Kalksteinbruch Hanielsfeld in Wuppertal

RWK Grube 10

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Wuppertal
Kreis(e): Wuppertal
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 14′ 51,18″ N: 7° 03′ 52,11″ O 51,24755°N: 7,06448°O
Koordinate UTM 32.364.914,55 m: 5.679.133,74 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.574.367,66 m: 5.679.725,28 m
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    Halde Buntenbeck, Steinbruch Hanielsfeld (2021)

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  • Luftbild Steinbruch Hanielsfeld (2018)

    Luftbild Steinbruch Hanielsfeld (2018)

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  • Einfahrt in den Steinbruch Hanielsfeld (2021)

    Einfahrt in den Steinbruch Hanielsfeld (2021)

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    Halde Buntenbeck, Steinbruch Hanielsfeld (2021)

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  • Halde Buntenbeck, Steinbruch Hanielsfeld (2021)

    Halde Buntenbeck, Steinbruch Hanielsfeld (2021)

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Die Grube liegt neben der Landstraße, auf halber Strecke zwischen Dornap und Wieden, der heutigen B 7.

Geschichte
Betreiber
Nachnutzungen
Heutiger Zustand
Zugang
Internet/Literatur

Geschichte
Datierung: Anfang 19. Jahrhundert bis heute

19. Jahrhundert
Schon die Kartenaufnahmen von Tranchot/Müffling (1824) und die preußische Uraufnahme (1843) zeigen am Nordrand der heutigen Grube Hanielsfeld einen Steinbruch. Der Kalkabbau hat hier eine längere Tradition, die Steine werden vor 1850 sogar für den Fernhandel als Baustoff genutzt (HAUMANN 2020, S. 112). Trotzdem bleibt der Transport aufwendig.

Meyberg
Dies ändert sich 1847 mit dem Bau der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn von Wuppertal bis an die Ruhr. Die Trasse führt direkt am Westrand des Bruchs vorbei. Die neue, leistungsfähige Verkehrsverbindung an die Ruhr und der hier anstehende hochwertige Kalkstein, der von den Hüttenwerken an der Ruhr als begehrter Zuschlagsstoff gesucht wird, sind mit die wichtigsten Beweggründe von Heinrich Meyberg, um hier 1853 das erste Kalkwerk Dornaps zu errichten. 1856 eröffnet er einen zugehörigen neuen Steinbruch. Zum Betrieb eines Förderschachts und zur Sümpfung wird eine Dampfmaschine eingesetzt (THOMAS/RHEFUß 2016, S. 103).

Die Transportbedingungen verbessern sich nochmals, als 1863 die Bahn nach Norden über die Ruhr hinaus bis nach Essen-Steele verlängert wird. Die meist nördlich der Ruhr liegenden Hüttenbetriebe hatten nun kostengünstig Zugriff auf Dornaper Stein (HAUMANN 2020, S. 112). Die „Friedrich-Wilhelm-Hütte“ in Mülheim rechnete sich einen Preisvorteil von 3.000 bis 4.000 Talern aus (HAUMANN 2020, S. 112). Zuvor bezog man die Steine v.a. aus den Brüchen im Neandertal.
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1868 entsteht neben dem Trichterofen ein neuer Ringofen. Mit dem 1867 bei Hochdahl eröffneten Ringofen zählt er zu den ersten Öfen dieser Bauart in Europa. Die beiden Öfen besitzen noch einen kreisrunden Grundriss, später erstellte Ringöfen werden meist als langovale Konstruktion ausgeführt. Die vorteilhaften Ergebnisse des neuen Brennverfahrens im Ringofen im Vergleich zum Trichterofen werden von Meyberg in einem kurzen Fachartikel publiziert, der interessante Details zu Kosten und benötigter Arbeitskraft enthält (ZWICK 1879, S 103):

„Was die Erfolge des Ringofens anbetrifft, so liegen darüber Erfahrungen vor u. a. von dem Kalkwerke Dornap (Westphalen). Der Besitzer H. Meyberg vergleicht die Brennresultate des Kalkringofens mit demjenigen eines Trichterofens.
  • Der Trichterofen liefert täglich zirka 30.000 kg gebrannten Kalk.
  • Der Ringofen liefert täglich zirka 23.300 kg gebrannten Kalk.
  • Der Trichterofenkalk beträgt per Waggon 46,46 hl.
  • Der Ringofenkalk beträgt per Waggon zirka 54,96 hl., ist also beinahe 1/10 leichter als ersterer.
Die Wiederverkäufer verlangen daher Trichterofenkalk, wenn sie nach dem Gewicht verkaufen; Ringofenkalk, wenn sie nach dem Volumen verkaufen.
Bei Gelegenheit des Baues einer Ruhr-Brücke lieferte das Werk 20 Waggons Kalk im gelöschten Zustande.
Jeder Waggon Ringofenkalk, à 54,96 hl, lieferte 18,53-18,70 m3gelöschten Kalk, jeder Waggon Trichterofenkalk, à 49,46 hl dagegen nur 12,36 m3.

Weitere Ergänzungen gibt Meyberg über den Betrieb feines Kalkwerkes im Jahre 1871. Es wurden in diesem Betriebsjahr gebrannt:
Im Ringofen:Im Trichterofen:
2397 5/12 Waggons Kalk a 5000 kg2066 Waggons Kalk
292 ½ Waggons Kohlen348,88 Waggons Kohlen

Sie ergaben an gebranntem Kalk
im Ringofen: 1120 Waggonsim Trichterofen: 918 1/2 Waggons
Davon erforderten 5000 kg gebrannten Kalkes:
1.300 kg Kohlen besserer Qualität1.900 kg Kohlen geringerer Qualität
8,82 Mark Löhne5,52 Mark Löhne
10.700 kg Kalksteine11.250 kg Kalksteine

wobei der Ringofen fast keine Kalkasche, der Trichterofen dagegen großen Verlust an Kalkasche brachte. Es kostete somit ein Waggon Kalk:
Im RingofenIm Trichterofen
Kohlen 15,75 Mark15,90 Mark
Löhne 8,20 Mark5,50 Mark
Steine 12,85 Mark13,50 Mark
Summa 36,80 Mark34,90 Mark

Der Waggon Ringofenkalk wurde um 3,35 Mark teurer als Trichterofenkalk verkauft; Kalkasche, wenn sie überhaupt verkäuflich, kostet 1/4 vom Trichterofenkalk.
Da der Ringofenkalk leichter und ergiebiger als der Trichterofenkalk (siehe oben) - jener erlaubt 54,96 hl per Waggon zu laden, dieser nur 49,46 hl, jener gab 0,74 bis 0,77 m3 per Tonne gelöscht, dieser nur 0,52-0,55 m3 - hält der Ringofenkalk die Konkurrenz somit auf ganz erheblich größere Entfernungen aus und bringt ein kulanteres und lukrativeres Geschäft als Trichterofenkalk.“


1874 sind im Betrieb Meyberg 100 Arbeiter angestellt, die jährlich 10.000 Tonnen Branntkalk in verschiedenen Qualitäten herstellen (THOMAS/RHEFUß 2016, S. 103).

Erst 1896 wird der Betrieb Meyberg durch die RWK übernommen, die für die Erweiterung zuvor eine Kapitalaufstockung vorgenommen hatte (KASIG/WEISKORN 1992, S. 123).

Gutehoffnungshütte
Der Blick in die Karte der preußischen Neuaufnahme 1892 zeigt indes, dass im Bereich der heutigen Grube Hanielsfeld noch drei weitere Gruben von teils beträchtlicher Größe liegen. So besaß auch die Gutehoffnungshütte (GHH) aus Oberhausen hier einen Steinbruch, den sie seit 1856 in Eigenregie betrieb (HAUMANN 2020, S. 149). Die GHH geht aus einem Zusammenschluss von den in der Eisenindustrie tätigen Unternehmern Franz und Gerhard Haniel, Heinrich Arnold Huyssen und Gottlob Jacobi hervor. 1808 gründen sie die „Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel & Huyssen“, aus der 1810 die Oberhausener Gutehoffnungshütte (GHH) hervorgeht, einer der größten Stahlbetriebe Europas (siehe auch „Bedeutender Kulturlandschaftsbereich Gutehoffnungshütte (KLB 14.13)“. Franz Haniel war treibende Kraft innerhalb des Hüttenkonzerns und namensgebend für das Grubenfeld Hanielsfeld.
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Im Gegensatz zu vielen anderen Hüttenbetrieben behält die Gutehoffnungshütte in den 1860er Jahren ihren Bruch. Die meisten Werke veräußern ihre Brüche im Raum Dornap an örtliche Unternehmer, um im Gegenzug dafür langfristige Lieferverträge auszuhandeln (HAUMANN 2020, S. 120 u. S. 149). Grund ist der starke Preisverfall des Kalksteins, bedingt durch die insgesamt hohen Fördermengen.
1870 fördert die GHH 40.000 Tonnen Kalksteine, eine Menge, die dennoch nicht ausreicht, sodass von anderen Bruchbetreibern zugekauft werden muss (HAUMANN 2020, S. 116). Versuche, um 1880 einen neuen, größeren Bruch anzulegen, scheitern an den örtlichen Steinbruchunternehmern Schüler und P. Rossmann, spätere Mitbegründer der „RWK Dornap“, welche sich die in Frage kommenden Grundstücke zuvor gesichert hatten.

Mitte der 1890er ist die Gutehoffnungshütte der einzige Hüttenbetrieb mit eigenem Bruch. 1896 gelingt der Kauf von weiteren 30 Morgen Land bei Buntenbeck (HAUMANN 2020, S. 120). Um sich von den immer noch benötigten Lieferungen der RWK unabhängig zu machen, wird die Abbaumenge von 1896 bis 1898 verdoppelt, der Bedarf des Hüttenwerks in Oberhausen kann so fast gedeckt werden. Doch schon 1900 fällt man wieder auf das Abbauniveau von 1896 zurück (HAUMANN 2020, S. 160). Der am Südrand der Grube liegende Weiler Fliethe fällt um die Jahrhundertwende dem Abbaudruck zum Opfer.

RWK Dornap
Über die weitere Entwicklung des Steinbruchbetriebs der GHH liegen leider keine Informationen vor. Wahrscheinlich gelangt der Steinbruch nach Zerschlagung des Konzerns im Zuge der wirtschaftlichen Entflechtung der Montankonzerne nach 1945 in den Besitz der „RWK Dornap“.
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Das Luftbild von 1954 zeigt, dass Anfang der 1950er Jahre im Abbaufeld Hanielsfeld insgesamt noch zwei große Steinbrüche bestehen: Im Norden der ehemalige Bruch von H. Meyberg mit einer Fläche von rund 360 x 160 Meter, und im Süden der birnenförmige Bruch der Gutehoffnungshütte mit 300 x 450 Meter Ausdehnung. Die Brüche liegen zu dem Zeitpunkt offenbar still, es hat sich eine dünne Vegetationsschicht gebildet.

Der Stillstand kann jedoch nicht von langer Dauer gewesen sein. Zugleich mit der Umstellung auf gleislosen Betrieb in den Brüchen der RWK Anfang der 1960er Jahre beginnt auch im Abbaufeld Hanielsfeld wieder der Betrieb. Innerhalb kurzer Zeit wachsen die beiden, bislang durch einem Gesteinsriegel voneinander getrennten Brüche zu einem Großbruch zusammen. Die alten Ringöfen der Firma Meyberg an der Bahn fallen der nordwestlichen Erweiterung der Grube zum Opfer.

Die Erschließung des neu ausgerichteten Bruchs erfolgt über eine Fahrstraße für Schwerlastkraftwagen (SKWs). Sie führt durch einen 320 Meter langen Tunnel unter der Düsseldorfer Straße hindurch nach Norden in den Nachbarbruch Voßbeck. Von dort verläuft die Trasse in Serpentinen aus der Grube hinaus bis zu dem neben der Bahn gelegenen Kalkwerk der Grube Voßbeck.
An der Südseite des Bruchs Hanielsfeld entsteht außerdem ein Vorbrechwerk, welches durch die 40 Tonnen SKWs mit Rohkalk beschickt wird. Über eine Förderbandanlage, die die benachbarte Bahnlinie quert, gelingt der zerkleinerte Kalkstein zur Aufbereitung in das Kalksteinwerk Hahnenfurth. Dies beinhaltet die Waschung und Klassierung des Materials. Danach kann das Material gebrannt werden.
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Ab 1975 ermöglicht ein weiterer, 200 Meter langer Fahrttunnel für SKWs, der unter der Bahnstrecke Wuppertal-Essen hindurchführt, die direkte Durchfahrt der SKWs zum Bruch Hahnenfurth und dem dortigen Kalkwerk (KUNZ 2015).

Der bis 70 Meter unter das Geländeniveau reichende Abbau der westlichen Hälfte des Bruchs Hanielsfeld ist zu dem Zeitpunkt bereits ausgebeutet (Höhen entnommen aus: DGK5, 1963). Nach der Stilllegung dient der sich bildende See als Klärteich für die Abwässer aus der Kalkwäsche des benachbarten Kalkwerk Dornap.

Im Ostfeld des Bruchs wird noch bis Ende der 1970er Jahre Stein abgebaut. Nach Einstellung des Betriebs erstreckt sich der gesamte Bruch über eine Fläche von 650 x 350 Meter. Die tieferen Sohlen beider Abbaufelder verfüllt man bis auf die Höhe des Brechwerks am Südrand mit Abraum. Dieses wird noch für die Förderung aus dem Bruch Schickenberg gebraucht.

Das Brechwerk bleibt bis etwa 2013 in Betrieb und wird danach abgebrochen.
Teilbereiche der Grube rekultiviert man für den Natur- und Artenschutz. In jüngerer Zeit hat man damit begonnen, die bislang verbliebenen Bruchflächen mit Abraum zu verfüllen.
Während des Abbaus entsteht am Ostrand des Bruchs die zugehörige Abraumhalde Buntenbeck. Heute ist sie eine dicht bewachsene, von weither sichtbare Landmarke mit einer Grundfläche von 500 x 180 Metern. Die Halde langt bis dicht an die Ortslage Wieden heran und erreicht dort eine Höhe von etwa 20 Meter.
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Betreiber
  • Anfang 19. Jahrhundert: Erster Steinbruch, Betreiber unbekannt
  • 1856: Meyberg, 1857 Gutehoffnungshütte und weitere Unternehmen
  • ab ca. 1950: „RWK Dornap“
  • 1999: Lhoist Germany-Rheinkalk GmbH

Nachnutzungen
Klärteich, Abraumdeponie

Heutiger Zustand
Die Halde Buntenbeck am Ostrand der Grube sowie die Böschungen sind bewaldet. Die eigentliche Grube wird derzeit verfüllt und ist weitestgehend vegetationsfrei.

Zugang
nicht zugänglich, eingezäunt
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(Jörn Kling, 2021)

Internet
www.alfredkunz.de: Fa. Alfred Kunz (2015): Projektpapier, Sanierung Tunnel Hahnenfurth-Hanielsfeld. (abgerufen am 09.02.2022)

Literatur

Haumann, Sebastian (2020)
Kalkstein als kritischer Rohstoff. Eine Stoffgeschichte der Industrialisierung, 1840 - 1930. (Umwelt- und Klimageschichte, Band 2.) Bielefeld.
Kasig, Werner; Weiskorn, Birgit / Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e.V. (Hrsg.) (1992)
Zur Geschichte der deutschen Kalkindustrie und ihrer Organisationen. Forschungsbericht. Köln.
Thomas, Hans-Peter; Rhefus, Reiner / Buschmann, Walter (Hrsg.) (2016)
Die Bergische Kalksteinindustrie in Wülfrath und Wuppertal. In: Industriekultur. Düsseldorf und das Bergische Land, S. 86-114. Essen.
Zwick, Hermann (1879)
Kalk und Luftmörtel. Auftreten und Natur des Kalksteines, das Brennen desselben und seine Anwendung zu Luftmörtel. Wien.

Kalksteinbruch Hanielsfeld in Wuppertal

Schlagwörter
Ort
Wuppertal
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Vor Ort Dokumentation
Historischer Zeitraum
Beginn 1800

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Jörn Kling (2021): „Kalksteinbruch Hanielsfeld in Wuppertal”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-343051 (Abgerufen: 13. Mai 2024)
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