Synagoge Niederzissen

jüdische Betstube in der Mittelstraße (früher auch „Jüdgass“), heute Erinnerungs- und Begegnungsstätte mit Ausstellung der Geniza Niederzissen

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Niederzissen
Kreis(e): Ahrweiler
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 27′ 28,89″ N: 7° 13′ 14,18″ O 50,45802°N: 7,2206°O
Koordinate UTM 32.373.695,42 m: 5.591.070,67 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.586.720,54 m: 5.592.068,30 m
  • Synagoge Niederzissen (2023)

    Synagoge Niederzissen (2023)

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  • Ein Teil des bei der Renovierung der Synagoge von Niederzissen im Jahr 2011 gemachten Genisa-Funds: Ein Buch mit Gebeten und Psalmen, erschienen 1729/30 bei Schlomo Proops in Amsterdam mit Kritzeleien auf der rechten Seite (2012).

    Ein Teil des bei der Renovierung der Synagoge von Niederzissen im Jahr 2011 gemachten Genisa-Funds: Ein Buch mit Gebeten und Psalmen, erschienen 1729/30 bei Schlomo Proops in Amsterdam mit Kritzeleien auf der rechten Seite (2012).

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  • Ein Teil des bei der Renovierung der Synagoge von Niederzissen im Jahr 2011 gemachten Genisa-Funds (2012): Weidenkränze für das jüdische Laubhüttenfest ("Sukkot").

    Ein Teil des bei der Renovierung der Synagoge von Niederzissen im Jahr 2011 gemachten Genisa-Funds (2012): Weidenkränze für das jüdische Laubhüttenfest ("Sukkot").

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  • Die ehemalige Synagoge in Niederzissen im Landkreis Ahrweiler nach ihrer Renovierung (2012).

    Die ehemalige Synagoge in Niederzissen im Landkreis Ahrweiler nach ihrer Renovierung (2012).

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  • Richard Keuler: Jüdisches Museum - ehemalige Synagoge Niederzissen

    Richard Keuler: Jüdisches Museum - ehemalige Synagoge Niederzissen

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Die jüdische Gemeinde Niederzissen seit dem frühen 19. Jahrhundert:
In Niederzissen sind Juden erstmals Ende des 16. Jahrhunderts bezeugt. Ab etwa 1685 ist ein Bethaus für die Juden der Umgebung nachweisbar. 1932 waren Burgbrohl und Oberzissen angeschlossen, 1935/36 außerdem noch Dedenbach, Weiler, Wehr sowie Königsfeld.
Gemeindegröße um 1815: 53 (1808), um 1880: 70 (1885), 1932: 50, 2006: –.
Bethaus / Synagoge: Eine Betstube wird erstmals Ende des 17. Jahrhunderts genannt. 1841 Einweihung eines Neubaus, der 1938 beschädigt wurde, aber – baulich stark verändert – heute noch existiert (Angaben vorab nach Reuter 2007).

Niederzissen
Zerstörungen in der NS-Zeit: Nicht zerstört / nicht geschändet, Heutige Nutzung am Standort: Werkstatt (synagogen.info)

„Zunächst war eine Betstube in einem der jüdischen Häuser vorhanden. Ab etwa 1685 ist in den Olbrücker Kellereirechnungen auch von einer 'Synagoge' oder 'Schul' die Rede. 1763 wird von den 'synagoge und judenschull' im Haus der Juden Isaac gesprochen, die damals auch von den in Burgbrohl und Dedenbach lebenden Juden besucht wurde.
Nachdem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Einwohner stark zunahm, wurde der Bau einer Synagoge notwendig. 1838 konnte von der jüdischen Gemeinde ein Grundstück in der Mittelstraße gekauft werden, das dem damaligen Vorsteher der Gemeinde Mathias Lehmann gehörte. In der Mittelstraße (auch 'Jüdgass' genannt) lebten damals auch die meisten jüdischen Einwohner. 1840 begannen die Bauarbeiten für die Synagoge. Die Einweihung wurde am 3. September 1841 durch den Oberrabbiner aus Bonn Dr. Aaron Auerbach (1810-1886) vorgenommen. Die Finanzierung gelang nur mit Hilfe von Krediten, u.a. einen Kredit von 200 Talern von jüdischen Familien in Burgbrohl.
Fast 100 Jahre war die Synagoge in Niederzissen Zentrum des jüdischen Lebens am Ort. Am frühen Morgen des 10. November 1938 wurde der Betsaal von einem SA-Kommando überfallen. Fünf oder sechs Männer zerschlugen die Eingangstür mit Äxten, zertrümmerten das Inventar und warfen Torarollen, Gebetbücher und Teile der Einrichtung auf die Straße. Im Laufe des Tages vollendeten ältere Volksschüler des Ortes das Zerstörungswerk. 1939 wurde das Gebäude verkauft und zu einer Schmiedewerkstatt umgebaut. Zwar wurde durch Um- und Anbauten das Erscheinungsbild stark verändert, dennoch erinnern die Ostseite mit den Rundbogenfenstern und die Rundfenster in den Giebeln noch stark an die Vergangenheit des Gebäudes als Sakralbau.“
(alemannia-judaica.de)

Erinnerungs- und Begegnungsstätte
Das frühere Synagogengebäude stand bereits seit Anfang der 1990er-Jahre leer. 2009 wurde es aufgrund eines Bürgerbegehrens durch die Gemeinde angekauft (bezuschusst durch die Kulturstiftung des Landes Rheinland-Pfalz). Bei der ab 2011 erfolgten Restaurierung wurde der äußerliche Zustand vor der Einrichtung der Schmiede wieder hergestellt. Am 18. März 2012 wurde die ehemalige Synagoge als Erinnerungs- und Begegnungsstätte eingeweiht und der Öffentlichkeit übergeben.

Geniza Niederzissen
Eine Geniza (von hebräisch גניזה = Depot, Speicher, Lager; deutsch meist Genisa, plur. Genizoth) ist ein – manchmal auch vermauerter – Hohlraum, in dem Juden nicht mehr benutzte liturgische Schriften verschlossen ablegen. Solche Texte dürfen nicht weggeworfen werden, sofern sie etwa den Eigennamen Gottes, das Tetragrammaton JHWH enthalten. Entsprechende Schriftstücke wurden daher in Hohlräumen in Synagogen oder auch auf jüdischen Friedhöfen feierlich beerdigt.

Der bei der Renovierung der Synagoge von Niederzissen im Jahr 2011 gemachte Genisa-Fund stellt einen der bedeutendsten Funde zur jüdischen Kultur in Deutschland dar:
„Neben vielen Einzelblättern, Papierfetzen und Textilien entdeckte man auf dem Dachboden der Synagoge, unter Staub, Schmutz und Mäusekot, eine große Anzahl Bündel, die mit Schnüren oder Fäden zusammengebunden und teilweise in zerschlissene Tücher eingewickelt waren. Sie enthielten Pergamenthandschriften, Druckwerke, abgenutzte Gebetbücher und andere, unbrauchbar gewordene religiöse Gegenstände.“ (www.blogs.uni-mainz.de)
Ein Teil der Funde wird seit 2015 in einem an die restaurierte Synagoge angebauten Ausstellungsraum in einer Dauerausstellung präsentiert. Weitere rheinische Geniza-Funde wurden 2003/05 in den Synagogen in Bruttig und Ediger-Eller (beide Landkreis Cochem-Zell) gemacht.

(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2015/2021)

Internet
www.ehem-synagoge-niederzissen.de: Erinnerungs- und Begegnungsstätte ehemalige Synagoge Niederzissen (abgerufen 16.11.2015)
www.alemannia-judaica.de: Niederzissen Synagoge (abgerufen 16.11.2015)
de.wikipedia.org: Genisa Niederzissen (abgerufen 16.11.2015)
www.blogs.uni-mainz.de: Geniza-Projekt Niederzissen (abgerufen 29.01.2021)
www.general-anzeiger-bonn.de: Erste Synagoge im Kreis Ahrweiler - Bethaus, Schmiede, Kulturzentrum (General-Anzeiger vom 30.08.2016, abgerufen 07.06.2017)
synagogen.info: Niederzissen (abgerufen 16.11.2015, Inhalt nicht mehr verfügbar 29.01.2021)

Literatur

Reuter, Ursula (2007)
Jüdische Gemeinden vom frühen 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VIII.8.) S. 69, Bonn.
Stürmer, Brunhilde; Decker, Brigitte (2017)
Ein langer Weg. Die Geschichte der jüdischen Familien der Synagogengemeinschaft Niederzissen im Brohltal. Niederzissen.

Synagoge Niederzissen

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Mittelstraße 30
Ort
56651 Niederzissen
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1841

Empfohlene Zitierweise

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Empfohlene Zitierweise
„Synagoge Niederzissen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-245738 (Abgerufen: 24. April 2024)
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