Die Altstadt von Siegen zieht sich den Siegberg hinauf, einen bis auf 300 Meter ansteigenden Geländesporn im Mündungswinkel von Sieg und Weiß. Als ältester Siedlungskern gilt der Bereich um die Martinikirche, die im ausgehenden 8. oder frühen 9. Jahrhundert wahrscheinlich durch die Erzbischöfe von Mainz (vgl. Mainzer Dom) gegründet wurde.
Stadtentwicklung im Mittelalter Die zur Kirche gehörige Siedlung findet eine erste Erwähnung als Sigena zwischen 1079 und 1089 und schloss sich hangabwärts zu Sieg und Weiß hin an. Der Fund einer hier geprägten Münze von ca. 1170 mit dem Umschrift civitas verweist auf die wachsende Bedeutung der Ansiedlung als „gewachsene Stadt“ (Wenksy 2008), die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts bereits Münzrecht besaß. Münzprägungen sind unter Graf Rupert III. zu Laurenburg-Nassau (um 1160-1191) nachgewiesen, die ihn als Ruoberdus comes ausweisen. Um 1220 gründete Graf Heinrich von Nassau eine planmäßige und befestigte Stadtanlage oberhalb der Martinikirche. In Urkunden erscheint Siegen 1224 als oppidum mit moneta et teloneum (Münze und Zoll), 1248 werden consules civitatis und magister civium (Rat und Bürgermeister) genannt (Groten u.a., HbHistSt NRW 2006 und Wensky 2008). Mit Nikolaikirche, Markt, Rathaus und Oberem Schloss bildete sich im Bereich der Stadterweiterung ein geistliches, wirtschaftliches und administratives Zentrum heraus. 1305 wird eine Stadtmauer erwähnt, später wurde die Stadt durch die Einbeziehung der Martinikirche in die Befestigungsmauern militärisch verstärkt. Die 1224 bezeugte Teilung der Stadtherrschaft zwischen dem Haus Nassau und dem Erzstift Köln begründete eine bis 1414 bestehende Doppelverwaltung (Kondominat), die Auswirkungen auf die Geschichte und die kulturellen Verbindungen des gesamten Siegerlandes hatte.
Städtische Wirtschaft Die Verhüttung von Eisenerz auf heutigem Siegener Stadtgebiet ist bereits für die Latènezeit um 500-600 v. Chr. bezeugt. Seit dem 12./13. Jahrhundert entwickelt sich Siegen zum Zentrum des Siegerländer Stahlgewerbes. 1311 wird eine Eisenhütte erwähnt, Anfang des 15. Jahrhunderts werden bereits 25 Hütten gezählt. In drei sogenannten Hüttenvororten außerhalb der Stadtmauer entwickelte sich Eisen- und Lohgerbergewerbe (eine Form der Gerberei, die Rinderhäute zu strapazierfähigem Leder verarbeitete). Textilhandwerk ist in Siegen bereits seit dem 13. Jahrhundert bezeugt, im Jahr 1303 wird ein Kaufhaus genannt. Die Stadt, die um 1500 etwa 2.000 Einwohner zählte, wurde mit Wochen- und Jahrmärkten zu einem Zentrum des Handels, insbesondere des Stahlwarenhandels mit Köln (Wensky 2008).
Weitere Stadtentwicklung Mit dem Ende der Doppelherrschaft traten die Grafen von Nassau als alleinige Stadtherren in Erscheinung. Durch Konfessionswechsel wurde die Stadt 1530 lutherisch und um 1580 reformiert. Ein Beleg aus der Zeit um 1600 zählt Siegen zu den 24 wichtigsten „Haupt- und Handelsstädten Europas”. 1607-1743 war Siegen Residenzort des Hauses Nassau-Siegen, das sich 1623 in eine ältere katholische Linie auf dem Oberen Schloss und in eine jüngere reformierte Linie teilte. Für Letztere wurde das ehemalige Franziskanerkloster nahe der Martinikirche u. a. mit einer prunkvollen Gruftanlage ausgebaut. Hier entstand bis 1721 das Untere Schloss, welches das Obere Schloss an Repräsentativität übertreffen sollte. 1652 erhob der römisch-deutsche Kaiser Ferdinand III (1608-1657) die beiden Zweige Nassau-Siegens in den Fürstenstand. Im Jahr 1743, nach dem Aussterben des Hauses, verlor die Stadt ihre Residenzfunktion. Sie wurde Sitz eines nassauischen Amtes und 1815 preußische Kreisstadt.
Ein Bombenangriff im Dezember 1944 legte fast die gesamte Altstadt in Trümmer. Straßenzüge mit verschieferten Fachwerkhäusern haben sich bei der Marienkirche erhalten. 1972 wurde Siegen Hochschulstadt, wobei Ausbildungsschwerpunkte der Universität Maschinenbau, Informatik, Neue Medien und Wirtschaftsrecht sind. Im Jahr 2000 zählte die Große kreisangehörige Stadt und Kreisstadt des Kreises Siegen-Wittgenstein rund 108.500 Einwohner. Seit 2012 nennt sich Siegen Universitätsstadt.
(Jan Spiegelberg, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V. / LVR-Fachbereich Regionale Kulturarbeit, Abteilung Landschaftliche Kulturpflege, 2016)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (3. völlig neu bearbeitete Auflage). (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 959-962, Stuttgart.
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