Das im Jahr 1909, also bereits 15 Jahre vor dem bis heute bestehenden Stadion am Zoo in Elberfeld eröffnete Barmer Stadion galt vor diesem als erstes „Bergisches Stadion“. Es wurde 1952 abgerissen.
Die Stadt Barmen war seit 1808 eine eigenständige Stadt. Bedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung und eine sprunghafte Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs Barmen von etwa 19.000 Einwohnern im Jahr 1816 bis 1863 auf knapp 50.000 und überschritt dann bereits um 1885 die Marke von 100.000. Bei ihrer Eingliederung nach Wuppertal im Jahr 1929 zählte die Großstadt Barmen über 180.000 Einwohner.
Bau- und Nutzungsgeschichte Auf einem 1908 von der Stadt Barmen erworbenen Grundstück im Ortsteil Lichtenplatz entstand ab März 1909 ein Sportstadion, welches bereits im September eröffnet werden konnte. Es verfügte über eine Zuschauerkapazität von 12.000 Steh- und 2.000 Sitzplätzen. Genutzt wurde das Stadion in den ersten Jahren seines Bestehens offenbar vorrangig für Radsportveranstaltungen. Zur Erinnerung: Während sich der heute ungleich populärere Fußballsport in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg erst allmählich zu etablieren begann, war der Radsport seinerzeit bereits eine längst etablierte und bedeutende Sportart, die vor allem auch beim Publikum überaus beliebt war.
Rund um das 105 x 58 Meter große Innenfeld war eine 400 Meter lange Zement-Raderennbahn angelegt, die nach dem Areal im südlichen Barmer Wald zeitgenössisch auch Radrennbahn Lichtenplatz bzw. nach dem nahe gelegenen Aussichtsturm Radrennbahn Toelleturm genannt wurde. Hier konnte bereits im Eröffnungsjahr das Bergische Herbstradrennen 1909 ausgetragen werden. Ab 1911 betrieb der örtliche Barmer Radsportverein die Bahn. Später wurden hier u.a. Stundenrennen, das Bahnradrennen Großer Preis von Deutschland (1910), die deutschen Steher-Meisterschaft 1911 und im Jahr 1912 sogar die Europameisterschaften der Profi-Steher ausgetragen (www.radsportseiten.net). Bei den lange Zeit sehr beliebten Steherrennen nutzt der Radrennfahrer den Windschatten eines knapp vorausfahrenden Motorrades und kann dadurch eine deutlich höhere Geschwindigkeit erzielen.
Infolge schwerer Sturmschäden des Jahres 1916 erfolgten u.a. 1922, 1924 und 1930 Wiederherstellungs- und Erweiterungsarbeiten an der nun Barmer Stadion oder auch Bergisches Stadion, Barmen genannten Sportstätte, die dabei auch zur Nutzung für weitere Sportarten und andere Veranstaltungen ausgebaut wurde. Neben Radrennen fanden hier nun auch vermehrt „Fußballspiele, Pferdesport-Turniere, Turnwettkämpfe und Feldhandballspiele sowie das Barmer Waldfest“ statt und im Winter wurde der Innenraum des Stadions in eine Eisbahn umfunktioniert (de.wikipedia.org). Östlich des Stadions entstand in den 1920er Jahren eine erste Unterkunft der Schutzpolizei.
Niedergang und andere Nutzungen Mit der im Herbst 1924 erfolgten Eröffnung des neuen Stadions am Zoo in Elberfeld mit mehr als 20.000 Zuschauerplätzen und deutlich günstigerer Lage, ging die Bedeutung des Barmer Stadion zurück. In den 1930ern fanden hier vornehmlich noch Kreissportfeste, Jugendwettkämpfe und politische Kundgebungen statt. Eine Ausnahme soll ein im Oktober 1930 von rund 20.000 Zuschauern besuchtes Fußballspiel zwischen dem amtierenden Westdeutschen Meister FC Schalke 04 und einem „1. FC Wuppertal“ gewesen sein (so de.wikipedia.org, gemeint ist vermutlich der FC 1919 Wuppertal e.V., Verf.).
„1936 wurde das Stadion an die Wehrmacht übergeben, die die Sportstätte für Übungen und Kundgebungen nutzte, aber kein Interesse an der Radrennbahn zeigte und von dem Bürgermeister deren sofortigen Abriss forderte. Der Verfall der Radrennbahn begann, durch Kriegseinwirkungen wurden weitere Teile des Stadions in Mitleidenschaft gezogen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Stadion für politische Veranstaltungen genutzt. So fand dort am 22. Juli 1946 eine Kundgebung der SED mit Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl vor 50.000 Besuchern statt. Im August 1946 beschlagnahmte die britischen Besatzer das Gelände, im Juni 1947 wurden Teile für die Polizei-Ausbildungsschule Wuppertal genutzt. 1948 fanden noch einzelne Reit- und Faustballturniere statt.“ (de.wikipedia.org)
Nachdem 1949 die Beschlagnahme durch die Briten wieder aufgehoben worden war, gab es 1950 zeitweise Überlegungen seitens der Stadt, das Stadion wieder als solches zu reaktivieren. Das Gelände wurde dann aber 1951 vom Innenministerium des Landes beansprucht, um in den alten Kasernen wieder Hundertschaften der Polizei unterzubringen. Die Stadt Wuppertal verkaufte das Gelände schließlich 1952 für rund 427.000 DM an das Land Nordrhein-Westfalen (225.500 DM für das Stadion und 202.000 Mark für das Gelände, de.wikipedia.org). Bis heute sind noch einige Polizeidienststellen an der Müngstener Straße ansässig, darunter Ausbildungsstätten, Hundertschaften der Bereitschaftspolizei, die Autobahnpolizei Düsseldorf, das Polizeiorchester und eine Diensthundestaffel.
Das Ende des Stadions Die Überreste des ersten Bergischen Stadions wurden schließlich im März 1952 abgerissen. Drei Jahre später entstand auf dem Gelände eine Sporthalle und in den 1970er Jahren wurde das gesamte Areal weitestgehend neu bebaut. In der Nähe wurden weitere Sportanlagen der Polizei errichtet („Buschland“), die heute teils von dem mit den Ordnungshütern eng verbundenen Polizei-Sportverein Wuppertal 1921 e.V. genutzt werden.
Ein letztes Gebäude, das einst zum Komplex des Stadions gehörte, steht noch an der Müngstener Straße. An dem erhaltenen Haus Nr. 35 befindet sich seit 2001 eine von dem Bürgerverein Hochbarmen gestiftete Gedenktafel mit einem historischen Foto des Barmer Stadions (vgl. Abbildung). Das Gebäude Müngstener Straße 35 ist nicht als Denkmal geschützt (www.wuppertal.de und Auskunft LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland).
Objektgeometrie und Lage im Kartenbild Die hier eingezeichnete Objektgeometrie folgt den Bild in den historischen topographischen Karten TK 1936-1945, die das Stadion samt der innenliegenden Radrennbahn noch gut erkennen lassen. Auch die jüngeren Luftbilder Nordrhein-Westfalen 1988-1994 weisen noch deutlich das nordwestliche Rund des früheren Stadions aus. Auf den historischen Karten der zwischen 1801 und 1828 erarbeiteten Topographischen Aufnahme der Rheinlande wie auch auf der etwas jüngeren Preußischen Uraufnahme (1836-1850) ist das Areal im „Barmer Wald“ noch weitestgehend unbesiedelt. Die teils noch den Bauzeitraum des Stadions einnehmenden Blätter der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) zeigen zwar vor Ort noch keine Sportstätte, lassen aber bereits das von Straßen umfasste spätere Gelände des ersten Bergischen Stadions erkennen und ebenso den namensgebenden Toelleturm („Tölle Th.“) als Endstation der zwischen 1884 und 1959 betriebenen elektrischen Zahnradbahn Barmer Bergbahn in etwa einem Kilometer nordöstlicher Entfernung (vgl. Kartenansicht).
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 1117-1118, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Skrentny, Werner (2015)
Es war einmal ein Stadion. Verschwundene Kultstätten des Fußballs. S. 134-135, Göttingen.
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