Geschichte des Denkmals Vor dem Chorturm der katholischen Pfarrkirche „Heilige Kreuzerhöhung“ in Kirrweiler steht über einem rechteckigen, nach unten leicht geschwungenen Sockel von 167 cm Höhe auf einem mehrfach profilierten Podest die 125 cm hohe Figur des hl. Johannes Nepomuk in priesterlichem Gewand. In der rechten Hand hält er das Kreuz, dem er den Blick zuwendet. Ein Engel zu seiner Linken hat zum Zeichen der Verschwiegenheit den Finger auf die Lippen gelegt, denn der Heilige wurde nach der Legende wegen der Bewahrung des Beichtgeheimnisses am 20. März 1393 getötet. Die Figur stand ursprünglich im Feld an der Straße nach Edenkoben, wo beim heutigen Haus Marktstraße 55 der Edenkobener Weg abzweigt – an einer Stelle, die noch heute „Am Bumbeziner“ oder „Am Pumpezierer“ heißt. „Die Benennung dieses Heiligenbildes im Volksmunde mit “Bume-sienes„ zeigt, in wie merkwürdiger Weise das Volk Fremdwörter, die ihm nicht mundgerecht oder unverständlich sind, sich umbildet und zurechtlegt. Das “Bume=sienes„ ist nichts anderes als das lateinische “Nepomu-cenus„.“ (Kast 1887, S.8) Als im Jahre 1952 das Gelände bebaut wurde, ließ die Gemeinde Statue und Sockel an die Nordseite des Rathauses versetzen. 1969 kam sie dann in den nahe gelegenen Kirchgarten. Hier schaut sie auf die Kirchgänger herab, die sich von der Chorseite dem Gotteshaus nähern. Beim Abheben des Sockels hatte sich übrigens gezeigt, dass dieser auf dem Sockel eines ehemaligen Bildstockes stand.
Die Inschriften des Sockels Der Sockel ist heute falsch aufgestellt, die ehemalige Vorderseite weist nach Norden, während die Figur des Heiligen nach Osten blickt. Auf den vier Sockelseiten befinden sich folgende lateinische Inschriften (zwei durch die Restaurierung verdorbene Wörter sind in Klammern gesetzt): Auf der (ehemaligen) Vorderseite, heute Nordseite DIVO JOANNI NEPOMUCENO SAECLI NOSTRI PATRONO KIRRVEILANI STATUAM HANC DICANTES PIE ROGANT — zu deutsch (übersetzt von Berthold Schnabel): Die Bewohner von Kirrweiler bitten, indem sie die Statue dem heiligen Johannes von Nepomuk, dem Patron unseres Jahrhunderts errichten, voll Gottvertrauen Auf der rechten Seite, heute Westseite: VIRGO (VT PRO) CLIENTIBUS EI DEDITIS DEPRECANS PRINCIPEM BENEDICTIONE REGERE ET FOVERE VELIT. PATRIAE PACEM PRAEPOSITO ET SUBDITO BONA TERRENA ET CŒLESTIA TRIBUAT — Dass er, bittend für die ihm ergebenen Schutzbefohlenen, den Fürsten mit seinem Segen lenken und leiten wolle, dem Vaterlande den Frieden, hoch und niedrig die irdischen und himmlische Güter schenken möge. Auf der Rückseite, heute Südseite: VERMES A VINEIS NOSTRIS FELICITER DEPPELLAT CUNCTOS A FRIGORE ET INTEMPERIE AGROS LIBERARE DIGNETUR — die Würmer (= die Larven des Rebenstechers) wolle er glücklich aus unseren Weinbergen vertreiben, die übrigen Äcker von Frost und Unwetter verschonen. Auf der linken Seite, heute Ostseite: A FAME PESTE BELLO PAUPERIE ET ALIIS POENIS NOS CUSTODIAT, ILLAE SAE PAMAE (FAMAE) DECUS NOBIS ET FILIIS SERVET, OMNES DENIQUE AB OBITU CAELOS INHABITARE FACIAT — Vor Hungersnut, Pest, Krieg, Armut und andere Beschwerden möge er uns bewahren, die Zier des unverletzten guten Namens uns erhalten (und) bewirken, dass schließlich alle nach dem Tod die Himmel bewohnen. —
Die Inschriften weisen somit St. Nepomuk nicht nur als Beschützer vor Hungersnot, Pest, Krieg, Armut und anderer Pein aus, sondern auch als Beschützer der Reben vor den „Würmern“. Wir erhalten dabei den interessanten Nachweis, dass Schädlinge wie Heuwurm und Sauerwurm schon vor über 200 Jahren ganze Weinberge verheerten.
Bei genauer Betrachtung der Inschrift fällt auf, dass einzelne Buchstaben – nämlich C, D, I, L, M und V – größer geschrieben sind als der übrige Text. Interpretiert man diese Buchstaben als römische Zahlzeichen und addiert sie, so erhält man die Jahreszahl der Errichtung als ein so genanntes „Chronogramm“.
Es ergeben sich jeweils vier oder fünf Zeilen der lateinischen Inschriften insgesamt 10 Chronogramme mit der Jahreszahl 1765 (Zur Verdeutlichung sind im nachstehenden Text die kleineren Buchstaben als Kleinbuchstaben geschrieben; Schrägstriche kennzeichnen den Zeilenumbruch): Norden: DIVo / IoannI / nepoMVCeno / sæCLI nostrI / patrono / kIrrVeILani /statVaM hanC / DIC antes / pIe rogant (= 1765) / renoviert von Westen: Vt pro / CLIentIbVs / eIDeDItIs / DepreCans / (= 1765) prInCIpeM beneDICtIone / regere et faVere VeLIt / * / (= 1765) patrIæ / paCeM præposItoet / sVb DIto / bona terrena et / CœLestIa / trIbVat / * (= 1765) Süden: VerMes / a VIneIs / nostrIs / feLICIter DepeLLat / (= 1765) CVnCtos a frIgore /et InteMperIe / agros LIberare / DIgnetVr (= 1765) Osten: A faMe / peste beLLo / paVperIe / …aLIIs poenIs / nos CVsto DIat / (= 1765) * / I L Læsæ paMæ / DeCVs nobIs / et fILIIs / serVet / (= 1765) oMnes DenIoVe /ab obItV CæLos / In habItare / faCIat (= 1765)
Möglicherweise stammt nur der Sockel aus dem genannten Jahre, denn eine Steinfigur »Sti. Joannis Nepomucein« zu Kirrweiler wird schon 1743 genannt. Damals hatte ein Bürger von Kirrweiler, Christian Wolf „eine steinerne Säul, darauf die bildnus st. Joannes Nepomuceni in Stein ausgehauen“. Christian Wolf (um 1700-1766) war von Beruf Metzger und stammte aus Wachenheim. Dort war sein Vater Ratsherr. Christian Wolf heiratete im Jahre 1730 Maria Katharina Riemann in Kirrweiler. Sie war die Witwe des Kronenwirts Anton Alter (OFB Kirrweiler, 2019).
Das Standbild ist im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Südliche Weinstraße wie folgt verzeichnet: Kath. Pfarrkirche hl. Kreuzerhöhung Kirchstraße 11 barocker Saalbau, 1749/50, gotischer Chorturm, 14. Jh., Turm-OG 1603; an der Kirche: Kriegerdenkmal 1914/18, reliefierte Stele, bez. 1921; Grabmal H. A. Loskandt (gest. 1792): spätbarock-klassizistische Stele mit Kruzifixbekrönung; barocke Figur, bez. 1765 (Chronostichon), urspr. am südlichen Ortsausgang, Rotsandstein (GDKE, 2019).
Religiöser Hintergrund Johannes (von) Nepomuk oder Johannes von Pomuk (um 1350 – 1393) war ein böhmischer Priester und Märtyrer. Er wurde 1721 selig gesprochen und 1729 von Papst Benedikt XIII. heiliggesprochen, von den Jesuiten 1732 zum 2. Ordenspatron erhoben und gilt als „Brückenheiliger“, Schutzpatron der Schiffer und Flößer sowie Patron des Beichtgeheimnisses. Angerufen wurde er vornehmlich bei Trockenheit und Überschwemmungen sowie bei der Verteidigung des guten Rufes. Weniger bekannt ist, dass er auch als Weinheiliger verehrt wurde; so erbaten sich die Winzer in Österreich von ihm rechtzeitigen Regen für ihre Weinberge.
(Rudolf Wild, 2019)
Literatur
Eckardt, Anton (1928)
Die Kunstdenkmäler der Pfalz.; 2, Stadt und Bezirksamt Landau. (Die Kunstdenkmäler von Bayern, Band 6..) S. 222 f., München.
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Südliche Weinstraße. Denkmalverzeichnis Kreis Südliche Weinstraße, 8. Mai 2019. S. 59, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Südliche Weinstrasse, abgerufen am 08.05.2019
Kast, Cajetan - Alias Kt. (1887)
Der Bume=sienes zu Kirrweiler. In: Pfälzisches Museum. Monatsschrift für heimathliche Litteratur und Kunst, Geschichte und Volkskunde. (4. Jahrgang), S. 7. Kaiserslautern. Online verfügbar: dlibri.de (Rheinland-Pfalz), abgerufen am 23.08.2019
Schnabel, Berthold (1992)
Der Hl. Johannes (von) Nepomuk und die Mutter Anna, zwei wenig bekannte Weinheilige der Südpfalz. In: Heimatjahrbuch 1992 Südliche Weinstraße, S. 76-84. Otterbach.
Stöckl, Martina; Schäfer, Günter (2019)
Ortsfamilienbuch Kirrweiler (Manuskript zum OFB 2019). o. O.
Weinmann, Fred (1975)
Kultmale der Pfalz. S. 137-139, Speyer.
Weinmann, Fred (1973)
Kultmale unserer Heimat. St. Nepomuks Bild in Kirrweiler. In: Der Pilger (126. Jg. Nr. 33 - 19.8.1973), S. 1017. Speyer.
Wild, Rudolf (2004)
Mit offenen Augen.... Kleindenkmale an der Südlichen Weinstraße. S. 46. S. 46, Landau in der Pfalz.
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