Gebäude und Lage
Den Wasserbedarf weiter aus Brunnen zu decken, fand Carl Puricelli nicht mehr zeitgemäß, doch die Gemeinde verzögerte den Bau einer zentralen Wasserversorgung. Carl Puricelli löste das Problem auf seine Art. Er baute einfach einen vierstöckigen, 7,10 m breiten Wasserturm mit Dachterrasse auf sein Grundstück. Er wurde 1879 fertiggestellt. Im 3. Obergeschoss brachte er einen Stahltank mit einem Fassungsvermögen von 40.000 Litern unter. Eine eigene Pumpstation am Fuß des Turmes beförderte das Wasser aus einem nahegelegenen Brunnen in den Hochbehälter. Der Falldruck reichte damit für jeden Wasserhahn auf dem großen Areal. In der nördlichen Ecke des Turms führt im Inneren eine gusseiserne Wendeltreppe durch den Turm bis zum Dachgeschoss. Jede einzelne Trittstufe ist zu einer Mittelsäule zusammengesteckt und wird durch Verschraubung mit den senkrechten Geländerstäben und dem Handlauf zusammengehalten und getragen. In der 2. Etage enthält der Turm vier künstlerisch zwischen Neobarock und Jugendstil anzusiedelnde Fenstereinfassungen. Die vier Fenster haben eine bunte Verglasung, jedoch ist nur noch eins vollständig erhalten.
Geschichte
Puricelli ist der Name einer Industriellenfamilie aus Rheinböllen, Bad Kreuznach und Bretzenheim. Die Puricellis leiteten das Eisenwerk Rheinböller Hütte und hatten über Jahrzehnte großen Einfluss auf die Entwicklung des Wirtschaftslebens im östlichen Hunsrück und an der unteren Nahe. Einige Mitglieder der streng katholischen Familie widmeten sich dem Bau und Erhalt von Kapellen und Kirchen in der Region und machten bedeutende Stiftungen wie das Puricelli-Stift in Rheinböllen. Das weitläufige Hofgut in Bretzenheim mit den „Trümmern eines alten Schlosses an der Nahe“ hatte die verwitwete Margarethe Puricelli 1813 erworben. Erst Carl (III.) Puricelli, der Enkel der Begründerin dieses Gutes, Margarethe Puricelli, hat als alleiniger Besitzer ab 1876 Aus-, Um- und Neubauten vorgenommen. Er begann auch, das Areal zu erweitern und weitere Wohnhäuser und landwirtschaftliche Anwesen hinzuzukaufen. Der Wasserbedarf und damit der Bedarf an funktionellen Wasserentnahmestellen stieg, was zum Bau des Wasserturms führte. Erst 20 Jahre später, im Jahre 1900, gab es in Bretzenheim ein kommunales Wasserleitungsnetz; der Wasserturm hatte ausgedient. Originalität, bauliche Besonderheit sowie künstlerische und industriegeschichtliche Bedeutung sind nur einige Gründe, die dazu führten, den auf Privatgelände stehenden Wasserturm im Jahre 1999 unter Denkmalschutz zu stellen.
Kulturdenkmal
Der Wasserturm in der Turmstraße wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Kreis Bad Kreuznach geführt (Stand 2022). Der Eintrag lautet:
„Turmstraße o. Nr.
Wasserturm, achteckiger gründerzeitlicher Backsteinbau, bez. 1879.“
(Projektteam der Modellkommune Bretzenheim, 2022)