Stadtbefestigung von Bacharach

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Bacharach
Kreis(e): Mainz-Bingen
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 03′ 35,28″ N: 7° 46′ 9,1″ O 50,0598°N: 7,7692°O
Koordinate UTM 32.411.902,47 m: 5.546.005,08 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.411.942,36 m: 5.547.784,02 m
  • Kupferstich mit einer Stadtansicht von Bacharach von Matthäus Merian aus dem Jahre 1645

    Kupferstich mit einer Stadtansicht von Bacharach von Matthäus Merian aus dem Jahre 1645

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    Aus: Topographia Palatinatus Rheni et Vicinarum Regionum, gemeinfrei
    Fotograf/Urheber:
    Matthäus Merian
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  • Kupferstich der Stadtbefestigung von Bacharach mit der Burg Stahleck, gestochen von Jan van Call (1694-1697)

    Kupferstich der Stadtbefestigung von Bacharach mit der Burg Stahleck, gestochen von Jan van Call (1694-1697)

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    Wikimedia-Commons, gemeinfrei
    Fotograf/Urheber:
    Jan van Call
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  • Kolorierte Stadtansicht von Bacharach mit der Stadtbefestigung und der Burg Stahleck nach einem Kupferstich von Jan van Call (17. Jh.)

    Kolorierte Stadtansicht von Bacharach mit der Stadtbefestigung und der Burg Stahleck nach einem Kupferstich von Jan van Call (17. Jh.)

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    Rijksmuseum Amsterdam
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    unbekannt
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Die Stadtbefestigung in Bacharach stammt aus gotischer Zeit und wurde vermutlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (nach 1354/1356) erbaut. Die Gesamtanlage ist das Ergebnis weitgehend einheitlicher Planung und konsequenter Durchführung. Zu ihr gehören unter anderem die Ringmauer mit ursprünglich 16 Türmen, darunter sechs Stadttore, von denen noch heute viele erhalten sind. Die Stadtbefestigung in Bacharach ist neben der im älteren Oberwesel die einzige größtenteils unzerstörte mittelalterliche Stadtbefestigung im Mittelrhein, weshalb sie als ein wehrbaugeschichtliches Dokument höchsten Ranges gilt.

Grundriss und Verlauf der Stadtbefestigung
Material, Beschaffenheit und Erhaltung
Die Türme und Tore
Geschichte
Kulturdenkmal
Internet

Grundriss und Verlauf der Stadtbefestigung
Der Grundriss orientierte sich an der Ausrichtung der Stadt auf das Rheinufer, an der Lage der Burg und an dem oft sehr steilen Terrain. Darüber hinaus spielten die spezifischen strategischen Erfordernisse an der Einmündung des Steeger Tals in das Rheintal eine entscheidende Rolle. Die Stadtmauer verläuft im Osten parallel zum Rhein und knickt hier an den Enden jeweils rechtwinklig ab, um bis zur Hauptverkehrsachse (Ober-/Koblenzer Straße) zu ziehen. Nur in diesen kurzen Abschnitten erlaubte das Gelände breite Wehrgräben. Im Westen umgreift sie, wenn auch mit einigen Brechungen, halbkreisähnlich die Ortslage einschließlich des unbebauten Geländes an den Hängen von Schloss- und Voigtsberg.

Material, Beschaffenheit und Erhaltung
Das Baumaterial ist im Wesentlichen heimischer Schieferbruchstein. Die Mauer am Rhein besitzt zum Schutz gegen Hochwasser und Eisgang eine Stärke von etwa drei Metern. Die Stadtmauerkrone und der Wehrgang sind in den steilsten Lagen abgetreppt, was besonders an der Nordflanke anschaulich erhalten ist. Die Abschnitte mit Wehrgang finden sich sonst am Steeger Tor. An der Rheinfront ist dieser nur beim Haus in der Langstraße 12 in voller Höhe mit schlitzförmigen Schießscharten intakt geblieben. Zwischen Steeger Tor und Spitzenturm ist die Ringmauer teils auf Weinbergsmauern reduziert. Zwischen Münz- und Diebsturm, von dort bis zur Koblenzer Straße in den Jahren 1857/59, sowie beim Liebesturm, wurde sie großteils niedergelegt. In einem Abschnitt beim Haus in der Mainzer Straße 3 ist eine auffällige, versteckte Bogennische erkennbar, die vermutlich auf die ehemalige Pforte hinweist. Nur vor der Südflanke, zwischen Zoll- und Hutturm, war vermutlich ein Zwinger vorgelegt. Die Maueranschlüsse an die Burg erfolgten im Süden etwa auf der Höhe des Palas, im Norden beim Torzwinger des Stadtaufgangs. Der gut bewahrte Abschnitt am Steeger Tor mit gedecktem Wehrgang wird seit dem Jahr 1982 durch die Errichtung eines überdimensionierten Hotelgebäudes beeinträchtigt.
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Die Türme und Tore
Auf dem Mauerverlauf verteilen sich in nahezu regelmäßigen Abständen 16 Türme, darunter sechs Stadttore. Bis auf die Ecktürme handelt es sich um Schalentürme, hinzu kommen einige Wehrerker. Die Merianansicht (siehe Bild in der Mediengalerie) zeigt steile Turmhelme über Ecktürmchen. Bei der großen Restaurierung erhielten die meisten Türme neue Schieferhelme und wurden nach dem Vorbild des Steeger Tors maßvoll ausgebaut. Die Stadtmauerecktürme am Rheinufer waren mächtige Rundtürme. Der Zollturm wurde im Jahr 1689 gesprengt, und seine Reste wurden daraufhin in den Jahren 1857 bis 1859 abgetragen. Der Diebsturm, auch „Pulverturm“ genannt, ist seit dem Jahr 1689 eine Ruine. Von diesem Turm sind der Unterbau, ein Teil der Mauerschale mit Erkerkonsolen und Gewölbeansatz, die Ringmaueranschlüsse sowie der Wehrgang auf wuchtigen Kragsteinen erhalten.

Zwischen den Ecktürmen befanden sich drei mächtige Stadttore sowie mehrere einfache Bogenpforten. Die „Fleisch-“, „Bauers-“ und „Zollpforte“ lagen am Ende der entsprechend bezeichneten Straßen. Die „Zollpforte“ wurde um das Jahr 1590 überbaut, eine weitere Pforte am Diebsturm, die im 15. Jahrhundert vermutlich die Bezeichnung „portzen der Rynmulen“ trug, ist heute vermauert. Die Tortürme verfügten über vier bis fünf Geschosse mit spitzbogiger Durchfahrt, Hakensteinen für die Fallgatter und Schlitzscharten.

Weitere Tore sind das Münztor, das Markttor, das Kranentor, das Brückentor, das Zehnttor auch Zehen Pforte bezeichnet und das Steeger Tor. Im Norden liegen der Liebesturm, der Katzenturm, der jetzt Postenturm genannt wird. Im Süden findet sich der Hutturm am Schlossberg oberhalb der Neuen Kellerei und die seit dem Jahr 1689 weitgehend ruinösen Türme Sonnen- und Kühlbergturm. Der wuchtige sogenannte halbrunde Turm befindet sich nächst der Burg. Südlich des Kranentors befindet sich ein weiterer Turm verwandten Typs, jedoch gedrungener Gestalt. Er ist bis auf das Dach erhalten geblieben und heute im Keller des Wohnhauses in der Langstraße 26 verbaut: außen halbrund mit dekorativem Bogenfries, innen rechteckig mit Kreuzgratgewölbe und zwei großen Schießscharten-Nischen.
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Geschichte
Einer undokumentierten Übermittlung zufolge begann der Bau der Stadtbefestigung im Jahr 1344. Doch wohl erst die Stabilisierung der politischen Verhältnisse nach Ende der Pfandschaft des Erzbischofs Balduin von Trier im Jahr 1354 und die Einführung der Ratsverfassung 1356 boten die geeigneten Rahmenbedingungen für den Ausbau der Stadtbefestigung. Dieser erfolgte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, dessen Bestand sich bis in die Gegenwart in großem Umfang bewahrt hat. Ob es einen Vorläufer gegeben hat, muss bislang offen bleiben.

Baumaßnahmen an der Stadtmauer werden erstmals im Jahr 1359 erwähnt, darüber hinaus im Jahr 1366 „unsere stattmuer zu Bacharach“ und um 1380/90 die Flurbezeichnung „an der muren“ deuten weiterhin darauf hin. Dendrochronologische Untersuchungen sprechen für eine Erbauung ungefähr zwischen den Jahren 1360 und 1400. Um die Wende zum 15. Jahrhundert fügte man auf der Südostecke die nach dem Rhein ausspringende Zollbastion hinzu. Die ab dem frühen 12. Jahrhundert dokumentierte Burg Stahleck wurde als höchster Punkt in die Wehranlage eingebunden. Diese definierte die bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts engen Grenzen der städtebaulichen Entwicklung.

Das seit dem 16. Jahrhundert nachlassende fortifikatorische Interesse ermöglichte die allmähliche Überbauung der ursprünglich zinnenbekrönten Stadtmauer gegen den Rhein (an der Langstraße). Für die auf der Stadtmauer gebauten Häuser war ein Mauerzins zu entrichten, der im Jahr 1590 vom Kurfürsten an die Herren von Handschuhsheim verlehnt war. Dort wurde der Wehrgang beim Wiederaufbau infolge der Großbrände um das Jahr 1900 zum öffentlichen Arkadengang mit mehreren Treppenaufgängen (Hochwassergang „Auf der Mauer“). Die Stadtansicht Merians um das Jahr 1632 illustriert noch den Zustand am Ende des Spätmittelalters. Im Zuge des Ausbaus der Rheintalstraße im frühen 19. Jahrhundert und des Baus der Bahnstrecke in den Jahren 1857 bis 1859 wurden Teile der Befestigung niedergelegt. In den Jahren 1907 bis 1913 fand eine umfassende Restaurierung der Stadtmauer unter maßgeblicher Beteiligung des „Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz“ und der staatlichen Denkmalpflege nach Plänen des Koblenzer Architekten W. A. Schmitt statt. Seit Ende der 1990er Jahre finden erneut bedeutende Restaurierungsmaßnahmen statt. Neuerdings erfolgt eine touristische Erschließung durch den „Stadtmauerrundgang“.
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Kulturdenkmal
Die Stadtbefestigung in Bacharach wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Mainz-Bingen (Stand 14.05.2025) geführt. Der Eintrag lautet:
„Stadtbefestigung
neben Oberwesel einzige größtenteils unzerstörte Stadtbefestigung am Mittelrhein, ca. 1360-1400 mit Zollbastion (um 1400) und Burg Stahleck; seit 16. Jh. allmähliche Überbauung der Seite gegen den Rhein (Langstraße), Wehrgang hier nach 1900 wiederaufgebaut als Arkadengang mit mehreren Treppenaufgängen; 1907-13 umfassende Restaurierung der Mauer, Arch. W. A. Schmitt, Koblenz; seit Ende der 1990er Jahre erneut bedeutende Restaurierungsmaßnahmen, neuerdings touristische Erschließung; erhalten sind Mauerabschnitte mit Wehrgang; von den ursprünglich 16 Türmen (darunter sechs Stadttore) Diebsturm oder “Pulverturm„ (Ruine mit Ringmaueranschlüssen und Wehrgang), drei mächtige Stadttore sowie mehrere Bogenpforten: “Fleisch-„, “Bauers-„ und “Zollpforte„, eine am Diebsturm (vermauert), Münztor (um 1396), Markttor, Kranentor, Steeger Tor, Liebesturm, “Katzenturm„ (heute Postenturm, um 1360), “Postenturm„ (heute Spitzenturm), Hutturm, Sonnen- und Kühlbergturm, sog. halbrunder Turm; ein weiterer Turm im Keller des Wohnhauses Langstraße 26“.

(Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Mainz, 2025, bearbeitet von Kristina Sus, Universität Koblenz unter Verwendung eines Auszugs der Denkmaltopografie der Bundesrepublik Deutschland - Kreis Mainz-Bingen, 2007)


Internet
www.bacharach.de: Die Stadtbefestigung (abgerufen 02.12.2025)
www.regionalgeschichte.net: Stadtbefestigung (abgerufen 02.12.2025)
www.burgenwelt.org: Stadtbefestigung Bacharach (abgerufen 02.12.2025)
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Literatur

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2025)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Mainz-Bingen. Denkmalverzeichnis Kreis Mainz-Bingen, 14. Mai 2025. S. 7, Mainz.
Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.) (2007)
Denkmaltopografie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 18.1 - Kreis Mainz-Bingen. Städte Bingen und Ingelheim, Gemeinde Budenheim, Verbandsgemeinden Gau-Algesheim, Heidesheim, Rhein-Nahe und Sprendlingen-Gensingen. S. 496-498., Worms.

Stadtbefestigung von Bacharach

Schlagwörter
Ort
55422 Bacharach
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung

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Urheberrechtlicher Hinweis
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Empfohlene Zitierweise
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) (2025), Kristina Sus (2025): „Stadtbefestigung von Bacharach”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356719 (Abgerufen: 4. Dezember 2025)
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