Historische Entwicklung
Eine erste urkundliche Erwähnung der Obermühle in Kerpen erfolgt in den Akten der Kerpener Herrschaft 1470/71, in denen von einer Neffelbachmühle am westlichen Ortsrand von Kerpen die Rede ist. Im 16. Jahrhundert wurde das Bannrecht der Kerpener Bannmühle auf die Kerpener Obermühle übertragen, wodurch ein Mühlenzwang zur externen Versorgung herrschte (Vogt 1999, S. 155).
In Folge einer Brandstiftung 1513 durch geldrische Truppen, wurde die die dem Kerpener Stift zugehörige Mühle im Jahr 1655 neu errichtet. Der erste namentlich bekannte Müller war Gerhart Kolpein, der Urururgroßvater des „Gesellenvaters“ Adolph Kolping (1813-1865), dem Begründer des Kolpingwerkes. Zu Ehren Adolph Kolpings wird die Stadt Kerpen auch „Kolpingstadt“ genannt. Die Mühle befindet sich in der Nähe des Kolping-Geburtshauses.
Die Funktion der Mühle zu Beginn des 19. Jahrhunderts lässt sich aus einer Verkaufsanzeige ableiten, in der von einer Kartoffelmühle zur Schnapsherstellung und einer kompletten Ausstattung zur Herstellung von Branntwein hingewiesen wird (Kretschmar 2004, S. 141).
Im Jahr 1853 kaufte Reiner Voihs die Kerpener Obermühle, dessen Nachkommen bis heute im Besitz des Anwesens sind. Bis zum Jahr 1864 war der Mahlbetrieb durch die Wasserkraft des Neffelbaches, die durch das hölzerne Wasserrad in Energie umgesetzt wurde, angetrieben. Reiner Voihs kaufte in diesem Jahr eine Dampfkesselanlage und machte sich somit vom schwankenden Wasserstand des Neffelbaches unabhängig. Anfang der 1930er Jahre wurde das Wasserrad aus Holz durch ein Eisenrad ersetzt und zusätzlich ein neues Wehr errichtet (Heidenbluth 2000, Kerpener Obermühle). 1970 wurde der letzte Mahlgang durchgeführt. Seitdem werden die Gebäude als landwirtschaftliches Anwesen genutzt.
Um 1980 wurde der Neffelbach verrohrt und der Mühlengraben im Stadtzentrum aufgehoben. In Folge wurde der letzten der zahlreichen Wassermühlen am Neffelbach die Betriebsgrundlage entzogen. Das Wasserrad der Kerpener Obermühle liegt seit dem auf dem Trockenen (Kretschmar 2004, S. 142).
Kulturhistorische Bedeutung
Die Kerpener Obermühle zählt mit ihren bis heute intakten Wirtschaftsgebäuden zum Mühlenensemble des Neffelbaches im Rhein-Erft-Kreis. Zusätzlich ist das Objekt von außen durch das Wasserrad und von innen im Mahlboden durch zwei Mahlgänge, den auf dem Boden liegenden Mahlstein und einen von der Decke hängendem Mehlsack als Mühle zu identifizieren.
Der Innenhof ist von Wirtschaftsgebäuden und dem Wohnhaus umgeben und über ein überdachtes Hoftor zugänglich. Das Fachwerkhaus, welches als Wohnhaus dient, stammt vermutlich aus der Zeit um 1655, als die Mühle neu errichtet wurde. Die Fenster sind mit Stabgittern versehen, die in die Fachwerkriegel eingelassen sind. Die Wirtschaftsgebäude zu beiden Seiten des Innenhofes bestehen aus Backsteinbauten.
Hinweis
Das Objekt „Kerpener Obermühle“ ist seit 1985 ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalverzeichnis der Stadt Kerpen 2011, Nr. 14).
(Sabrina Ranke, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2019)
Internet
www.stadt-kerpen.de: Geschichte der Kolpingstadt Kerpen. (abgerufen 30.04.2019)
www.stadt-kerpen.de: Liste der Baudenkmäler in Kerpen (Stand 2011, abgerufen 30.04.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 12.06.2024)