Römerweg und Gräfrather Straße in Erkrath

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Düsseldorf, Erkrath
Kreis(e): Düsseldorf, Mettmann
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 12′ 49,48″ N: 6° 54′ 44,85″ O 51,21374°N: 6,91246°O
Koordinate UTM 32.354.199,07 m: 5.675.665,36 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.563.800,51 m: 5.675.821,49 m
  • Ausschnitt aus der Unterbacher Jagdkarte 1641, Neuzeichnung 1811

    Ausschnitt aus der Unterbacher Jagdkarte 1641, Neuzeichnung 1811

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  • Haus Rathelbeck, historische Ansichtskarte 1896

    Haus Rathelbeck, historische Ansichtskarte 1896

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    Urheber unbekannt / Sammlung Stefan Weber
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Die Ortsteile Alt-Erkrath und Erkrath-Unterfeldhaus bzw. Düsseldorf-Unterbach werden durch einen in West-Ost-Richtung verlaufenden Höhenrücken geteilt. Über diesen Höhenzug verläuft eine alte Wegeverbindung, der „Römerweg“.
Nach der kommunalen Neuordnung 1975 hat sich für den westlichen Ortsteil an der Düssel die Bezeichnung Alt-Erkrath eingebürgert, zur Unterscheidung von der Gesamtkommune Erkrath. Düsseldorf-Unterbach gehörte bis zur kommunalen Neuordnung 1975 ebenfalls zu Erkrath.

Verlauf zwichen Erkrath und Gerresheim
Keine Römerstraße - aber Altstraße
Gräfrather Straße von Gerresheim nach Erkrath
Gräfrather Straße in Erkrath

Verlauf zwichen Erkrath und Gerresheim
Nach der amtlichen Hausnummernvergabe beginnt der Römerweg beim Bauernhof der Familie von Danwitz mit der Hausnummer 1, in der Nähe der alten, kleinen Andachtskapelle an der Einmündung zur Erkrather Kreuzstraße. Der auch Neu-Bavier genannte, 1962 erbaute Aussiedlerhof ist der einzige Wohnplatz mit dieser Adresse. Das 700 Meter westlich stehende Privatwohnhaus Rathelbeck, früher eine beliebte Gartenwirtschaft, findet man im Adressbuch unter Rathelbeck 1 (www.bgv-erkrath.de, Osmann 2021). Im Verlauf des Weges folgt 700 Meter westlich ein altes Gehöft mit der Adresse Hochscheid 1 (Einwohner-Adressbuch der Stadt Erkrath). Nach weiteren 200 Metern, auf Düsseldorfer Gebiet, ändert sich der Name zu Gödinghover Weg. In Erkrath war man bei der Vergabe der amtlichen Adressen wohl darauf bedacht, alte, überlieferte Hausnamen zu benutzen und so zu erhalten. Schon in den ältesten Adressbüchern wurden die besagten Häuser ab 1844 unter ihren historischen Hausnamen geführt (Adressbuch für den Regierungsbezirk Düsseldorf, 1844). Alt-Eingesessene Erkrather gingen über die „Rathelbeck“, wenn sie zur gleichnamigen Gartenwirtschaft wollten. Die Bezeichnung „Römerweg“ war früher nur für den östlichen, etwas mehr als 1 Kilometer langen Abschnitt des Höhenweges vom Friedhof an der Kreuzstraße bis zur Einmündung an der Hochdahler Straße üblich.
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Keine Römerstraße - aber Altstraße
Woher der Römerweg seinen Namen hat und seit wann er offiziell so heißt, lässt sich nicht eindeutig klären. Mit relativer Sicherheit kann man festhalten, dass es sich nicht um eine Römerstraße handelt. Römerstraßen wurden gebaut, hatten also einen erkennbaren Unterbau, das ist hier nicht der Fall. Hinzu kommt, dass es rechtsrheinisch wohl keine Römerstraßen gab.
Dennoch ist der Römerweg eine alte „Straße“. Als „Greveroeder Straße“ (Gräfrather Straße) wird er 1372 erstmalig urkundlich erwähnt (Katholisches Pfarrarchiv Erkrath). Der Name verweist auf die Funktion des Weges als Verbindung zum 1187 gegründeten Kloster (Solingen-)Gräfrath ab dem späten 12. Jahrhundert. Häufiger findet man die Aussage, die Gräfrather Straße sei die historische Route zwischen dem 870 gegründeten Stift Gerresheim und dem jüngeren Kloster Gräfrath. Der in relativ großer Entfernung (3,5 Kilometer) zum Stift Gerresheim, an der Glashüttenstraße/Knuppertzbrück liegende Wegeanfang, spricht eher dagegen.

Alte „Straßen“ sind reine Naturwege. Sie entstanden durch häufige Benutzung. Soweit die Wege eine überörtliche Bedeutung hatten, verliefen sie als Höhenstraßen, ihr Lauf folgte zum größten Teil den Wasserscheiden. Ursache dafür waren natürliche Zwänge. Die Täler waren häufig eng und versumpft, ihre Hänge so steil, dass eine Nutzung mit bespannten Wagen und Lasten nahezu unmöglich war. Alte Wege führten nur dann in die Täler hinab, wenn es unumgänglich war, um dann auf dem kürzesten Weg wieder auf die Höhe zurückzukehren (Dittmaier 1956, S. 218; Schüttler 1952, S. 50; Krumme 1954, S. 254 ff.). Diese Parameter gelten beispielhaft für die Gräfrather Straße.
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Gräfrather Straße von Gerresheim nach Erkrath
Die historische Gräfrather Straße nahm ihren Anfang in Düsseldorf-Gerresheim bei der Bushaltestelle „Knuppertzbrück“, an der Ecke Glashüttenstraße/Gödinghover Weg. Dort begann der steile Anstieg durch den Wald auf den Heidberg. Bis zur Erkrather Ortsgrenze sind Teile der Route noch als tief eingeschnittene Hohlwege ausgeprägt, sie bezeugen das hohe Alter des Weges. Nach etwa zwei Kilometern erreicht man, schon auf Erkrather Gebiet, das erste Haus: den vormaligen Hof Hochscheid. Der ursprüngliche Hofname scheint Hohscheid, auch Höhscheid, gewesen zu sein. Über die Hofgeschichte ist nur wenig bekannt. 1721 gehörte der als Kotten bezeichnete Wohnplatz zum im Düsseltal liegenden Gödinghoven (LAV NRW). Zum selbstständigen Gehöft wurde der Kotten erst nach einer späteren Erbteilung.

Bei Hochscheid quert der prähistorische Mauspfad die Gräfrather Straße. „Mauspfad“ ist die Bezeichnung für einen alten Fernhandelsweg, der am Rhein bei Duisburg beginnt und immer Rechtsrheinisch in südlicher Richtung bis Siegburg verläuft. Im Verlauf dieser Wegeführung ist eine beachtliche Anzahl von Fundstellen der Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der vorrömischen Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit bekannt geworden (Banniza 1990; Marschall et al. 1954).

Im Wegeverlauf passiert man den Gedenkstein für den Bäckermeister und Jagdliebhaber Werner Senger, dessen Mord 1995 nie aufgeklärt wurde (www.bgv-erkrath.de, Steiling 2021). Auf dem Abschnitt zum Haus Rathelbeck mündet linker Hand der Galgenweg in die Gräfrather Straße. Ob hier auf der Höhe jemals ein Richtplatz mit Galgen war, liegt im Dunkeln der Vergangenheit. Erklärungen für den Hausnamen Rathelbeck suchte man vor rund 100 Jahren in sagenhaften Erzählungen. Dabei übersah man, dass das um 1830 erbaute Haus seinen Namen vom Zimmermann Peter Wilhelm Rathelbeck erhielt, der für seine zahlreiche Kinderschar hier ein Haus errichtete. Rathelbeck hatte aus der Ehe mit Anna Sophia Loh ab 1813 zehn Kinder. Durch Ehe und Erbgang gelangte das Haus zunächst an die Familie Kleinilbeck, die hier seit etwa 1840 eine Gartenwirtschaft betrieb. 1920 wurde der Wirt Fritz Krickhaus in der Nähe seiner Gastwirtschaft Opfer eines Raubmordes, bei dem die Täter 7.000 Mark erbeuteten (Ratinger Zeitung).
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Gräfrather Straße in Erkrath
Nach einigen hundert Metern erreicht man den Aussiedlerhof „Neu-Bavier“, über den schon eingangs kurz berichtet wurde. Gegenüber steht eine großzügige Villa, die kurz vor 1900 als Gastwirtschaft „Bergschlößchen“ errichtet wurde. In unmittelbarer Nachbarschaft an der Einmündung zur Kreuzstraße steht die Andachtskapelle „Heiligenhäuschen“ (www.bruderschaft-erkrath.de, Osmann 2015). Baujahr und Alter sind unbekannt. Laut der Inschrift über dem Portal wurde die kleine Kapelle 1617 durch den Amtsrichter Bernhard von Gohr renoviert.

Um der Gräfrather Straße weiter zu folgen, muss man die stark frequentierte Kreuzstraße überqueren. Am Friedhof vorbei führt der Weg Richtung Hochdahler Straße. Auf der Nordseites des Weges stehen die Siedlungshäuser des Erkrath Vogelviertels (Tauben-, Adler-, Sperberstraße). Auf der Südseite hat man einen weiten Blick ins Rheintal, der bei gutem Wetter bis Köln und darüber hinaus reicht.

Der Römerweg endet an der Einmündung zur Hochdahler Straße. Die historische Gräfrather Straße verlief ab hier auf der Höhe südwestlich über Hochdahler Hof, Millrath und Gruiten zum namengebenden Zielort Gräfrath. In jüngster Zeit wurden in unmittelbarer Nachbarschaft der Wüstung Hochdahler Hof auf der sogenannten Neanderhöhe Reste einer Eisenzeitlichen Siedlung archäologisch ergraben (www.bgv-erkrath.de, Garcia 2021). Der hochinteressante Fund gewinnt an Bedeutung, wenn man berücksichtigt, dass alle im Umfeld von Erkrath bekannten Eisenzeitlichen Fundorte auf der sogenannten Nieder- und Mittelterrasse liegen (Düsseldorf-Rath, Hilden) (Ruppel 1988; www.gv-roesrath.de, Gechter). In der Höhenlage des Mettmanner Lösslehmgebietes sind solche Siedlungsvorkommen bisher unbekannt. Zusammenhänge zwischen dem Fund des Neandertalers und den jüngsten eisenzeitliche Siedlungspuren gibt es nicht, beide verleihen aber dem Gebiet rund um die Neanderhöhe und damit Erkrath ein Alleinstellungsmerkmal mit besonderer Bedeutung. Die früher vertretene These, das Mettmanner Lösslehmgebiet und angrenzende Bereiche seien in der Eisenzeit „siedlungsleerer Raum“ gewesen, lässt sich nicht mehr halten (Schüttler 1952, S. 38).
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(Horst-Ulrich Osmann, Bergischer Geschichtsverein Abteilung Erkrath, 2021)

Internet
www.bgv-erkrath.de: Horst-Ulrich Osmann: Haus Rathelbeck (4/2021; PDF-Dokument, 1,5 MB) (abgerufen 16.04.2021)
www.bgv-erkrath.de: Winfried Steiling: Tragische Morde in schönster Landschaft am Stadtrand von Erkrath (4/2021; PDF-Dokument, 412 KB) (abgerufen 16.04.2021)
www.bruderschaft-erkrath.de: Sankt Sebastianus Bruderschaft 1484 Erkrath - Horst-Ulrich Osmann: Das Heiligenhäuschen auf dem Korresberg - sagenumwobene Kultstätte oder nur Andachtskapelle? (2015) (abgerufen 16.04.2021)
www.bgv-erkrath.de: Ria Garcia: Eisenzeitliche Siedlung in Hochdahl (3/2021; PDF-Dokument, 680 KB) (abgerufen 16.04.2021)
www.gv-roesrath.de: Michael Gechter: Montanarchäologie im Bergischen Land (abgerufen 16.04.2021)

Quellen
  • Einwohner-Adressbuch der Stadt Erkrath, Solingen 1998
  • Katholisches Pfarrarchiv Erkrath, Urkunde 2
  • LAV NRW R, Reg. Düsseldorf, BR 0083, Nr. 1947
  • Ratinger Zeitung Nr. 50 vom 29.4.1920

Literatur

Banniza, Hermann (1990)
Der Mauspfad mit seinen alten Siedlungsplätzen. In: Journal 10, Jahrbuch des Kreises Mettmann, S. 76-79. Mettmann.
Dittmaier, Heinrich (1956)
Siedlungsnamen und Siedlungsgeschichte des Bergischen Landes. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 74, Neustadt a. d. Aisch.
Krumme, Erich (1960)
Der Mauspfad zwischen der Ruhr und der Itter und seine Prallelstrassen. In: Romerike Berge. Zeitschrift für das Bergische Land 10, S. 145-158. o. O.
Krumme, Erich (1954)
Erkrath als Knotenpunkt alter Straßen. In: Die Heimat, Nr. 12, o. O.
Marschall, Arthur; Narr, Karl J.; Uslar, Rafael von (1954)
Die vor- und frühgeschichtliche Besiedlung des Bergischen Landes. (Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 73.) Neustadt an der Aisch.
Ruppel, Thomas (1988)
Urgeschichte, Jungsteinzeit und vorrömische Metallzeiten. In: Düsseldorf, Geschichte von den Ursprüngen bis ins 20. Jahrhundert, Band 1, S. 93 ff., Düsseldorf.
Schüttler, Adolf / Nordrhein-Westfalen, Statistisches Landesamt (Hrsg.) (1952)
Der Landkreis Düsseldorf-Mettmann. Regierungsbezirk Düsseldorf. (Die Landkreise in Nordrhein-Westfalen. Reihe A: Nordrhein 1.) Ratingen.
(1844)
Adreßbuch für den Regierungsbezirk Düsseldorf. umfassend die dreizehn Kreise: Düsseldorf, Elberfeld, Solingen, Neuß, Crefeld, Grevenbroich, Geldern, Kempen, Cleve, Gladbach, Rees, Lennep, u. Duisburg. Elberfeld. Online verfügbar: http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/periodical/titleinfo/8386765, abgerufen am 23.11.2020

Römerweg und Gräfrather Straße in Erkrath

Schlagwörter
Ort
Erkrath
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1372

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Horst-Ulrich Osmann: „Römerweg und Gräfrather Straße in Erkrath”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-333680 (Abgerufen: 27. Juli 2024)
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