Die Ausrichtung des Gebäudes zur Hauptstraße erfolgte traufständig mit einem zusätzlichen Giebelansatz. Das Haus wird von einem steilen Satteldach abgeschlossen. Der Innenhof wird von Nebengebäuden abgeschirmt. Ein anschließender kleiner Garten reicht bis zum Alsterbach, dem früher Bachstaden genannten Gewässer. Im Anschluss daran liegen die Weinberge. Dieses Haus spiegelt mit seiner Grundstücksstruktur das typische Anwesen in Alsterweiler wider. Das Grundstück wird nach Südwesten hin von einer Scheune begrenzt. Sie dürfte wohl noch aus der Zeit stammen, als das Anwesen als Wirtschaftshof betrieben wurde. Der über dem Eingang eingebaute Schlussstein zeigt die Jahreszahl 1759.
Architektur
Das Gebäude ist in fünf Fensterachsen gegliedert. Es erstreckt sich in der Höhe über zwei Geschosse und „sitzt“ auf einem für Alsterweiler typischen „Hochkeller“. Den unteren Teil nimmt der Gewölbekeller ein, dessen Höhe bis an einen vermutlich einmal vorhandenen Torbogenscheitel reichte (wie auch hier beschrieben: Hauptstraße 25). Der Keller hatte Fenster mit Sandsteineinrahmungen (eines davon ist auf der Straßenseite noch zu erkennen, dort sind auch Steinmetzzeichen zu sehen). Darüber ist das erste bewohnbare Geschoss aufgesetzt. Der Zugang befindet sich im Innenhof, über einem nach Westen gerichteten Treppenaufgang.
Schlussstein im Garten des Anwesens
Ein weiterer Schlussstein (Stein der einen Torbogen schließt) liegt im Garten des Anwesens. Nach längerer Recherche konnte dieser Stein dem Anwesen Hauptstraße 63 zugeordnet werden. Er entspricht vergleichbaren Steinen aus dem Zeitraum und ist in einer Art „Kartusche“ gefasst. Auf dem Schlussstein aus rotem Sandstein ist zu lesen:
P N B
U A B N
1805
Für die Buchstabenkombination „PNB“ steht Peter Nikolaus Platz, was für den ersten Moment etwas verwirrend erscheint. In der Franzosenzeit (nach der französischen Revolution bis zur bayerischen Zeit) wurden gerne mal „harte“ und „weiche“ Konsonanten verwechselt bzw. vertauscht, wie „K“ als Anfangsbuchstabe für den Familiennamen „Gross“. Möglicherweise klang es in „französischen Ohren“ so, also B statt P. Natürlich trifft auch das Pfälzische keine große Unterscheidung zwischen den Anlauten B und P. Der Steinmetz hat wohl die „weichere“ Variante B bevorzugt (wie man den Namen ja auch im Dialekt spricht, „s‘ Blatze“, die „Blatze-Blos“). Es liegt auch nahe, daß es der Steinmetz war, denn Platz selbst hat im Jahre 1796 bei der 3. Trauung mit „Petter Nikolaus Platz“ unterschrieben. Seine Ehefrau Ursula Lorenz war Analphabetin und setzte nur ein Beizeichen (OFB 2015).
So ähnlich liegt der Fall auch bei Georg Gross und Susanna Bender. Georg Gross unterschrieb im Jahre 1791 als „Georg Groß“, die Braut konnte nicht schreiben. Bei deren Schlussstein von 1817 steht „GK SAK“ für Georg Kroß und SusannA Kroß, anstelle des zu erwartenden „GG SAG“. Vielleicht war es derselbe Steinmetz, der den Schlussstein am Hoftor des Anwesens Hauptstraße 4 fertigte.
Die Auflösung des Eintrags und die Zuordnung des Steines zu den Personen ist als gesichert anzunehmen. Im gesamten Ortsfamilienbuch gibt es keine andere Buchstabenfolge, die zu den Einträgen passen würden. Wir haben es also mit den folgenden Personen zu tun:
* Peter Nikolaus PLATZ (*1760 †1847) (OFB 4666, Seite 609),
1. Heirat: Maria Eva Rosina Platz (†1794)],
2. Heirat: Anna Klara Mayer (†1796)],
3. Heirat: Maria Ursula Lorenz (*1771 †1837) (OFB 3717, Seite 505) Heirat am 05.06.1796 (alle Angaben Martina Stöckl und Matthias C.S. Dreyer 2019).
Die Initialen „PNB“ stehen dann also für Peter Nikolaus B(P)latz. Die Initialen der Ehefrau „UA BN“ stünden für „UrsulA BlatziN“. Auch das ist stimmig, denn die Ehefrauen wurden auf den Schlusssteinen in der Regel mit den Heiratsnamen angesprochen. Siehe dazu auch am Anwesen Hartmannstraße 61 Johann Friedrich Eisenbiegler und Eisenbieglerin (eine geborene Schwarzwälder).
Das Anwesen ist in den Unterlagen zur Nachqualifizierung der Denkmalzone in Alsterweiler als erhaltenswertes Gebäude verzeichnet: „Hakenhof mit giebelständigem, zweigeschossigem Wohnhaus, im Kern womöglich des 17. Jh., Anbau (traufständig) wohl des 19. Jh. Massiver Putzbau über sehr hohem Sockel mit Kelleröffnungen. Obergeschoss mit eckig gefasten Fenstern und Klappläden, Anbau mit baugleichen, gelbsandsteinernen Fenstern. Im Giebelfeld und zur Hofseite hin Durchfensterung des 20. Jh., darüber Krüppelwalm. Angrenzende Torfahrt mit wohl bauzeitlichen Pfeilern, dahinter Steinsichtigkeit der Hauswand einsehbar sowie historische Pflasterung und Scheune im Hof. Westlich angrenzende, historische Stichgasse in Richtung Kapellenweg vorhanden“ (GDKE 2021).
Das Anwesen war Teil eines architektonischen Rundgangs anlässlich der Brunnenkerwe ONLINE 2021. Unter dem Titel „Alsterweiler und seine Baukultur“ veranstaltete die Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Kammergruppe 10 vier Streifzüge durch den Ort. Kooperationspartner dieser Veranstaltung waren der Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler) und das Projekt Kultur.Landschaft.Digital. Rheinland-Pfalz sowie die Gemeinde Maikammer. Der Architekt Joachim Becker und der Stadtplaner Matthias C.S. Dreyer beschreiben das Anwesen im Streifzug II.
(Matthias C.S. Dreyer, Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler), 2021)