Gymnasium „Altes Helmholtz“ an der Gerresheimer Straße
zeitweise Helmholtz-Realschule, -Oberrealschule, -Oberschule, -Oberschule für Jungen, Theodor-Heuss-Hauptschule, Berufsschule, heute Kultur- und Weiterbildungszentrum
Architekt, Baugeschichte und Beschreibung Da die 1910 eröffnete Realschule bereits zweimal umziehen musste, schrieb die Stadt Hilden 1912 einen Architekturwettbewerb für einen Schulneubau aus. Gewinner war der Architekt Peter Klotzbach (1875-1947) aus Barmen (heute ein Stadtteil von Wuppertal), nach dessen Entwürfen bereits mehrere Schulen gebaut worden waren. Klotzbach war ein Vertreter der sogenannten Heimatschutzarchitektur. Neue Gebäude sollten nach lokalen Bautraditionen und mit Baumaterial aus der Region errichtet werden, unter Verzicht auf historisierende Ornamente.
Die Bauarbeiten an der Gerresheimer Straße begannen 1913, die feierliche Einweihung fand 1915 statt. Das Bauwerk mit den vier Geschossen entsprach nicht exakt den Vorgaben der Heimatschutzarchitektur; offensichtlich durfte die neue „Pflanz- und Pflegstätte deutschen Geistes“ schon einige Bezüge zur Antike zeigen. So wird das Portal von kannelierten griechischen Säulen gestützt. Auch der breite Quergiebel auf dem Mansardendach weist Elemente der Antike auf: Über der Fensterreihe liegt ein von Pilastern gestützter Architrav, flankiert von zwei großen Pokalfiguren. Der Reformgedanke der Heimatschutzarchitektur zeigt sich hingegen vor allem in den großflächigen, dicht stehenden Sprossenfenstern, die viel Tageslicht in die Räume lassen. Das Eiserne Kreuz auf dem Eingangsportal zwischen den Jahreszahlen 1914 und 1915 verweist auf die Entstehungszeit im Kriege.
Schule, Lazarett, Kaserne, Gymnasium Die wechselvolle Geschichte des Hauses ist gekennzeichnet von den Spannungen der folgenden Jahre. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Rheinland bis 1926 von alliierten Truppen besetzt. Die Realschule an der Gerresheimer Straße wurde von schottischen Soldaten beschlagnahmt und als Kaserne genutzt. Erst 1920 konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden. Anlässlich des 100. Geburtstags des Physikers Hermann von Helmholtz (1821-1894) wurde die Schule nach diesem benannt und hieß ab 1922 Helmholtz-Realschule. Der Name blieb erhalten, auch wenn sich der Schultyp mehrfach änderte: Helmholtz-Oberrealschule ab 1923, Helmholtz-Oberschule für Jungen ab 1936. In der Oberschule für Jungen machte 1940 auch eine junge Frau ihr Abitur: die Fabrikantentochter Ellen Wiederhold (1921-1995), die später 25 Jahre lang Hildens populäre Bürgermeisterin werden sollte.
In der Zeit des Nationalsozialismus fiel ein dunkler Schatten über die Schule: Die Pogromnacht am 9. November 1938 begann in Hilden mit einer NSDAP-Versammlung in diesem Gebäude. Danach zogen SA-Leute zum „Deutschen Haus“ an der Benrather Straße 20 weiter (heute Grillrestaurant B20). Von dort schwärmten sie aus und begingen ihre Gewaltverbrechen, denen in Hilden sieben Menschen zum Opfer fielen.
Als sich das „Dritte Reich“ 1945 dem Zusammenbruch näherte, richtete die Wehrmacht in dem Haus ein Lazarett ein. Von den Schulabgängern, Schülern, ehemaligen und aktiven Lehrkräften der Helmholtz-Schule waren über 100 Menschen im Krieg ums Leben gekommen. Am 16. Mai 1945 marschierten alliierte Truppen in die Stadt ein. Wieder wurde die Helmholtz-Schule in eine Kaserne umgewandelt, diesmal für amerikanische Soldaten. Der Schulunterricht wurde während dieser Zeit in das ehemalige HJ-Heim an der Schulstraße (heute Haus der Jugend) ausgelagert.
Jüngere und aktuelle Nutzungen Nach dem Abzug der Amerikaner konnte der Unterricht erst im Oktober wieder an der Gerresheimer Straße stattfinden. 1946 wurde die Schule als Gymnasium neu eröffnet und bis 1974 weitergeführt. 1974 zog das Helmholtz-Gymnasium in das neu errichtete Schulzentrum in der Gartenstraße nahe dem Holterhöfchen um. Das alte Gebäude in der Gerresheimer Straße wurde bis 1987 Sitz der Theodor-Heuss-Hauptschule und ab 1987 Zweigstelle der Berufsschule des Kreises Mettmann.
Seit dem Jahr 2004 dient das Gebäude des einstigen Helmholtz-Gymnasiums als auf vielfache Art und Weise genutztes Kultur- und Weiterbildungszentrum „Altes Helmholtz“. Im denkmalgeschützten Hauptgebäude Gerresheimer Straße 20 sind die Musikschule Hilden und die Volkshochschule Hilden-Haan untergebracht. Im 199 Zuschauende fassenden Heinrich-Strangmeier-Saal unter dem Quergiebel finden Orchester- und Chorproben sowie Vorspiele und Konzerte statt. Andere Institutionen nutzen die zu diesem Zweck unmittelbar westlich des alten Baus erbauten zwei „Würfel“ (Gerresheimer Straße 20a und 20b), darunter - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - das Stadtarchiv Hilden, der Stadtverband der Musiker und Sänger Hilden e.V., die Freizeitgemeinschaft Behinderte und Nichtbehinderte, die Jugendkunstschule KuKuK, die Laientheatergruppe Itterbühne, die Kabarettgruppe fettweg, der Chor 84, das Harmonikaorchester Notenzauber und der Shanty-Chor-Reingold. Im Garten des Weiterbildungszentrums stehen seit 2004 und 2015 zwei Skulpturen.
Baudenkmal Das Schulgebäude „Altes Helmholtz“ wurde am 3. November 1998 mit der Nummer 52 in die Liste der Hildener Baudenkmäler aufgenommen.
(Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz, im Auftrag des Kulturamts der Stadt Hilden, 2024)
Internet de.wikipedia.org: Altes Helmholtz (abgerufen 21.07.2024) de.wikipedia.org: Peter Klotzbach (abgerufen 30.07.2024) de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmäler in Hilden (abgerufen 12.07.2024) rp-online.de: 7 Fakten zum Altes Helmholtz in Hilden - „Pflanz- und Pflegestätte deutschen Geistes“ (Text Christoph Schmidt, RP-online vom 21.11.2021, abgerufen 21.07.2024) www.lokalkompass.de: Das Alte Helmholtz erzählt seine Geschichte am 12. September (Text Janina Krause (Rauers), Wochenanzeiger / Lokalkompass vom 27.08.2015, abgerufen 12.07.2024) www.hilden.de: Musikschule der Stadt Hilden (abgerufen 21.07.2024) www.hilden.de: Kreativangebote (abgerufen 23.07.2024) www.vhs-hilden-haan.de: Volkshochschule VHS Hilden-Haan (abgerufen 21.07.2024) fzg-hilden.de: Freizeitgemeinschaft Hilden (abgerufen 21.07.2024)
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Empfohlene Zitierweise
Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz: „Gymnasium „Altes Helmholtz“ an der Gerresheimer Straße”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354210 (Abgerufen: 15. Januar 2025)
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