Die Ausrufung einer „Rheinischen Republik“ am 21. Oktober 1923 führte in den folgenden Monaten zu heftigen Aktivitäten und Kämpfen in vielen rheinischen Orten, so auch im Raum Bonn und im Siebengebirge. Einige Orte bewahren markante Relikte oder Erinnerungen an diese Geschehnisse und ihre Nachwirkungen, wie die Finazierung der Schule in Aegidienberg.
Die Kämpfe am 15. und 16. November 1923 im Raum Aegidienberg erregten nicht zuletzt, weil sie 16 Todesopfer forderten, große Aufmerksamkeit bis in die überregionale Öffentlichkeit. Vor Ort hingegen waren Trauer und Betroffenheit vorherrschend. Hinzu kamen Ängste aufgrund der Aufklärungsbemühungen der französischen Besatzungskräfte, von denen alleine schon wegen Waffenbesitzes gravierende Konsequenzen drohen konnten.
Tatsächlich hatten die französischen Besatzungskräfte durch massives Eingreifen am 17. November für den Abzug der pro-separatistischen Truppen des „Rheinlandschutzes“ aus der Region um Honnef gesorgt. Parallel dazu wurde die Mobilisierung der einheimischen Bürgerwehr rasch beendet. Entgegen allen Befürchtungen verzichteten die französischen Besatzungsbehörden jedoch auf gründliche Untersuchungen der Vorfälle. Mit zunehmendem zeitlichem Abstand konnte sich so eine neue Sichtweise durchsetzen, wonach die Opfer als Gefallene einer „Schlacht“ erschienen, in der patriotischer Heldenmut über den Ungeist von „Vaterlandsverrätern“ gesiegt hatte.
Diese Interpretation gewann besondere Bedeutung im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gemeinde Aegidienberg. Ein dringend erforderlicher Neubau der katholischen Volksschule drohte an fehlenden Geldmitteln zu scheitern.
In dieser Situation entstand ab 1927 in Kreisen der Bürgerschaft der Gedanke, zusätzliche finanzielle Unterstützung aus Staatsmitteln als Anerkennung für den geleisteten patriotischen Einsatz zu erwirken: Schließlich hätten „die Bewohner der Gemeinde Aegidienberg durch ihre Unerschrockenheit die Separatistenherrschaft am Rhein beseitigt“. (Schreiben des Bürgermeisters vom 8.6.1927; Stadtarchiv Königswinter StAKW, Nr. 2036) So entstand eine ausführliche Dokumentation der Geschehnisse unter dem bezeichnenden Titel: „Reichsdank für Aegidienberg“, die in begrenzter Auflage an maßgebliche behördliche Stellen und Personen verteilt wurde. Die darin gesammelten Berichte einheimischer Zeitzeugen mit ausführlichen Schilderungen nicht nur ihrer Nöte und Ängste, sondern auch ihres bewiesenen Einsatzwillens und Mutes, wurden u.a. mittels nachgestellter Fotos illustriert.
Die Schrift verfehlte ihre Wirkung nicht. Die erforderlichen Mittel wurden von staatlicher Seite in Berlin bewilligt und die neue Schule wurde 1930-31 gebaut. Eine Gedenktafel an ihrer Fassade erinnert bis heute an die Entstehungsgeschichte. Sie war 1934 ergänzt worden um die zusätzliche Namensgebung „Theodor-Weinz-Schule“ in Erinnerung an den bei den Kämpfen in Hövel getöteten Mitbürger.
(Elmar Scheuren, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, 2023)
Literatur
Scheuren, Elmar (2017)
Besatzung, Not und "Separatisten" - Aufruhr in Aegidienberg.. In: Bürgerverein Aegidienberg e.V. (Hg.): Aegidienberg - Unsere Heimat im Naturpark Siebengebirge, S. 210-220. Aegidienberg.
Scheuren, Elmar; Trapp, Christoph (1993)
Separatisten im Siebengebirge - Die "Rheinische Republik" des Jahres 1923 und die "Schlacht" bei Aegidienberg. zur gleichnamigen Ausstellung des Siebengebirgsmuseums, 16.11.1993 - 20.2.1994. Königswinter.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.