Zwei schwarze Tafeln oberhalb des Eingangs der Amtsapotheke in der Wilhelmstraße in Diez sind mit den Worten „Privilegiert Anno 1672“ und „Apotheke“ versehen. Von je einem Konsolengesims eingefasst, weisen diese Inschriften auf die ursprüngliche und auch heutige Funktion des Gebäudes hin.
Fürstin Albertine Agnes von Nassau-Diez (1634-1696), hatte 1672 die Gründung der Amtsapotheke als erste Apotheke in Diez überhaupt befohlen. Der Bevölkerung der Grafschaft sollte eine medizinische Grundversorgung zugesichert werden. Die erste Amtsapotheke befand sich in der Altstadt. Erst im Jahre 1860 wurde die Amtsapotheke im Gebäude in der Wilhelmstraße eingerichtet. Seitdem dient das Gebäude der medizinischen Versorgung der Diezer Bevölkerung.
Nach einer Restaurierung des dreigeschossigen Gebäudes auf quadratischem Grundriss im Jahre 2010/11, erstrahlt die fünfachsige Fassade wieder in ihrer ursprünglichen klassizistischen Pracht. Das Gebäude überzeugt durch seine Formenstrenge und Symmetrie: Rechts befindet sich der Eingang, der von jeweils einer Laterne flankiert und einem Konsolgesims überdacht wird. Gespiegelt wird dieser Eingang auf der linken Seite durch den Hofeingang. Genau in der Mitte der Fassade, im ersten Obergeschoss, ragt ein französischer Balkon aus der Fassadenfläche hervor. Die gusseiserne Barriere sowie die Rahmung durch zwei dreiviertel Säulen korinthischer Ordnung und Ziergiebel heben dieses Fassadenelement optisch hervor. Weitere antikisierende Gestaltungselemente zur Gliederung der Stockwerke trennen diese optisch voneinander (Gesimsbänder). Hochrechteckige Fenster lockern die Fassade auf und sorgen durch eine Rahmung in der ersten Etage für eine Akzentuierung der sogenannten „Beletage“ (französisch: bel étage, das „schöne Geschoss“). Dort befanden sich einst die Repräsentationsräume.
Die Gestaltung des Hauses steht im Einklang mit der gesellschaftlichen Stellung und der Bedeutung des Amts, das sein Bewohner bekleidete: Amtsmedikus, Amtsphysicus oder auch „Leib- und Landt-Medicis“ sind nur drei Beispiele für eine Vielzahl von Amtsbezeichnungen, die ein Hof- oder Amtsapotheker im deutschen Raum führen konnte (genwiki.genealogy.net). Im Fürstbistum Münster beispielsweise war dieser Beamte „[…] führender Vertreter der Landesherrschaft in einem historischen Amt einer Landesherrschaft […] als untere staatliche Verwaltungsbehörde. Dies Privileg oder Privilegium (lat.), als wirkliches durch die Staatsgewalt (Landesherrschaft) begründetes Recht, stand im Gegensatz zu jederzeit widerruflichen Konzessionen, wie sie sonst niedergelassene Ärzte oder Apotheker erhielten“ (genwiki.genealogy.net). Das Amt des Hof- oder Amtsmedikus war demnach ein sehr attraktiver Posten. Es ist insofern nachvollziehbar, dass auch in Diez das Jahr der Privilegierung durch die Fürstin für jedermann sichtbar an der Hausfassade angebracht wurde.
Johann Christian Wuth übernahm das Amt des Hofapothekers im Jahr 1749 noch im ursprünglichen Gebäude in der Altstadt und erhielt die Privilegierung im Mai 1769 von Prinz Wilhelm V. von Oranien-Nassau (1748-1806, regierte ab 1766). In seiner Amtszeit zog die Amtsapotheke im Jahr 1870 aus der Altstadt in das heutige Gebäude in der Wilhelmstraße. Heute wird der Familienbetrieb in der achten Generation von Apotheker Christian Wuth geführt und ist im sozialen Gefüge der Stadt Diez verwurzelt. Die Apothekenräume wurden im Jahre 2010 vollständig renoviert und mit einem vollautomatisierten Warenlager mit mehr als 10.000 ständig vorrätigen Artikeln ausgestattet.
Die Amtsapotheke Diez wird als Kulturdenkmal in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz (Stand 2019) geführt. Der Eintrag lautet: „Wilhelmstraße 9 dreigeschossiges, fünfachsiges Wohn- und Geschäftshaus, um 1870.“
(Alana Dawn Knickmann, Universität Koblenz-Landau, 2019)
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