Entstehung der Bahnlinie
Als in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts die Diskussion über den Bau einer Eisenbahn im linksrheinischen Gebiet begann, wurden verschiedene Varianten für eine Verbindung von den westlichen Kohlegruben an den Rhein geprüft - ein wesentlicher Zielpunkt war die ehemalige Rheinschanze das heutige Ludwighafen - in enger Konkurrenz dazu die damalige Kreishauptstadt Speyer.
Die Prüfung der damals technischen Möglichkeiten zeigten einen Weg über Neustadt auf, als der König im Dezember 1837 dann die Anlegung zweier „Eisenbahnen von der Rheinschanze zur preußischen Grenze gegen Saarbrücken und von der Rheinschanze nach der französischen Grenze bei Lauterburg“ genehmigte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der Bauingenieur Paul Denis, dessen Familie auch in Neustadt gelebt hatte, der als Teilnehmer des Hambacher Festes verfolgt worden war, bereits die erste private Bahnlinie in deutschen Landen, nämlich von Nürnberg nach Fürth auf den Weg gebracht - sie startete am 7. Dezember 1835.
Der damalige Erfolg hatte auch seine Auswirkungen auf das Bahnprojekt in der Pfalz - Aktien wurden gezeichnet und bereits im März 1838 wurde als Baurichtung für die Bahn der Weg über Neustadt in die Rheineben festgelegt - der Stadtrat bedankte sich mit einer „Dankadresse an den Herrscher“ für diese, für die Zukunft der Stadt so wichtige Entscheidung. Es sollte dann bis zur Umsetzung noch einige Zeit vergehen, doch als 1844 Paul Denis bei der Verwaltungsratssitzung der der damaligen Bahngesellschaft zum Baudirektor ernannt wurde, war der Startschuss gegeben. Im Juni 1847 konnte der erste Abschnitt des Bahnbaus dann abgeschlossen werden - Neustadt erhielt seinen ersten Bahnhof genau gegenüber dem Lokschuppen in dem wir heute den 175. Geburtstag der Bahn feiern - seit dieser Zeit dient das heutige Pfalzbahnmuseum ununterbrochen dem Bahnverkehr. Züge zur Rheinschanze und in die Kreishauptstadt Speyer konnten rollen.
Der Zuspruch der Neustadter zur Bahn war riesig; Schon bei den im Mai 1847 durchgeführten Probefahrten gab es eine große Nachfrage. Im ersten Betriebsmonat wurden dann schon rund 8000 Fahrgäste am Neustadter Bahnhof gezählt - beste Verkaufszahl an der neuen Linie - man begann auch sonntags Fahrkarten zu verkaufen, nutzten doch viele Ausflügler das neue Verkehrsmittel zur Fahrt in die Stadt an der Haardt. Als im August 1849 dann die Bahnstrecke von Neustadt nach Frankenstein in Betrieb genommen wurde, hatte Baudirektor Paul von Denis die erste Durchquerung eines Mittelgebirges im deutschen Raum für den Bahnbau bewältigt.
Ausbau und Weiterentwicklung
An die Pfälzische Ludwigsbahn schlossen sich 1853 die Hessische Ludwigsbahn nach Mainz an - was ebenfalls sofort Sonderzüge nach Neustadt brachte - im November 1855 wurde die bereits lange im Gespräch befindliche Eisenbahn nach Weissenburg mit der Verbindung nach Straßburg umgesetzt.
Schon jetzt gab es Überlegungen den Bahnknoten Neustadt zu erweitern - ein neuer Hauptbahnhof wurde konzipiert und an der heutigen Stelle errichtet. Ein attraktiver Bahnhofsplatz kam dazu. Als 1865 dann die Eisenbahn nach Dürkheim - wo Paul von Denis später seinen Altersruhesitz nahm - hinzu kam, wurde die Bahn im Talausschnitt zwischen dem hiesigen Lokschuppen und dem Bereich der Gemarkung Mußbach (Harthäuserweg) und der Speyerdorfer Strasse auf einen Damm verlegt - schon damals beschwerten sich Fuhrleute über die hohe Zugfrequenz und di lange Schließzeit der Bahnübergänge. Man muss sich ein solches Bauvorhaben mit den damals vorhandenen technischen Mittel vorstellen- seitdem haben wir Viadukte über deren Erneuerung wir mit der Bahn gerade im Gespräch sind.
Die Konzeption einer Bahnlinie vom Rheintal durch das Tal der Alsenz nach Neustadt und weiter nach Straßburg und Italien brachte Ende des 19. Jahrhunderts für Neustadt einen weiteren Verkehrsaufschwung - Hauptbahnhof wurde noch attraktiver gestaltet und die heute noch erhaltenen „Mittelhaube“ aufgesetzt.
Dass Straßenbahn und Busse die regionale Funktion des Neustadter Hauptbahnhofs weiter stärkten, zeigten nicht nur alte Bilder. An diese Funktion des Knotenbahnhofes hat Neustadt mit der Einführung des Rheinland-Pfalz-Taktes erfolgreich angeknüpft. Mehr als 20 000 Personen steigen hier ein und aus oder in den Busverkehr um.
Von daher sind die städtischen Aufgaben, die mit Unterstützung des Landes und in Kooperation mit der Deutschen Bahn angegangen werden, klar:
Der Hauptbahnhof erhält mit dem Anschluss der Bahnsteigüberführung an die Schillerstraße einen südlichen Zugang. Er wird auf den erweiterten Busverkehr - Start ab Dezember 2022 - ausgerüstet - der Bahnhofsplatz wird neu gestaltet. Ein Parkhaus wird durch einen privaten Betreiber errichtet - weitere Fahrradabstellanlagen geschaffen. Mit der stündlichen Inbetriebnahme der S-Bahn über Homburg hinaus nach Zweibrücken (vsl. 2025) erhalten wir ein neues attraktives Verkehrsangebot für Pendler und Touristen. Etwa im gleichen Zeitraum wird die Bahnverbindung zwischen dem Knoten Neustadt - in der Metropolregion Rhein-Neckar - und dem direkten Zugverkehr zwischen Neustadt und der Eurometropole Straßburg in Betrieb gehen - alles Perspektiven für einen umwelt- und klimafreundlichen ÖPNV in der Region.
(Werner Schreiner, Neustadt an der Weinstraße, 2022)
Internet
www.eisenbahnmuseum-neustadt.de: Eisenbahnmuseum Neustadt an der Weinstraße (abgerufen 06.10.2022)