In den folgenden Jahren fiel die Obstwiese völlig brach und eine Pflege der Obstbäume unterblieb bis 2018, als die NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln die Betreuung übernahm. Zu den ersten Arbeiten, die durchgeführt wurden, gehörte eine Auflichtung des Waldrands und die Entnahme von Wildgehölzen auf der Fläche. Danach wurde die ursprünglich nach Norden hin offene Obstwiese wieder mit der Wiesenfläche Richtung Wanderweg und Parkplatz verbunden, indem ein schmaler Gehölzriegel gerodet wurde. Auf der nun deutlich größeren Obstwiese wurden in den Folgejahren neue Obstgehölze gepflanzt, vor allem Apfelbäume. Am nördlichen Flächenrand, direkt am Wanderweg, wurde eine Reihe von regionaltypischen Apfelsorten des Rheinlands, wie etwa Uhlhorns Augustkalvill, Schöner aus Burscheid oder Gelbe Schafsnase, gepflanzt. Aufgrund der sehr schlechten Bodenverhältnisse vor Ort, die das Wachstum von traditionellen Obstarten wie Apfel oder Kirsche unter Klimawandelbedingungen zunehmend einschränken, wurden in den letzten Jahren zudem versuchsweise auch einige Aprikosen und Mandelbäume gepflanzt.
Vorhandenes Sortenspektrum (noch nicht vollständig verifiziert, Stand Frühjahr 2025):
Apfel: Bergischer Herrenapfel, Bödikers Goldreinette, Charlamowsky, Degeers Reinette, Eifeler Rambour, Früher Victoria, Gelbe Schafsnase, Generalsgeschenk-AN, Große Casseler Reinette, Jansen von Welten, Nathusius Taubenapfel, Roter Böhmischer Jungfernapfel, Schöner aus Burscheid, Schöner aus Haseldorf, Schöner aus Nordhausen, Steirischer Maschanzker, Uhlhorns Augustkalvill, Wachendorfer Reinette, Zuccalmaglio-Reinette
Pflaume: Feys Gelbe Hauszwetsche
Aprikosen: Früher von Leilek 2, Kaunas, Klosterneuburger Marille, Mombacher Frühe, Orangenaprikose Barth, Schafbergmarille, Schneeleopard, Vinschgauer
Weitere Obstarten auf der Fläche: Birne, Kirsche, Quitte, Mandel
Geschichte der Obstnutzung
Der Beginn der Obstnutzung liegt weit zurück. In um die 4.000 Jahre alten Siedlungen am Bodensee wurden Überreste von Holzapfel und Holzbirne gefunden, Wildformen, die geschmacklich weit von den Kulturäpfeln, die wir heute kennen, entfernt sind. Sie waren holzig und bitter. Diese Kulturformen von Apfel und Birne kommen aus dem Orient. Von dort gelangten sie vor allem durch die Griechen und Römer nach Südeuropa. Mit dem Untergang des römischen Reiches ist auch viel Wissen über den Obstbau verloren gegangen. Trotzdem gab es auch im Mittelalter Obstgärten. Wie so vieles zu dieser Zeit, wurde auch das Wissen über den Obstbau vor allem in Klöstern bewahrt und von Generation zu Generation weitergegeben. Als die Städte weiter wuchsen, begannen die Menschen dann Streuobstwiesen in und um die Städte herum anzulegen und nutzten das Obst zur Selbstversorgung.
Am stärksten war der Streuobstbau in Deutschland zwischen 1930 und 1955 verbreitet. Mit dem Aufkommen des Erwerbsobstbaus Ende des 19. Jahrhunderts begannen ein immer stärker werdender Sortenrückgang und der Verlust von hochstämmigen Obstbäumen. Zum einen wurde empfohlen, nur noch wenige „Standard-Sorten” anzubauen. Zum anderen wurden staatliche Abholzungsprämien für die restlichen “unwerteren Sorten” gezahlt. Waren es in der Hochzeit des Streuobstbaus rund 1,5 Millionen Hektar allein in Deutschland, ist der Bestand an Obstbäumen inzwischen um fast drei Viertel zurückgegangen. Obst wird immer weniger selbst produziert, stammt aus Plantagenanbau und wird immer häufiger aus fernen Erdteilen importiert. Die zum Teil extrem weiten Transportwege (zum Beispiel aus Chile oder Argentinien) schädigen das Klima.
Bedeutung von Streuobstwiesen
Heutzutage haben die verbliebenen Streuobstwiesen eine wesentlich geringere Bedeutung für die Bevölkerung als dies früher der Fall war. In erster Linie stellen sie keinen Lebensmittelvorrat sondern einen Lebensraum dar. Viele Arten haben sich im Laufe der Jahre auf den Lebensraum Streuobstwiese eingestellt und sich angepasst. Als Lebensraum ist die Streuobstwiese so wichtig und zugleich aber auch so selten, dass sie auf der Roten Liste steht, als einer der artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas. Ein hochstämmiger Obstbaum bietet auf mehreren Stockwerken Lebensraum für viele seltene Vögel, Kleinsäuger und Insekten, wie u.a. den Steinkauz, Grün- und Buntspecht, Siebenschläfer und Fledermäuse. Damit haben der Schutz und die Pflege der Streuobstwiesen eine hohe kulturelle Bedeutung für die Region, aber auch eine hohe wissenschaftliche Bedeutung für den Erhalt der biologischen und genetischen Vielfalt.
(Hannah Brüggemann, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln, 2014; Dr. Volker Unterladstetter, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln, 2025)
Quellen
Persönliche Gespräche mit Herrn Ulrich Brandenburg über die Streuobstwiesen im äußeren Grüngürtel am 07.08.2014 und mit Herrn Klaus Simon über das Pflege- und Entwicklungskonzept der 80er Jahre für den Nüssenberger Busch am 07.08.2014.
Internet
praxistipps.lbv.de: Geschichte der Streuobstwiese (abgerufen 18.08.2014)
www.nabu-naturschutzstation-muensterland.de: Geschichte der Streuobstwiesen (abgerufen 18.08.2014)