Um 310, mit dem Errichten eines Römischen Kastells, wurde für die Stadt Jülich, aber ebenso für den heutigen Marktplatz, der Grundstein gelegt. Dieser von einer Wehrmauer in annähernd runder Form umgebene Raum, der wohl einige Unterkunft- und Versorgungsbauten beherbergte, soll Überlieferungen nach mit vierzehn Türmen ausgestattet gewesen sein und im Bereich des heutigen Marktplatzes gelegen haben. Grund für diese Errichtung ist die topografische Lage des nun bestehenden Ortskerns und ein seltener Übergang über die Rur. Auf einer Hochterrasse gelegen, bietet dieser Standpunkt Vorteile gegenüber zwei Bedrohungen. Die erste Bedrohung stellt der Feind dar, der durch die Anhöhe schon von weitem gesichtet werden kann und einen Geländemalus in Kauf nehmen müsste. Die zweite stellt das Wasser dar, das bei Überschwemmungen die Befestigung zu schädigen droht.
Es dauerte gut 1.000 Jahre bis sich das Bild des heutigen Marktplatzes der Ortschaft, die über das Kastell hinausgewachsen war, ein erstes Mal deutlich veränderte. Nach einer Belagerung im Jahre 1278 durch den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg musste man feststellen, dass ein Wiederaufbau des stark beschädigten Kastells nicht rentabel sei. Es wurde in den Folgejahren eine neue, steinerne Befestigung errichtet. Von dieser ist heute noch der Hexenturm als eines der Stadttore erhalten. Wie sich der Bereich um den Marktplatz in jener Zeit definierte, ist nicht bekannt. Es ist jedoch überliefert, dass an derselben Stelle der frühere Marktplatz - auch „Hof“ genannt - vorzufinden war.
Nachdem 1547 die Stadt beinahe gänzlich durch einen Brand zerstört wurde, konnte der damalige Herzog Wilhelm V. von Kleve den erwünschten Ausbau der Idealstadt verwirklichen, der hierzu den italienischen Architekten Alexander Pasqualini beauftragte. Dieser orientierte sich teilweise an der mittelalterlichen Straßenordnung, in welcher städtebaulichen Situation, mit welchen Kanten und Bauten, ist unbekannt. Pasqualini verlieh der Stadt einen neuen Mittelpunkt in einem weiträumigen Marktplatz. Die mögliche Erweiterung des Altmarkts an der Kapuzinerstraße war schon deshalb nicht ratsam, weil der Markt an dieser Stelle keine direkte Torstraße mehr nach Osten hin besessen hätte. Die Stelle des Marktverkehrs hätte sich noch mehr als früher nach Norden verschoben. So ergab sich die Verlegung des Marktplatzes etwas nach Süden hin. Nach der Zerstörung durch den Stadtbrand ließ sich der Marktplatz vergrößern. Als Zugänge zum neuen Markt waren vier breite Zufahrtsstraßen in Nord-Süd- und Ost-West-Ausrichtung vorgesehen.
Mit dem Bau der Idealstadt erlangte der Markplatz die groben Züge seines heutigen Gesichts. Inmitten der Stadt treffen die Hauptverkehrsstraßen auf den quadratisch angelegten Platz. Nord-Süd- und West-Ost-Achse sind dabei besonders markant. Aus einem Plan von Matthäus Merian aus dem Jahre 1610 kann man erkennen, dass die Planung der Stadt im Marktplatz ihren Ursprung findet. Von dort aus haben sich die Baublöcke und Straßen entwickelt. Mit dem Bau des Rathauses an der Westseite des Marktplatzes übernahm der Platz, neben der Funktion eines Ortes des Handels und Austausches, nun auch repräsentative und verwaltungstechnische Aufgaben ein. Neben der Zitadelle und dem dort errichteten Residenzschloss war es vor allem der Marktplatz, der sowohl für Neuankömmlinge als auch für die Bürger den wichtigsten Punkt der Stadt markierte.
Nachdem die Jesuiten die Westseite des Platzes erwarben und dort im Zeitraum zwischen 1756 bis 1759 eine Kirche errichteten, baute man das Rathaus am heutigen Standort auf. Der damalige Kirchenbau ragte schräg in den Marktplatz, sodass das Quadrat an dieser Stelle durchbrochen wurde. Über 200 Jahre bestand der Platz in dieser Form. Erst als der Architekt René von Schöfer nach dem Zweiten Weltkrieg Jülich auf Basis der alten Stadtstrukturen wiederaufbauen ließ, wurde das Quadrat wiederhergestellt. Auch das Gebäude im Osten des Platzes wurde nach der alten Stadtstruktur rekonstruiert, obwohl dieses die Form des Quadrates bricht. Aus historischen Unterlagen geht jedoch hervor, dass dieses Gebäude bereits vor 1547 bestand und somit seither zur Stadtstruktur gehört. Heute wird der Markt auf allen vier Seiten durch traufständige Bauten, zumeist als Bestandteil von Blockrandbebauung, definiert. Den einzigen Störfaktor des Platzes - in Bezug auf dessen Achsen und Fluchten - stellt der Zeilenbau an der östlichen Seite dar. Würde man diesen abbrechen und auf die Flucht des Rathausflügels setzten, so wäre man dem Ziel der quadratischen Vollkommenheit zwar nähergekommen, man hätte es jedoch nicht erreicht. Denn die West- und Ostseite messen ca. 68 Meter, wohingegen die Länge der Nord- und Südseite nur ca. 60 Meter beträgt.
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg und dem darauffolgenden städtebaulichen Prinzip der autogerechten Stadt nahm der Marktplatz eine neue Funktion in der Verkehrslenkung ein. Der Vorläufer eines Kreisverkehrs wurde mitten auf dem Platz geschaffen. Die restliche Fläche wurde auch hier schon als Parkierung verwendet. Im Jahre 1939 wurde der Marktplatz in „Hitlerplatz“ umbenannt.
Nach der gänzlichen Zerstörung Jülichs ließ der Architekt René von Schöfer die Stadt auf Basis der alten Stadtstrukturen wiederaufbauen. Auch der Marktplatz bekam sein altes Gesicht zurück, ist jedoch inhaltlich kaum wiederzuerkennen. Eine nie dagewesene Gerichtetheit, resultierend aus der Zonierung von Fahr- und Gehweg durch geteerte Straßen und höherliegende Bordsteine, bestimmte fortan den Großteil des Platzes.
Bis heute erfolgten weitere Umgestaltungen des Platzes zurück zu seiner ursprünglichen Gestalt, in der keine Straßen, höherliegenden Bordsteine und Parkierungsflächen vorhanden waren. Der Platz erhielt ein ebenes Pflaster und wird fortan nicht mehr von Straßen oder Parkierungsflächen durchbrochen. Die quadratische Form des Platzes wird durch die Pflanzung von Bäumen umlaufend der eingrenzenden Bebauung betont und bildet somit eine Fläche, welche der Bedeutung eines Marktplatzes gerecht wird. Zusätzlich zur neuen Bepflanzung wurden Sitzbänke errichtet, welche dem Platz den Charakter als Treffpunkt oder Aufenthaltsort zurückgeben. Aufgrund der Wiederherstellung des ursprünglichen Charakters des Marktplatzes werden inzwischen wieder Feste und andere Veranstaltungen an diesem Ort ausgetragen.
(Katrin Ratajczyk, Henrik Münch und Marie-Christine Opitz, Studierende der TH Köln, 2020)
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