Ehemaliger Bahnhof Tavigny (Houffalize)

Gare de Tavigny

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Architekturgeschichte
Gemeinde(n):
Koordinate WGS84 50° 05′ 16,19″ N: 5° 52′ 34,08″ O 50,08783°N: 5,87613°O
Koordinate UTM 31.705.733,12 m: 5.552.358,25 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.491.180,00 m: 5.550.185,10 m
  • Kohle und Erz

    Kohle und Erz

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    Karl Peter Wiemer
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    Karl Peter Wiemer
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Der 1884 eröffnete Bahnhof Tavigny liegt in Bering (Buret), ein bis 1977 zur Gemeinde Tavigny und heute zur Gemeinde Houffalize gehöriges Dorf, am einstigen Kilometerpunkt 44,7 der ehemaligen Bahnstrecke L163 Libramont-Chevigny – Sankt Vith zwischen den Stationen Bourcy und Limerlé. Das Bahnhofsgebäude umfasst Lager für Kleingüter, womit nicht auf eine separate Güterhalle zurückgegriffen werden musste. Wie auch die ehemaligen Bahnhöfe Bourcy (erhalten) und Limerlé (abgerissen) gehört es zum sogenannten „Typ 1873“, einem architekturstilistisch einheitlichen Typ für die Bahnhofsgebäude der Chemins de fer de l'État belge (EB), der Belgischen Staatsbahnen. Für diesen Bautyp ist ein Flügel aus vier Jochen (Achsabstand zwischen zwei Säulen oder Pfeilern) bezeichnend (bei Tavigny und Bourcy mit einem größeren Abstand zwischen den beiden Mittelpfeilern). Während die Gebäude dieses Typs normalerweise aus Ziegeln errichtet verputzt sind, wurden diese drei genannten Stationen, auch Tavigny, schlicht aus großen Blöcken erbaut.

Die Geschichtete dieses ehemaligen Bahnhofs steht selbstverständlich in engem Zusammenhang zur Entstehung und Geschichte dieser Bahnlinie (siehe Verlinkung im vorherigen Abschnitt), die am 15. November 1869 noch kurz vor dem Tod des betreibenden Geschäftsmanns Eugène Forcade (1820-1869) eröffnet wurde, aber noch nicht durch Tavigny verlief. Nach seinem Tod erwarb der belgische Aktionär Simon Philippart (1826-1900), der Generaldirektor der Bergbaubahngesellschaft Société des Bassins Houillers du Hainault (SBH) (Gesellschaft der Steinkohlebecken von Hainault), die Betreibergesellschaft. Er strebte einen Anschluss an die Schwerindustrie des Großherzogtums Luxemburgs und eine entsprechende Erweiterung der Linie L163 an (siehe Geschichte der Kleinbahnen in Luxemburg). Diese Liniee plante Philippart bereits, musste aber 1878 Konkurs anmelden, so dass die EB den Betrieb übernahmen. Die Erweiterung, die den Anschluss an Tavigny brachte, erfolgte damit sechs Jahre, die offizielle Anerkennung als Bahnhof sieben Jahre später. Bourcy hatte lediglich den Status eines Zwischenstopps oder Haltepunktes, der von Tavigny aus verwaltet wurde. Dieses Verhältnis kehrte sich allerdings 1889 um: Tavigny, ebenso Limerlé, wurde zu einem von Bourcy aus verwalteten Zwischenstopp.

Während des Zweiten Weltkriegs baute das Deutsche Reich die Strecke zweigleisig aus, um den Betrieb schwerer Güterzüge zu ermöglichen. 1936 machte man diesen Ausbau wieder rückgängig und stellte den Güterverkehr ein. Der Personenverkehr wurde noch bis zum 3. Juni 1984 fortgeführt. Doch spätestens in den 1980er Jahren machten der erhöhte Bedarf an Personenbeförderung im Zuge wirtschaftlicher Tertiärisierung, die Bevölkerungsexpansion und steigender Wohlstand, der den Weg für den motorisierten Individualverkehr ebnete, viele dieser untergeordneten Bahnstrecken unrentabel.

Heute ist das Bahnhofsgebäude des ehemaligen Bahnhofs Tavigny Privatwohnsitz. Die neuen Bewohner ersetzten das Foyer mit Flachdach, dem bereits vorhandenen rechten Flügel entsprechend (siehe oben), durch einen zweijochigen Flügel mit Jochrahmen und markanter Tropfkante. Der Hauptflügel hat auf der Straßenseite eine größere Tür, die entweder Teil des Umbaus nach der Umfunktionierung in ein Wohnhaus war oder bereits während der Nutzung als Bahnhof eingesetzt wurde. Da viele ehemalige Bahntrassen im Rahmen des Programms Pré-RAVeL zu Fahrradwegen umgebaut wurden und immer noch werden, liegt auch der ehemalige Bahnhof Tavigny heute an einem solchen Radweg – am Abschnitt BE163.

(Sarina Eßling, Rheinischer Verein für Denkmalplfege und Landschaftsschutz e. V., 2023)

Internet
www.garesbelges.be: La gare de Tavigny (9 vues). (abgerufen am: 27.10.2023)
sites.google.com: Lijnen 161-182 (abgerufen am: 27.10.2023)
rail.lu: Ligne SNCB 163 | Libramont – Bastogne – Gouvy – St. Vith (abgerufen am: 27.10.2023)
ravel.wallonie.be: Ligne 163. De Gouvy (Haie de Bellain) à Bastogne (stage 1). On the Line 163 RAVeL. (abgerufen am: 27.10.2023)
www.bahntrassenradeln.de: BE163 Libramont-Chevigny – Bastogne – Gouvy (in Diskussion: St-Vith) (abgerufen am: 27.10.2023)
cheminsdurail.ligne54.be: 163: Libramont – Bastogne – Gouvy – St-Vith (abgerufen am: 27.10.2023)

Literatur

Kurgan-van Hentenryk, Ginette (1972)
Une étape mouvementée de la réorganisation des chemins de fer belges: le rachat du Grand-Luxembourg par l'État (1872-1873). In: Revue belge de philologie et d'histoire. H. 50, Nr. 2, S. 399. o. O.

Ehemaliger Bahnhof Tavigny (Houffalize)

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Buret 163
Ort
6662 Houffalize - Buret / Belgien
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Architekturgeschichte
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger
Historischer Zeitraum
Beginn 1884

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Sarina Eßling (2023): „Ehemaliger Bahnhof Tavigny (Houffalize)”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-345438 (Abgerufen: 22. März 2025)
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