1953 begann der Aufschluss des Tagebaus „Victor“ und 1954 erhielt die Maschinenbau-Anstalt Humboldt AG, das Kölner Werk der Klöckner-Humboldt-Deutz AG, den Auftrag zur Planung und zum Bau der auf eine Tagesproduktionsleistung von 1.300 t Briketts ausgelegten Brikettfabrik.
Als sie 1955 in Betrieb ging, war sie die modernste westdeutsche Braunkohlen-Brikettfabrik. Das Firmengelände lag „auf der grünen Wiese“ nordöstlich des Örtchens Geich bei Zülpich. In der flachen Landschaft um Zülpich bilden die markanten Gebäude – insbesondere das Kraftwerk, der Nassdienst und das Trocken- und Pressenhaus – eine weithin sichtbare Landmarke. Sie war zugleich die letzte im rheinischen Revier komplett neu errichtete Brikettfabrik und wies nicht nur hinsichtlich der baulichen Gestaltung mit Elementen der klassischen Moderne, sondern auch in der technischen Ausrüstung einige hervorstechende Merkmale auf, die teilweise auf frühere Anregungen von Victor Rolff und in verschiedenen technischen Details auf Weiterentwicklungen von Victor Rolffs Sohn Joachim zurückgingen. So wurde etwa der Nassdienst in moderner Horizontalbauweise – als zweite Anlage dieser Art in Westdeutschland überhaupt – errichtet und stellt heute das einzig erhaltene Beispiel dieser technischen Neuentwicklung der braunkohlenverarbeitenden Industrie dar, die sich auch in der baulichen Gestaltung aus Stahlbeton mit Backsteinverblendung und flach geneigtem Satteldach niedergeschlagen hat. Der Nassdienst umfasste zwei Siebroste mit nachgeschalteten Brechwalzwerken, von denen eines ein Jahr nach Betriebseröffnung durch eine Hammermühle ersetzt wurde, weiterhin drei Doppelschwingsiebe sowie eine Pallmann-Pralltellermühle für die Nachzerkleinerung der grubenfeuchten Block- und Faserlignite.
Das Trocken- und Pressenhaus wurde, ebenfalls den Plänen von Victor Rolff folgend, in Flachbauweise gestaltet. Die technische Einrichtung bestand aus vier Röhrentrocknern von 4,25 m Durchmesser und mit einer Heizfläche von jeweils 2.516 m2. Die Pressung von 7„-Salon- und von Industrie-Briketts erfolgte mit sieben Schubkurbel-Drillingspressen der Maschinenbau-Anstalt Humboldt AG. Die übersichtliche Anordnung der Trockner und Pressen ließ sich vom Fenster des Aufseherraumes gut beobachten und mit wenig Personal von einer gemeinsamen Bedienungsbühne aus überwachen. Auch das Kraftwerk mit dem auf längsrechteckigem Grundriss errichteten und mit einer 13-MW-Gegendruckturbine und einer 24,5-MW-Anzapf-Kondensationsmaschine ausgestatteten Maschinenhaus sowie dem leicht nach hinten versetzten turmartigen Kesselhaus verkörpert einen für die Industriebaugestaltung der Humboldt-Werke mustergültigen Bau.
Noch Anfang 1965 wurde das neue Tagebaugebiet “Zülpich Südfeld„ aufgeschlossen, dessen Kohlevorkommen den Kohlebedarf der Brikettfabrik für die nächsten 50 Jahre hätten decken sollen. Der seit Mitte der 1960er Jahre stark eingebrochene Brikettabsatz bescherte der Fabrik jedoch ein anderes Schicksal. Im Mai 1969 wurde sie an die Rheinische Braunkohlenwerke AG verkauft und vom neuen Besitzer Ende August desselben Jahres stillgelegt.
(Norbert Gilson, Büro für technikhistorische Forschung und Beratung / Aachen; Institut. Industrie – Kultur – Geschichte – Landschaft, 2020)
Hinweis:
Heute ist nur noch eine Gebäuderuine erhalten. Die Fläche wird als Biogasanlage genutzt. Die Kartierung erfolgte auf der Grundlage der TK 25 Vettweiss (1955).