Beschreibung Über Jahrhunderte wurde an der Wolkenburg Stein gebrochen (s. Burg Wolkenburg). Gewaltige Schutthalden türmten sich steil an der Südseite des Berges auf. Zuletzt arbeitet hier Anfang des 20. Jahrhunderts die Firma Bachem aus Königswinter. Um an noch brauchbares Gestein zu gelangen, lässt sie auch Schutt aus älteren Brüchen entfernen, sodass die Halden schnell noch weiter wachsen. 1930 kommt es dann zur Katastrophe. Die ungesicherten Schutthalden setzen sich am 29. Oktober in Bewegung und rutschen in das Tal. Insgesamt 30.000 m3 (Kubikmeter) Steingeröll schieben sich unaufhaltsam in die Tiefe, queren Wege, Wiesen und Gärten, um erst kurz vor dem Rhöndorfer Friedhof zu stoppen. Die Rutschfläche erstreckt sich über eine Länge von 290 Metern. Der Abrissbereich ist bis zu 117 Meter breit, der Schuttstrom erreicht in der Mitte eine Breite von 60 Metern und dünnt dann nach unten aus.
Die Honnefer Volkszeitung (HVZ) ist als erste vor Ort: „Am Nordhang [!] der Wolkenburg (hinter dem Waldfriedhof) löste sich gestern morgen gegen 8 1 / 2 Uhr die große Steinhalde und stürzte mit großem Getöse in einer Länge von etwa 250-300 Meter und einer Breite von durchschnittlich 60 Meter, unterwegs alle Bäume mit sich fortreißend, in die Tiefe. Die Steinmassen türmten sich an ihrem Rand 3 bis 5 Meter hoch auf und wurden auf ihrem Absturz und ihrer Wanderung ins Tal zum Glück durch den Hohlweg […] aufgehalten. [...] Das Plateau der abgestürzten Halde hat sich durch den Bergrutsch um zirka 6-8 Meter gesenkt. Im Laufe des Tages wurde die Abrutschstelle von zahlreichen Schaulustigen besichtigt.“ Man gewinnt dem Ganzen etwas Positives ab: „Jedenfalls sind die Steine, die seit 3 Jahrzehnten nicht abgefahren werden durften, damit das landschaftliche Bild nicht zerstört werde, jetzt soweit herabgerutscht, daß sie bequem abgefahren werden können.“ Und so wird das Material in den späteren Jahren zum Wegebau im Siebengebirge genutzt. Das Ereignis zieht zahlreiche Schaulustige auch von weiter her an. Trotz des schlechten Wetters nutzen viele die Gelegenheit in die Brüche zu steigen. Die Honnefer Volkszeitung meldet, dass auch auswärtige Zeitungen in geradezu phantastischer Weise über den Haldensturz schreiben würden. So habe der „Berliner Lokalanzeiger“ berichtet, das gesamte Plateau der Wolkenburg habe sich gesenkt und dramatisch spekuliert: „Ob und wie viele Menschenleben zu beklagen seien, stehe noch nicht fest!“ Der Bonner General-Anzeiger meldet in seiner Presseschau. „Das Kölner Tageblatt, wohl im Bestreben, Berlin an Sensation zu übertreffen, ließ die ganze Wolkenburg um 6-8 Meter und abends nochmals um einige Meter versinken! Bei dieser zuverlässigen Maßangabe konnte man sich ziemlich genau ausrechnen, wann unsere Wolkenburg ganz in der Kölner Tageblatt-Versenkung verschwunden sein müßte.“
In den kommenden Jahren blieb der Haldenrutsch mit den lockeren Steinen aus Sicherheitsgründen gesperrt und in der Folgezeit kommt es tatsächlich zur weiteren kleinen Rutschungen. Im „Echo des Siebengebirges“ wird daraufhin gefordert, die Schutthalden zu entfernen, da sie eine Gefahr für den Friedhof darstellen würden. Angesichts der verbleibenden Massen am Wolkenburger Hang eine kaum realistische Forderung. Zeitgenössische Luftbilder und Postkarten zeigen noch bis in die 1960er Jahre die langgestreckte, grellweiße Rutschungsfläche, die eine weit sichtbare Schneise durch die Landschaft zieht. Nur langsam fasst die Vegetation wieder Fuß auf den Schuttflächen. Um 1970 wird der untere Teil des Schuttstroms bei der Anlage eines neuen Forstweges am Hang oberhalb des Rhöndorfer Friedhofes durchschnitten und ein Teil des Schutts abgetragen. Vom heutigen Waldweg aus ist die Abgrabung als halbkreisförmiger Einschnitt in den Schuttkörper erkennbar. Dahinter steigt der zuerst noch bewaldete Schuttkörper aus teils großen Blöcken schnell an und ist stark bemoost. Oberhalb davon stellt sich die ehemalige Rutschungsbahn als große, vegetationsarme und mit Schutt bedeckte Freifläche dar. Bis heute spiegelt sich die ehemalige Rutschungsfläche in der Vegetation wider (Bouillon 2001). Als Biotopstandort für Offenlandarten sind die Schuttflächen von erheblicher ökologischer Bedeutung. Hier finden seltene, an extrem trockene und heiße Standorte angepasste Arten einen Lebensraum. Die Biostation Rhein-Sieg sorgt mit regelmäßigen Entbuschungsaktionen und Beweidung für ihren Erhalt.
Datierung 1930
Zugang Das untere Ende der Schutthalde ist vom Forstweg oberhalb des Rhöndorfer Friedhof aus sichtbar.
Hinweis Das Objekt „Haldenrutsch Wolkenrutsch“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches Siebengebirge (Regionalplan Köln 446).
(Jörn Kling, 2024)
Quellen: Honnefer Volkszeitung, 31.11.1930, 3.11.1930; General-Anzeiger, 3.11.1930; Deutsche Reichs-Zeitung, 4.11.1930.
Literatur
Bouillon, Barbara (2001)
Vegetationskartierung Siebengebirge im Auftrag des Rhein-Sieg-Kreises. Unveröff. Gutachten. o. O.
Zeugen der Landschaftsgeschichte im Siebengebirge. Historische Nutzungen und ihre Auswirkungen auf die Landschaft. (Kulturlandschaftspflege im Rheinland, Band 2.) S. 325-327, Köln.
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