Gebäude
Das Herrenhaus wurde von Ludwig und seinem Sohn Friedrich von Gienanth im Stil des Klassizismus zwischen den Jahren 1827 und 1829 erbaut. Errichtet ist das Hauptgebäude auf rechtwinkligem Grundriss. Es verfügt über ein Erd- und ein Obergeschoss sowie über einen ausgebauten Dachboden. Die Fassade ist farblich in Rosa und Weiß akzentuiert. Durch die Fassadenfarbe lässt sich das Quadermauerwerk erahnen. Die Frontseite des Hauses besitzt 17 weiße Fenster mit Fensterläden. Neben dem Dacherker befinden sich jeweils zwei Gauben mit kleinen Fenstern. Zur Hofseite hin ist die mittlere Achse des Hauptgebäudes in Form eines Mittelrisalits betont und endet im Zwerchhaus. Ein halbrundes Fenster ist im Zwerchhaus, mittig über der Tür eingelassen. Auf dem Dach befinden sich außerdem vier Schornsteine. Gedeckt ist das Haus mit einem Zeltdach.
Links und rechts an das Haupthaus schließen zwei eingeschossige Anbauten an, die mit einem Zinnenabschluss und einem flachen Dach enden. Im rechten Anbau befand sich die Küche, im linken der sogenannte „Türkensaal“. Von den beiden Anbauten aus entspringen im rechten Winkel zwei Mauern und münden in einem Hofgebäude, das parallel zum Haupthaus mit den Anbauten ausgerichtet ist. Auf diese Weise wird ein Innenhof gebildet, ein für die Industriellenfamilie geschütztes und privates Refugium. Das Hofgebäude ist eingeschossig und mit einem Satteldach versehen. In der Mitte des Gebäudes erhebt sich ein dreieckiger Aufbau. Die Holztür zum Hauptgebäude wird von einem weißen Türsturz mit konsolengestütztem Abschluss umrandet. Das Gesims verläuft horizontal und markiert die verschiedenen Etagen des Hauses. An den Kanten des Hauses werden sie durch ebenfalls weiße Pilaster verbunden.
Vor dem Haus ist ein kleiner Grasstreifen angelegt. Hier wachsen Rosen in verschiedenen Farben. Vor dem Türkensaal steht ein kleiner Baum. Die dekorativen Elemente und die rosafarbene Fassade im Kontrast zu den weißen Elementen, schaffen eine verträumte, romantische Atmosphäre.
Hinter dem Herrenhaus befanden sich die Stallungen für Pferde und der Zugang zum Gienanthpark. Heute werden die freien Flächen vor und hinter dem Herrenhaus als Parkplatz genutzt.
Geschichte
Das Herrenhaus war lange Zeit offizieller Wohnsitz der Familie Gienanth. Nach dem Tod Friedrichs von Gienanth (1805-1842) war das Haus längere Zeit unbewohnt. Erst im Jahre 1872 zogen Eugen von Gienanth (1846-1893) und seine Frau Elise Engelhorn (1853-1920) in das Haus ein. Eugen war der Sohn von Friedrich von Gienanth und Bruder von Ludwig von Gienanth. Er heiratete im Jahre 1872 die Tochter des BASF Gründers Friedrich Engelhorn (1821-1902). Zusammen arbeiteten sie an dem Ausbau der Eisenwerke. Als Eugen mit 47 Jahren starb, übernahm Elise die Leitung der Werke von 1893 bis 1911. Sie baute die Gießerei weiter aus, ließ neue Produktionshallen errichten und eröffnete eine Klebsandgrube in Eisenberg.
Nutzung
Im Herrenhaus ist heute die Verwaltung des Unternehmens Gienanth untergebracht. Im ehemaligen Esszimmer der Familie werden Konferenzen abgehalten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sitzen an jenem Tisch, an dem Ludwig, Friedrich und Eugen von Gienanth zusammen mit ihren Familien ihre Mahlzeiten eingenommen haben. Die Vorhänge, Deckenmalereien und Fußböden sind teilweise um die 200 Jahre alt. Sie wurden aufwändig restauriert und strahlen wieder die Schönheit des Empire-Stils und des Klassizismus aus.
Das Herrenhaus Gienanth wird als Bestandteil der Denkmalzone Eisenwerk Gienanth im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Donnersbergkreis (Stand 2018) geführt. Der Eintrag lautet: „Ramsener Straße Eisenwerk Gienanth (Denkmalzone)
im Wesentlichen unter Ludwig (1767-1848), Friedrich (1805-42) und Eugen (1846-93) von Gienanth planvoll konzipierte Gesamtanlage mit klassizistischem Herrenhaus (1826-29) mit Ökonomie (1835) und ummauertem Landschaftspark, 1833/34 von Garteninspektor Metzger, Heidelberg, und Hofgärtner Stiehl, Mannheim, mit Orangerie und neuklassizistischem Mausoleum Fam. Gienanth (1912), Häuserzeile mit Arbeiterwohnungen (ab 1818), Verwaltungs-, Magazin- und Produktionsbauten einschl. der Hofräume und des Stauweihers des frühen 18. Jh.; ältester Kern der eingeschossige spätbarocke “Didierbau„, bez. 1784 (Erweiterungen 1801 und 1812)“ (GDKE 2018, S. 13).
(Katharina Laux, Amira Assenmacher, Lisa-Marie Lösch, Universität Koblenz-Landau, 2020)