Die Gewerbehalle war das Aushängeschild der Edelstein- und Schmuckindustrie und lange Zeit eine der Hauptattraktionen der Stadt Idar-Oberstein. Hier konnten die Gewerbetreibenden der in Oberstein und Idar beheimateten Industrie ihre Waren zur Ansicht und zum Verkauf ausstellen. Der Bau war Teil einer Vermarktungsstrategie und Ausdruck des gestiegenen Repräsentationsbedürfnisses der ortsansässigen Unternehmer. Neben der allgemeinen Ausstellung gab es eine Verkaufsausstellung und Sonderausstellungen.
Lage Die Gewerbehalle befindet sich im Stadtteil Idar an der Ecke Mainzer Straße/ Dr.-Liesegang-Straße. Der gelbsandsteingegliederte Rotziegelbau wurde in den Jahren 1894/95 errichtet. Die Hauptfassade des hoch gelegenen Gebäudes zeigt gut sichtbar in Richtung Oberstein.
Gebäude Bei der Gestaltung des Gebäudes wurden Elemente von italienischen Renaissancepalästen und Museumsbauten des 19. Jahrhunderts aufgegriffen. Ab dem Jahr 1925 war die Gewerbehalle zudem Forschungseinrichtung: der Idarer Edelsteinhändler Georg O. Wild richtete im Untergeschoss des Gebäudes ein privates edelsteinkundliches Labor ein. Im oberen Stockwerk befanden sich Verwaltungs- und Forschungsräume sowie ein Saal für mineralogische Sammlungen.
Gründung Vorgängerin der Neuen Gewerbehalle war die im Jahr 1859 vom „Gewerberat für das Obersteiner Fabrikwesen“ eingerichtete (Alte) Gewerbehalle. Sie befand sich am Alexanderplatz in Idar in einer ehemaligen Schule und wurde auch als Industriehalle bezeichnet. Das Gebäude erwies sich jedoch bald als zu klein. Ein größerer Standort sollte gefunden werden. Mehrere Jahre stritt man über einen geeigneten Bauplatz für einen Neubau, bis im Jahr 1890 die Entscheidung für das Grundstück am „Klöppchen“ fiel. Seine Lage wurde als „auf dem rechten Ufer des Idarbachs auf hervorragender erhabener Stelle, mit herrlicher Aussicht auf Stadt, Tal und Wald, 30-40 Ruthen groß“ (StA I-O, 2b/I A/ 40) beschrieben. Am 2. September 1896 weihte der oldenburgische Großherzog Nikolaus Friedrich Peter (1827-1900, regierte ab 1853) die Neue Gewerbehalle bei einer öffentlichen Feier ein.
Ausstellung Das Innere des Gebäudes sollte die Exponate bestmöglich zur Geltung bringen. In der Mitte der großen zweigeschossigen Ausstellunghalle stand bis zum Umbau im Jahre 1936/37 eine markante achteckige Pultvitrine. Der obere Teil der Ausstellung befand sich auf einer offenen Galerie. Die Präsentation erfüllte durch die systematische Anordnung der Steine nach Herkunft, Bearbeitung oder Qualität auch eine Bildungsfunktion.
Die einheimische Edelstein- und Schmuckindustrie wurde dazu aufgerufen, ihre besten und wertvollsten Stücke für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Die Besucherzahlen der Ausstellung stiegen im Verlauf der 1930er Jahre, nachdem die Gewerbehalle in einem Werbeblatt der „NS-Fachgruppe für das Edelsteingewerbe“ als eine Hauptattraktion der Stadt Idar-Oberstein beworben worden war. Es fanden umfangreiche Umbaumaßnahmen statt, bei denen unter anderem große, elektrisch beleuchtete Vitrinen in den Wänden des Hauptgeschosses installiert wurden. Dadurch konnte die Ausstellungsfläche verdoppelt werden. Die Ausstellung wurde im Mai 1937 offiziell neueröffnet.
Nach Ende des 2. Weltkriegs bestand zunächst nur eine Verkaufsausstellung für Angehörige der Besatzungsmächte. Im Jahr 1949 wurde die Ausstellung wieder für die Öffentlichkeit geöffnet. Zwischen den Jahren 1951 und 1975 war das Gebäude Sitz der Deutschen Gemmologischen (edelsteinkundlichen) Gesellschaft. Auch die Industrieverbände „Schmuck- und Metallwaren“ und „Edelstein- und Diamantindustrie“ waren in den Jahren 1948 bis 1968 in der Gewerbehalle untergebracht. Die Edelsteinausstellung befand sich bis Ende 1973 in der Neuen Gewerbehalle.
Weitere Nutzungsformen Im Jahr 1936 wurde das Institut von Georg O. Wild an die Universität Frankfurt angegliedert. Ab dem Jahre 1949 war das kurz zuvor gegründete Edelsteinforschungsinstitut in Räumen der Gewerbehalle untergebracht. Nach dem Umzug der Ausstellung in das im neuen Börsenhochhaus eingerichtete Deutsche Edelsteinmuseum befand sich in dem Gebäude eine Ausbildungsstätte der Industrie- und Handelskammer. Im Jahr 1990 wurde das Gebäude an die Christengemeinde Arche verkauft. Heute befindet sich dort das Begegnungszentrum Gewerbehalle. Die ehemalige Ausstellungshalle wird für Gottesdienste genutzt.
Kulturdenkmal Die Gewerbehalle (Dr.-Liesegang-Straße 1) in Idar-Oberstein wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Birkenfeld (Stand 2022) geführt. Der Eintrag lautet: „Dr.-Liesegang-Straße 1 ehem. Gewerbehalle, gelbsandsteingegliederter Rotziegelbau, 1894/95“.
Quellen - Stadtarchiv Idar-Oberstein, Abt. 2b, Best. I A: Akten des Gewerberats für das Oberstein-Idarer Fabrikwesen, Nr. 40 Bau der Neuen Gewerbehalle in Idar.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Birkenfeld. Denkmalverzeichnis Kreis Birkenfeld, 7. März 2022. Mainz.
Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (1993)
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Band 11, Kreis Birkenfeld. In: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Worms.
Rauscher, Manfred (1996)
100 Jahre Neue Gewerbehalle. Ein Symbol der uralten Edelsteinstadt Idar. In: Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde im Landkreis Birkenfeld und der Heimatfreunde Oberstein, S. 45-80. Idar-Oberstein.
Stiftung Deutsches Edelsteinmuseum (Hrsg.) (2009)
150 Jahre Deutsches Edelsteinmuseum Idar-Oberstein. Katalog zur Sonderschau vom 26.06.2009 - 03.01.2010. Idar-Oberstein.
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