Stil
Napoleons Ägyptenfeldzug und die Schwächung des Osmanischen Reiches seit dem 17. Jahrhundert besiegelte die europäische Vormachtstellung im türkischen und arabischen Raum. Einhergehend mit diesen historischen und geografischen Machtverschiebungen, wuchs zum Ende des 18. Jahrhunderts das Interesse Europas an der Kultur des „märchenhaften Morgenlands“. Als eine Ausprägung des Historismus, offenbarte sich dieses Interesse sowohl in der Literatur, in der Malerei, im Kunstgewerbe, Theater oder der Architektur. Während das Orient-Interesse im 18. Jahrhundert gesellschaftlich weit gestreut war, lässt sich das Interesse im 19. Jahrhundert auf das Bürgertum begrenzen. (Rhein 2003, S. 15, 30). Möbel und Einrichtungsgegenstände wurden im orientalischen Stil teilweise von europäischen Firmen im Orient, größtenteils jedoch in Europa produziert. Das hatte den Grund, dass originale Gegenstände nur dem Großbürgertum erschwinglich waren. Besonders französische Firmen fertigten eine breite Produktpalette. Es handelte sich jedoch zumeist um Einrichtungsstücke, die europäischen Bedürfnissen und Geschmack angepasst waren (Rhein 2003, S. 38).
Geschichte
Eugen von Gienanths Frau Elise Engelhorn (1853-1920) ließ den Saal im Jahre 1903 in einer „Nacht und Nebel Aktion“ von Mannheim nach Eisenberg bringen. Ursprünglich befand sich der Türkensaal in der Mannheimer Villa ihres Vaters, Friedrich Engelhorn. Dort war er als Repräsentationsraum, zum Empfang von Gästen und Kaffeegesellschaften genutzt worden. Der Türkensaal war im maurischen Stil ausgestattet. Kronleuchter, Spiegel, Ornamente und luxuriöse Möbel sowie Accessoires schmückten den Saal. Auffälligster Einrichtungsgegenstand war der hohe Kaminofen. Dieser war mit Säulen, orientalischen Spitzbögen und Ornamenten versehen. Auch der große Hängeleuchter prägte den Raum. Seine Funktion bestand darin, das Vermögen der Familie zu repräsentieren. Nach dem Tod des Vaters, gerieten Elise und ihre Schwester in Streit. Beide erhoben Anspruch auf den Saal. Doch Elise ließ Teile des Saals mitten in der Nacht ausbauen und brachte ihn nach Eisenberg. Hier diente er erneut als Repräsentationsraum und zum Empfang von Gästen und Geschäftspartnern.
Während der Zeit des Ersten Weltkriegs diente der Türkensaal, zusammen mit dem Herrenhaus, als Flüchtlingsunterkunft. Nachdem Ulrich von Gienanth (1907-1995) in den 1960er Jahren Gastarbeiter aus der Türkei geholt hatte, wurde der Türkensaal zu einem Gebetsraum umfunktioniert. Heute wird der Türkensaal als Lagerraum genutzt.
(Katharina Laux, Amira Assenmacher, Lisa-Marie Lösch, Universität Koblenz-Landau, 2020)
Internet
www.gienanthpark.de: Archiv 2012 (abgerufen 26.01.2021)