Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Hilden
Kreis(e): Mettmann
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 09′ 49,23″ N: 6° 54′ 47,17″ O 51,16367°N: 6,9131°O
Koordinate UTM 32.354.085,93 m: 5.670.096,60 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.563.914,70 m: 5.670.251,73 m
  • Die Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße in Hilden (2024). Im neobarocken Stil der Villa spiegelt sich der Unternehmergeist der Gründerzeit. 1877 erbaut, steht sie heute wie eine Zeitkapsel auf dem Gelände des AkzoNobel-Werks.

    Die Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße in Hilden (2024). Im neobarocken Stil der Villa spiegelt sich der Unternehmergeist der Gründerzeit. 1877 erbaut, steht sie heute wie eine Zeitkapsel auf dem Gelände des AkzoNobel-Werks.

    Copyright-Hinweis:
    Hotz, Rainer / CC BY-NC-SA 4.0
    Fotograf/Urheber:
    Rainer Hotz
    Medientyp:
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  • Die Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße in Hilden (2024). In dem Nachbargebäude war früher die Firmenverwaltung der Wiederhold Lackfabriken untergebracht, der Namenszug "Wiederhold" über dem Eingang erinnert an die frühere Betriebszugehörigkeit.

    Die Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße in Hilden (2024). In dem Nachbargebäude war früher die Firmenverwaltung der Wiederhold Lackfabriken untergebracht, der Namenszug "Wiederhold" über dem Eingang erinnert an die frühere Betriebszugehörigkeit.

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Die Fabrikantenvilla geht auf die Hildener Firma „Hermann Wiederhold Lackfabriken“ zurück und erinnert heute an ein fast hundertjähriges Kapitel Hildener Industriegeschichte.
Die Villa repräsentiert das unternehmerische Selbstbewusstsein des Bürgertums der Gründerzeit. 1877 wurde sie im neubarocken Stil direkt neben der Lacksiederei errichtet. Bis zum Hochparterre und an den Ecken ist das Haus mit umlaufendem Quaderputz verkleidet; über dem Souterrain und an den Ecken sind die Oberflächen grob strukturiert. Ein vorspringendes Gesims trennt die beiden Wohngeschosse. Bekrönungen und Schürzen schmücken die Segmentbogenfenster im Obergeschoss, reich ausgestattet mit barocken Ornamenten: Blütenmotive, Blattwerk, Löwenköpfe, Drachenfiguren.
Da die Fassade auf der Westseite kürzer ist als die gegenüberliegende mit der Eingangstür, wird die Symmetrie der Zeltdachform in ungewöhnlicher Weise aufgebrochen. Unterhalb des Dachvorsprungs verläuft ein Zinnenfries, darüber ein Band aus Voluten (künstlerischen Ornamenten). Die quadratische Dachplattform ist von einem schmiedeeisernen Geländer umgeben.

Das im Westen angrenzende Nachbargebäude Düsseldorfer Straße 104 diente früher als Verwaltungsbau der Firma. Der in Stein gemeißelte Namenszug „Wiederhold“ über dem Eingang erinnert bis heute an die frühere Betriebszugehörigkeit (vgl. Abb.). Im Erdgeschoss befindet sich heute eine Weinhandlung; die Stockwerke darüber werden von verschiedenen Beratungsfirmen genutzt.
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Die Hildener Hermann Wiederhold Lackfabriken
Die Firma „Hermann Wiederhold Lackfabriken“ war einer der großen Hildener Industriebetriebe, welche die Geschichte der Stadt in bedeutendem Maße mitgestaltet haben. Das Unternehmen wurde im Jahr 1867 unter dem Namen „Wiederhold & Volger“ in Düsseldorf gegründet und zog 1877 nach Hilden.
Über fünf Generationen, von 1877 bis 1975, wurden die Lackfabriken als Familienbetrieb geführt. Ungeachtet der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts wuchsen Erfolg und Umfang des Unternehmens stetig. Allein in den Forschungseinrichtungen und Prüflaboren waren über 100 Mitarbeitende beschäftigt. Die Produktpalette umfasste sämtliche Anwendungen für die lackverarbeitende Industrie. Die ersten Tagesleuchtfarben, die wir an Feuerwehr- und Rettungstransportfahrzeugen kennen, wurden von Wiederhold entwickelt.

In seiner Sparte war das Unternehmen Marktführer in Deutschland. Im Jahr 1961 beschäftigte Wiederhold im Werk Hilden sowie den Niederlassungen Nürnberg und Etzen-Gesäß (heute Stadtteil von Bad König im südhessischen Odenwaldkreis) etwa 2.400 Mitarbeitende. Der Jahresumsatz 1966 betrug 155 Millionen D-Mark und wurde 1970 auf 280 Millionen gesteigert. 1975 wurde die Firma „Hermann Wiederhold Lackfabriken“ an den britischen Chemiekonzern Imperial Chemical Industries (ICI) verkauft. 2008 übernahm das niederländische Großunternehmen der Farbenherstellung und Spezialchemie AkzoNobel von ICI das Hildener Werk, das heute als AkzoNobel Hilden GmbH seinen Sitz in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Villa an der Düsseldorfer Straße 96-100 hat.

Die Firma „Hermann Wiederhold Lackfabriken“ war für Hilden von enormer Bedeutung, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch.
1945 konnte Walter Wiederhold (1885-1959) als Stadtrat den örtlichen Befehlshaber von der Durchführung von Adolf Hitlers „Befehl betreffend Zerstörungsmaßnahmen im Reichsgebiet“ vom 19. März 1945 abhalten. Der später kurz „Nerobefehl“ genannte Erlass sah vor, dass sämtliche Brücken und Industrieanlagen zerstört werden sollten, um eine Nutzung durch die siegreichen Alliierten zu verhindern. Die damit einhergehende Versorgungskrise der deutschen Bevölkerung war einkalkuliert. Als am 16. April 1945, nur Stunden vor dem Einmarsch amerikanischer Truppen, doch noch Sprengbefehle erteilt wurden, gelang es Wiederhold, die Durchführung so lange zu verzögern, bis das dafür abgestellte Kommando sich zurückziehen musste.
Ebenfalls seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Übergabe der Stadt Hilden überwiegend kampflos verlief.
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Nach Walter Wiederholds Tod im Jahr 1959 übernahm seine Tochter Dr. Ellen Wiederhold (1921-1995) die Leitung der Firma. Die promovierte Chemikerin führte sie erfolgreich als eine der ersten Frauen in vergleichbarer Position. 1969 wurde sie zur Hildener Bürgermeisterin gewählt. Obwohl sie noch jahrelang gleichzeitig die Unternehmensleitung innehatte, war sie als Bürgermeisterin sehr beliebt und wurde mit großen Mehrheiten wiedergewählt. Erst 1994, nach 25 Jahren, schied sie aus dem Amt. Die Hildener Bürgerschaft dankte es ihr mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde.

Baudenkmal
Die Fabrikantenvilla Wiederhold wurde am 17. Juli 1986 mit der Nummer 26 in die Liste der Hildener Baudenkmäler aufgenommen.

(Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz, im Auftrag des Kulturamts der Stadt Hilden, 2024)

Quellen
  • Hermann Wiederhold, in: Hildener Jahrbuch Bd. 5 / 1947-1952, S. 5-36.
  • Hermann Koch: In memoriam Walter Wiederhold, aus Anlass des 75. Geburtstages des 1959 Verstorbenen, Sonderdruck 1962 aus Hildener Jahrbuch Bd. 8 / 1960, S. 10-47.

Internet
de.wikipedia.org: Hermann Wiederhold Lackfabriken (abgerufen am 30.07.2024)
de.wikipedia.org: Liste der Baudenkmäler in Hilden (abgerufen 16.07.2024)
www.akzonobel.com: AkzoNobel (abgerufen 02.08.2024)
www.wz.de: Brand in Lackfabrik Wiederhold: Aus Schaden klug geworden. Vor 50 Jahren stand die Lackfabrik Wiederhold in Flammen (Text Michael Kremer, Westdeutsche Zeitung vom 14.12.2011, abgerufen am 26.07.2024)
www.mynewsdesk.com: AkzoNobel feiert 150 Jahre Industriegeschichte in Hilden - Produktionsvolumen soll in den nächsten fünf Jahren deutlich erhöht werden (Pressemitteilung von AkzoNobel vom 10.07.2017, abgerufen am 26.07.2024)
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Literatur

Hermann Wiederhold GmbH (Hrsg.) (1952)
Hermann Wiederhold, Lackfabriken, Hilden: 1867-1952. Am 100. Geburtstage meines Vaters Hermann Wiederhold gedenken Familie und Werk der Gründung der Firma vor 85 Jahren und meiner 50jährigen Werkszugehörigkeit. Düsseldorf.
Stadtarchiv Hilden (Hrsg.) (o.J.)
Hildener Jahrbuch. (erschienen 1936-1965/71, Neue Folge 1978-2012). Hilden.
Wennig, Wolfgang / Stadt Hilden (Hrsg.) (1974)
Geschichte der Hildener Industrie von den Anfängen gewerblicher Tätigkeit bis zum Jahre 1900. (Niederbergische Beiträge, Bd. 30.) S. 83-86 u. 184, Hilden.

Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Düsseldorfer Straße 102
Ort
40721 Hilden
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Ortsfestes Denkmal gem. § 3 DSchG NW
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1877

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Empfohlene Zitierweise
Barbara A. Lenartowicz-Senguel und Rainer Hotz: „Fabrikantenvilla Wiederhold an der Düsseldorfer Straße”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-354219 (Abgerufen: 16. Februar 2025)
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