalterliche Befestigung
Neuzeitliche Befestigung

Rheinberger Stadtbefestigungen
Der einzige obertägige Rest der mittelalterlichen Stadtbefestigung ist der so genannte Pulverturm, bzw. ehemalige Zollturm. Die Ruine hat heute noch eine Höhe von 7,20 Metern und einen Durchmesser von 16,70 Metern. Das Baumaterial besteht aus Basaltsteinen von ca. 40 Zentimetern Seitenlänge und Tuffsteinen. Das Sockelgesims ist mit Granitsteinen gestaltet. Weitere obertägige Befunde der mittelalterlichen Befestigung des 13.-15. Jahrhunderts sind nicht mehr erhalten, sondern lediglich indirekt ablesbar, wobei die Gräben und der Straßenverlauf sehr stark von der späteren Ausbauphase geprägt sind.

Bauliche Reste der neuzeitlichen Bastionen, Toranlagen, Vorwerke, Ravelins sind nach der Schleifung der Festung 1715 nicht mehr vorhanden. Obertägig erhalten geblieben sind lediglich die ehemaligen Wälle im Nordwesten, Westen, Südwesten und Süden der Stadt, die heute als parkähnlicher Grüngürtel, bestehend aus verfüllten ehemaligen Gräben und beidseitigen Straßen, gestaltet sind. Im Osten an der Flussseite haben sich Reste der Erdwerke des 16. Jahrhunderts erhalten, an der Nordost-Südost-Ecke vorgelagerte Bastionen. Somit handelt es sich obertägig um Geländespuren im Mikrorelief.

Der Bereich der ehemaligen Stadtbefestigung ist am 18.12.1984 als Bodendenkmal ausgewiesen worden (WES 41). Befundbeobachtungen zweier Toranlagen fanden 1991 und 1992 statt.
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Mittelalterliche Befestigung
Nach der Verleihung der Stadtrechte 1233 wurde zunächst eine hölzerne Befestigung unbekannten Umfangs errichtet. Ende des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der steinernen Stadtmauer begonnen. Zwischen ca. 1290 und 1356 wurde, nach den urkundlichen Bestätigungen von Einnahmen für deren Bau, diese Ringmauer errichtet. An exponierten Standorten im Nordosten ließ 1293 der Erzbischof von Köln eine Burg und einen Zollturm errichten.

Als Dank für die Unterstützung der Bürger bei der Schlacht von Worringen 1288 gewährte Erzbischof Siegfried von Westerburg der Stadt Zollrechte (Akzise, Zolleinnahmen am Rhein für die Stadtbefestigung). Zum Schutz dieser Zollstätte ließ er 1292 das kurfürstliche Schloss und den Zollturm an der Nordost-Ecke der Stadt errichten. Der ehemals 35 m hohe und mit 4 m mächtigen Mauern zwischen 1292-1298 errichtete Zollturm, der die Stadtsilhouette im Mittelalter beherrschte, wurde später 1598 durch eine Explosion im Pulverlager zerstört. Der Zoll- beziehungsweise Pulverturm ist obertägig östlich der Straßen Alte Rheinstraße/-Innenwall noch sichtbar. Er bildete im Mittelalter das nördliche Rheinbollwerk des Kölner Gebietes und ist mit dem Weißen Turm in Andernach als südlichstem Turm ein wichtiges Relikt administrativer Funktion im Erzbistum Köln.
Das Casseltor ist 1356 als zunächst letzte Baumaßnahme fertiggestellt worden. Der Mauerbau war damit Mitte des 14. Jahrhunderts abgeschlossen, die ersten Quellenbelege zu Toren stammen aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Weiterhin wurden Stadtgräben, 1356 fossata genannt, ausgehoben, diese folgten den Hochwasserlinien zwischen Altrhein, Jennekes Gatt, Niepgraben und Moersbach. Im gesamten 14. Jahrhundert erfolgten weitere Ausbauarbeiten.

Der Rheinische Städteatlas gibt folgende urkundliche Nennungen der Stadttore und Pforten mit neuzeitlicher Namennennung an (Andernach 1982, S. 3):

  1. 1295 – porta opidid Berke versus monasterium Campense,
  2. 1322 - porta dicta Kasselpoirt = Orsoyer Tor,
  3. 1338 - porta Xanctensis = Rheintor,
  4. 1348 - porta Luyt = Geldertor,
  5. 1352 - porta Rheni = altes Rheintor.

Damit sind vier mittelalterliche Stadttore und eine Pforte identifizierbar, die bereits Mitte des 14. Jahrhunderts urkundlich genannt sind. Das letztgenannte alte Rheintor wurde 1598 bei der Explosion des Pulverturms zerstört und nicht mehr aufgebaut (Andernach 1982, S. 3). Im 18. Jahrhundert werden sämtliche Tore als baufällig beschrieben und 1777 abgerissen (Wittrup 1979, S. 11), deren letzte obertägige Reste Ende des 18. Jahrhunderts verschwunden sind. Mit untertägigen Befunden der Stadttore muss jedoch noch gerechnet werden, auch wenn im steinarmen Niederrheingebiet bis zu den Fundamenten das wertvolle Baumaterial Basaltgestein entfernt und wiederverwendet worden ist. Von der ehemaligen mittelalterlichen Stadtbefestigung sind lediglich die Wälle erhalten geblieben sowie die Turmruine des Zollturms.
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Neuzeitliche Befestigung
Entscheidend war der Umbau der mittelalterlichen Stadtbefestigung zu einer frühneuzeitlichen Festung durch den Kommandanten Schenk von Nideggen seit 1555. Hierbei wurde das Festungssystem um einen Ring von 9 Bastionen und 10 Ravelins mit doppelten Gräben erweitert. Weitere Festungsausbauten, Verschanzungen, Ravelins und Bastionen erfolgten in verschiedenen Ausbauten im 16.-17. Jahrhundert.

Rheinberg wurde in der Frühen Neuzeit als Festung ausgebaut und war militärisch von Bedeutung, so dass es zwischen 1583 bis 1703 insgesamt 15 Belagerungen und Eroberungen erfuhr. Hierbei erlebte Rheinberg spanische, französische, niederländische und preußische Besetzungen. Die vielen gut erhaltenen historischen frühneuzeitlichen Stadtansichten geben das für die Phase typische Festungssystem nach italienischem und niederländischem Vorbild wieder.
1585 begannen die Arbeiten zur Anlage eines zweiten Grabens und eines Rings von Bastionen und Vorwerken. Die mittelalterlichen Anlagen wurden durch die spanische Besatzung verstärkt, zwischen den Gräben auf dem Außenwall neue Erdwerke aufgeschüttet und flankenschützende Bastionen gebaut.

Unklar ist die ursprüngliche Bedeutung des 200 m südwestlich von der Stadtmauer gelegenen „Spanische Vallan“, vermutlich ein Wachturm für die Beobachtung der Gebiete westlich und südlich der Stadt. Es handelt sich hierbei um einen 8 m hohen sechseckigen Turm. Archäologisch wurde hier ein nicht datierbares Massengrab festgestellt.
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(Klaus-Dieter Kleefeld, LVR-Redaktion KuLaDig, 2014)

Literatur

Andernach, Norbert (1982)
Rheinberg. (Rheinischer Städteatlas, Lieferung VII, Nr. 40.) Köln.
Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Hohmann, Karl-Heinz (1967)
Stadt Rheinberg. (Rheinische Kunststätten, Heft 1/2.) Neuss.
Wittrup, Alois (1979)
Aus Rheinberg vergangenen Tagen. Rheinberg (3. Auflage).

Stadtbefestigung Rheinberg

Schlagwörter
Ort
47495 Rheinberg
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Bodendenkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1356 bis 1555

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„Stadtbefestigung Rheinberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-110577-20141222-3 (Abgerufen: 27. April 2024)
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