Zollbastion mit Zollhof in Bacharach

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Fachsicht(en): Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bacharach
Kreis(e): Mainz-Bingen
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 03′ 25,43″ N: 7° 46′ 10,96″ O 50,05706°N: 7,76971°O
Koordinate UTM 32.411.934,33 m: 5.545.700,30 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.411.974,23 m: 5.547.479,11 m
  • Zollbastion in Bacharach in der historischen Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahre 1645

    Zollbastion in Bacharach in der historischen Stadtansicht von Matthäus Merian aus dem Jahre 1645

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    Aus: Topographia Palatinatus Rheni et Vicinarum Regionum, gemeinfrei
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    Matthäus Merian
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  • Ehemalige Zollbastion in Bacharach mit katholischer Pfarrkirche, Ansicht von Südosten (um 1950)

    Ehemalige Zollbastion in Bacharach mit katholischer Pfarrkirche, Ansicht von Südosten (um 1950)

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  • Reste der alten Zollbastion in Bacharach, hier Wehrerker (um 1950)

    Reste der alten Zollbastion in Bacharach, hier Wehrerker (um 1950)

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    Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE)
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Bei der heutigen Langstraße 2 in Bacharach befand sich die um das Jahr 1400 entstandene Zollbastion mit Zollhof. Sie war der Südostecke der Stadtbefestigung vorgelagert und diente der Erhebung des Schiffs- und Landzolls. Zudem verdeutlicht ihre Lage, dass die Zollbastion auch eine zusätzliche Sicherung der Stadtbefestigung zur Aufgabe hatte. Die Überreste dieser Verteidigungsanlage sind am Mittelrhein einzigartig. Sie gilt auch als strategische Ergänzung zur älteren Zollburg Pfalzgrafenstein bei Kaub und dokumentiert die herausragende Bedeutung des Rheinzolls für die pfälzischen Kurfürsten.

Objekt
Geschichte
Kulturdenkmal
Internet

Objekt
Die Ansicht Merians um das Jahr 1645 zeigt die noch intakte Zollbastion, die von einem Graben umschlossen und mittels einer gemauerten „Eisbrech“ vor Eisgang geschützt war. Zusammen mit dem Stadtmauereckturm („Zollturm“) und der anliegenden Zollkanzlei vermittelte die im Jahr 1706 abgerissene „Zollpforte“ oder auch „Ruhe-Pforte den Zugang über den “Zollthor Weg„ zwischen Landstraße und Rheinufer. Ein Katasterblatt aus dem Jahr 1813 zeigt, dass der Grundriss der mit Wehrerkern besetzten Ringmauer die Gestalt eines Polygons aufwies. Die südwestliche Spitze, ursprünglich durch einen Rundturm akzentuiert, war zur Landstraße ausgerichtet, während die östliche Seite zum Rhein zeigte. In ihrer Mitte erhob sich das über Konsolen auskragende Zollhaus, ein repräsentativer Fachwerkbau mit Ecktürmchen.

Die erhaltenen Teile der Ringmauer auf der Ost- und Südseite zeigen mehrere Bauabschnitte, die sich in Steinmaterial, Mauertechnik und Steinbehandlung unterscheiden. Diese Unterschiede lassen auf eine Süderweiterung und Erhöhung, vermutlich im 16. Jahrhundert, schließen. Der rheinseitige Mauerzug ist teils von Kirche und ehemaligem Kloster überbaut, teils umschließt er den ehemaligen Klostergarten. Der Großteil der Mauer besteht aus kleinen Schieferbruchsteinen, während zwei weitere Teilstücke aus Lagen großer Quarzitblöcke zwischen dünnen Ausgleichsschichten aus Schieferplatten bestehen. Die Mauerpartien aus sorgfältigen Rotsandsteinquadern beziehungsweise wiederverwendeten kleinen Buckelquadern auf Höhe der Sakristei wurden vermutlich erst beim Kirchenbau in dieser Form erstellt.
An der Stelle des früheren Klausurostflügels, der mit der Außenwand auf der Ringmauer ruht, befand sich einst das Zollhaus. Dort haben zwei Rundbogenfriese überdauert, von denen der untere vermutlich nach der Erhöhung der Mauer teilweise abgeschlagen wurde. Erhalten sind außerdem der Unterbau eines Erkers (spätgotische Konsole mit Engel) sowie ein runder Erkerturm, der in der Klosterzeit als Latrine diente. Gegen Süden befinden sich regelmäßig angeordnete, mit Sandstein eingefasste Schlüsselscharten, bei denen die Mauer nachträglich erhöht wurde. Darüber hinaus sind bedeutende Reste zweier dreiseitiger Wehrerker auf dem Bogenfries erkennbar. In Richtung Rhein zeigt sich ein ausgeprägter Zinnenkranz mit Schlitzscharten. Auf der Innenseite befindet sich ein mit Strebepfeilern besetzter, durch Treppenaufgänge erschlossener Wehrgang.
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Geschichte
Das Bacharacher Zollprivileg der Pfalzgrafen ist ab dem Jahr 1226 urkundlich verbürgt. Im Jahr 1359 wird ein ehemaliges “zollhus„ (möglicherweise beim “Kranentor„) erwähnt, im Jahr 1368 ein weiteres an der “zolporten„, das im Jahre 1393 an Adelige verlehnt wurde. Die der Südostecke der Stadtbefestigung vorgelegte, einst bis ans Rheinufer (heute Verlauf der B 9) vorgeschobene ehemalige Zollbastion mit Zollhof entstand vermutlich seit etwa dem Jahr 1400, nachdem der Bau der Stadtumwehrung abgeschlossen war. Ihre Errichtung setzte eine deutliche Erhöhung des Baugrundes voraus. Vermutlich im 16. Jahrhundert erfolgte der bastionsartige Ausbau mit dem heutigen Grundriss.

Nach der Zerstörung der Zollgebäude vor dem Jahr 1640 im Dreißigjährigen Krieg, verlagerte man den Zollbetrieb in die Stadt. Die Schenkung des Geländes an die Kapuziner im Jahr 1687 ermöglichte zwischen den Jahren 1688 bis 1705 im Nordteil die Errichtung von Kirche und Kloster. Das südwestliche Drittel der Anlage verschwand in den Jahren 1857 und1859 mit dem Bau der Eisenbahn. In den Jahren 1902 bis 1903 wurden umfangreiche Sicherungsmaßnahmen an ihren Überresten durchgeführt. Die Uferaufschüttungen um das Jahr 1900 zur Schaffung der Rheinanlagen haben die Anschaulichkeit des Objektes beträchtlich gemindert.

Kulturdenkmal
Die ehemalige Zollbastion wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Mainz-Bingen (Stand 14.05.2025) geführt. Der Eintrag lautet: “(bei) Langstraße 2
ehem. Zollbastion, der Südostecke der Stadtbefestigung vorgelegt; Überreste der wohl ab ca. 1400 errichteten, wohl im 16. Jh. bastionsartig ausgebauten, mit Wehrerkern besetzten Ringmauer; Zollgebäude vor 1640 zerstört, weitere Zerstörung 1857/59, 1902/03 umfangreiche Sicherungsmaßnahmen„

(Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Mainz, 2025, bearbeitet von Kristina Sus, Universität Koblenz unter Verwendung eines Auszugs der Denkmaltopografie der Bundesrepublik Deutschland - Kreis Mainz-Bingen, 2007)

Internet
de.wikipedia.org: Rheinzoll (abgerufen 20.11.2025)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Rheinzölle im Mittelalter von Friedrich Pfeiffer (Trier) (abgerufen 20.11.2025)
www.deutsche-digitale-bibliothek.de: 775 Jahre Bacharacher Zoll : der Rheinzoll von 1226 - 1803 (abgerufen 20.11.2025)
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Literatur

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2025)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Mainz-Bingen. Denkmalverzeichnis Kreis Mainz-Bingen, 14. Mai 2025. S. 7, Mainz.
Landesamt für Denkmalpflege (Hrsg.) (2007)
Denkmaltopografie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 18.1 - Kreis Mainz-Bingen. Städte Bingen und Ingelheim, Gemeinde Budenheim, Verbandsgemeinden Gau-Algesheim, Heidesheim, Rhein-Nahe und Sprendlingen-Gensingen. S. 496-498., Worms.

Zollbastion mit Zollhof in Bacharach

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Langstraße 2
Ort
55422 Bacharach
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1395 bis 1405, Ende 1630 bis 1640

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Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) (2025), Kristina Sus (2025): „Zollbastion mit Zollhof in Bacharach”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-356691 (Abgerufen: 24. November 2025)
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