Die strategisch vorteilhafte Lage Saarburgs, mit direkter Flussanbindung an die Saar, machte die Stadt für viele Handwerksberufe attraktiv. Aus diesem Grunde wurde der Beruf des Glockengießers jahrhundertelang in Saarburg ausgeübt. Auch die Familie Mabilon, deren Mitglieder über Generationen als Wandergießer aktiv waren, erkannte die Vorteile der Stadt und übernahm durch eine Heirat mit der Tochter des ortsansässigen Glockengießers diesen Standort. Durch diese Heirat wurde die Geburtsstunde eines Traditionsbetriebs eingeläutet, von dem aus nun Glocken in alle Teile der Welt verschifft wurden und der auch heute noch als Museum Einblicke in den Herstellungsprozess gibt.
Die Glockengießerei Die Glockengießerei befindet sich unterhalb der Saarburg und unweit der Saar entfernt. Das Hauptgebäude grenzt unmittelbar an die Straße „Staden“ an und besteht aus einem länglichen, zweigeschossigen Haus auf rechteckigem Grundriss. Gedeckt mit einem Walmdach, sind die Fassadenwände weinrot gestrichen. An dieses Hauptgebäude schließen sich über eine Eckbauweise ein Schuppen an, der dann in die große Gießhalle mündet. Diese verläuft wieder parallel zum Haupthaus und somit nehmen die verschiedenen Gebäude der Glockengießerei die Hufeisenform auf, in deren Mitte sich ein Hof zur Straße hin öffnet.
Ein hoher, gemauerter Schornstein erhebt sich über der Gießhalle und zeugt davon, dass in dieser auch der Schmelzprozess stattgefunden hat. In dieser Halle befanden sich nämlich die Öfen und Lehmgruben zum Gießen und Versenken der Glocken. Weiterhin entstanden unterschiedliche Produktionsstätten wie eine Schreinerei, eine Schlosserei und eine Schmiede. Rechts neben der Gießhalle wurde ein moderner Neubau für das integrative Begegnungscafé Urban geschaffen, das, wie das Museum auch, durch den Trägerverein „das Lokale Bündnis für Familie e.V.“ unterhalten wird.
Der Standort Zu früheren Zeiten ersparten sich der Glockengießer und sein Auftraggeber den Transport der Glocken. Als sogenannte Wandergießer fertigte der Gießer die Glocken in unmittelbarer Nähe zu den Kirchen. Die Lage an der Saar eröffnete nun andere „standortungebundene“ Möglichkeiten. Die zum Teil sehr schweren Objekte konnten über den Flussweg in alle Teile der Welt verschifft werden.
Die Familie Mabilon – Eine Kurzdarstellung Der Familienstamm der Familie Mabilon lässt sich bis in das 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Dieser führt in die französische Gemeinde Saint-Nicoalas-de-Bourgueil, in das Herzogtum Anjou, in dem die Familie noch unter dem Namen Mabilleau bekannt war. Im Jahre 1674 verschlug es Estienne Mabilleau (1647-Todesdatum unbekannt) nach Saumur an der Loire. Dort etablierte er sich schnell im Gießerhandwerk, das auch sein Sohn Louis (1670–1749) erlernte. Dessen Sohn Maurice (1714–1780) arbeitete zum ersten Mal auch auf deutschem Gebiet, so in Koblenz.
Urbain Mabillot (1744-1818), der Sohn des Maurice, heiratete im Jahre 1770 Anna Maria Stocké in Leuken bei Saarburg. Diese war ihres Zeichens Tochter eines dort ansässigen Glockengießers. Noch im gleichen Jahr gründete Urbain eine Glockengießerei in Saarburg. Die Wahl auf Saarburg fiel dabei nicht zufällig. Große Lehmvorkommen sowie ein Hafen in der Altstadt von Saarburg erleichterten die Bedingungen, um eine erfolgreiche Glockengießerei zu betreiben. Durch Stiftungen von insgesamt sieben Glocken erlangte Urbain das Bürgerrecht sowie das Gießrecht für die Stadt Saarburg. Über weitere Generationen wurde das Gießhandwerk fortgeführt.
Im Jahre 1870 kam es zu einem Umbruch, nachdem der unverheiratete Johannes Mabilon (1825-1909) seinen Neffen Wilhelm Hausen (Sohn von Peter Hausen und Elisabeth Mabilon, 1857-1927) als Nachfolger auserkoren hatte. Johann war sogar in der Lage, die traditionsträchtige Gießerei Gaulard in Trier aufzukaufen. Dazu gehörten ebenfalls zwei Gießhütten, inklusive Inventar in Metz und Luxemburg. Wilhelm Hausen durfte den Namen Mabilon dank einer staatlichen Genehmigung behalten, sodass es zum Familienname Hausen-Mabilon kam. Johann Peter Hausen-Mabilon (1889-1969) konnte die Glockengießerei durch die schwere Zeit von zwei Weltkriegen führen. Nach erfolglosen Versuchen der Saar-Regierung, die Gießerei nach Merzig zu verlegen, wurde sie in den deutsch-französischen Wirtschaftsvertrag aufgenommen. Das hatte zur Folge, dass in Saarburg Glocken gegossen werden durften, die für das Saargebiet gedacht waren. Bis in das frühe 21. Jahrhundert (2002) konnte das traditionelle Handwerk in Person von Glockengießermeister Wolfgang Hausen-Mabilon (geboren 1927) fortgeführt werden (Barth und Biundo 1989, S. 20-23).
Heute dient die Glockengießerei Touristen und Interessierten als Museum. In einer Werkhalle aus dem Jahre 1764, einer weiteren aus dem späten 19. Jahrhundert und zwischen Fragmenten der historischen Stadtmauer, eröffnen sich dem Besucher beeindruckende Einblicke in das Handwerk des Glockengießens (Vgl. Saarburger Rundgänge o.A., S. 15).
Einblick in das Handwerk Für den ersten Schritt zum Gießen einer Glocke wird zunächst die Form mithilfe einer Holzschablone festgelegt. Das geschreinerte Profil alleine ist dafür verantwortlich, welche Klangfarbe die Glocke letztendlich erhalten wird. Diese Schablone wird mit halbrunden Ziegeln aufgemauert und mit Lehm bestrichen. Dieser Kern wird nun durch ein Feuer im Inneren getrocknet und danach abermals mit Lehm bestrichen. Durch die weitere Bearbeitung und Formung entsteht nun die Modellglocke, auch „falsche Glocke“ genannt. Nach dem Auftragen des Glockenmantels sind alle Bestandteile zum Gießen einer Glocke hergestellt. Im Anschluss wird die „falsche“ Glocke zerschlagen, sodass zwischen Kern und Glockenmantel ein Hohlraum entsteht, in den letztendlich das Metall für die Glocke gegossen wird (Vgl. Friede sei ihr erst Geläute o. A. S. 1). Die so gefertigte Lehmform wird dann in der Gießgrube (auch Dammgrube genannt) fest in Erde eingegraben, damit das einfließende Erz die Form nicht sprengt (Friede sei ihr erst Geläute o. A., S. 2).
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