Zehnthausstraße in Bullay

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Bullay
Kreis(e): Cochem-Zell
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 03′ 25,11″ N: 7° 07′ 54,28″ O 50,05698°N: 7,13174°O
Koordinate UTM 32.366.269,98 m: 5.546.637,44 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.581.088,39 m: 5.547.360,00 m
  • Postkarte aus Alf mit der Moselfähre in der Mitte (gelaufen um 1980)

    Postkarte aus Alf mit der Moselfähre in der Mitte (gelaufen um 1980)

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    Dorf- und Heimatmuseum Alf
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Die Zehnthausstraße ist ganz eng mit der Stadtgeschichte von Bullay verbunden. Es ist davon auszugehen, dass entlang der heutigen Zehnthausstraße eine römische Siedlung gelegen haben muss. Dies belegen römische Gräber und weitere Ausgrabungen, welche die Existenz einer solchen Siedlung unterstreichen. Jedoch befand sich die römische Siedlung mit großer Wahrscheinlichkeit nicht westlich der heutigen Zehnthausstraße, also in Richtung des Moselufers, sondern in den Hanglagen der Region und somit östlich der heutigen Zehnthausstraße.

Historisches Kartenmaterial
Das Kartenwerk der Topographische Aufnahme der Rheinlande von Tranchot aus den Jahren 1811-1812 ist eine graphischen Darstellung, die das gesamte Moselgebiet in ihrer topographischen Eigenschaft erfasst und darstellt. Dieses Kartenmaterial zeigt Bullay in einer frühen Phase der Siedlungsgeschichte. Der damalige Ort wies nur einen Bruchteil der heutigen Nord-Süd-Ausdehnung auf. Jedoch lässt sich der Verlauf der heutigen Zehnthausstraße bereits gut erkennen. So ist zweifelsfrei zu erkennen, dass die ersten Wohnhäuser der Ortsgemeinde entlang der heutigen Zehnthausstraße standen. Im Laufe der Zeit wuchs der Bereich rund um die Zehnthausstraße stark an, so dass nach einer baulichen Erweiterung des Ortes nach Westen und Osten, im Jahr 1888 auch eine Erweiterung des Ortes in Richtung Süden zu sehen ist. Der Bereich entlang der Zehnthausstraße stellte den Lebensmittelpunkt der meisten Einwohner Bullays dar. Dies verschob sich nach der Eröffnung der Moselstrecke im Jahr 1879 immer weiter in Richtung Süden. Diese städtebauliche Entwicklung lässt sich sehr gut auf den Karten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkennen. Während sich der Verlauf und die Bebauungsdichte der Zehnthausstraße über mehrere Jahrzehnte hinweg nur geringfügig veränderte, vergrößerte sich die Ortsgemeinde stark in südlicher Richtung.

Geschichte 1939-1950
Die Zehnthausstraße beherbergte auf Grund ihrer langen Historie auch einige wichtige Gebäude der Ortsgemeinde. So befand sich das ehemalige Bullayer Rathaus auf der Zehnthausstraße, welches jedoch 1948 abgerissen werden musste. Auf Grund der zentralen Lage Bullays direkt am Moselufer, sah sich die heutige Ortsgemeinde mehreren Bombenangriffen durch die Alliierten ausgesetzt, so dass viele Gebäude zerstört wurden. Dies galt auch für das Rathaus Bullay, dessen Bausubstanz nachhaltig und unwiderruflich zerstört wurde. Die weitestgehend zerstörte Zehnthausstraße war in den Nachkriegsjahren des Zweiten Weltkriegs, Anlaufstelle für seelisch und körperlich Verletzte. Zwischen 1946 und 1952 befand sich hier eine Hilfsstation mit sieben katholischen Schwestern, die den in Not geratenen Menschen zur Hilfe kamen.

Ausbau der Zehnthausstraße seit 1950
Im Zuge der Massenmotorisierung, die in West- und Mitteleuropa etwa in den 1950er Jahren einsetzte, musste die bisher sehr eng gebaute Zehnthausstraße verbreitert werden. Aus kulturgeographischer Sicht markieren die 1950er Jahre einen massiven Einschnitt in das Erscheinungsbild der Ortsgemeinde Bullay. Mehrere kleine Fachwerkhäuser mussten abgerissen werden, um die Befahrbarkeit der Zehnthausstraße in beide Richtungen zu ermöglichen. So wurde unter anderem eine Engstelle am südlichen Ende der Zehnthausstraße durch den Abriss zwei Fachwerkhäuser vergrößert. Die Tatsache, dass die oft Jahrhunderte alten Fachwerkhäuser ortsbildstiftend waren, wurde im Zuge der Vergrößerung oft übersehen. Weitere Opfer der Umbaumaßnahmen waren die ehemalige Kapelle in der Donau, welche 1972 abgerissen wurde und der Herrenkelter, der im Jahr 1979 zum Abriss freigegeben wurde. An der Stelle der ehemaligen Kapelle in der Donau steht heute ein Bildstock zu Ehren der Mutter Gottes, das von der Gemeinde gestiftet wurde. Im Zuge dieser beiden Abrissarbeiten meldeten sich erstmals kritische Stimmen zu Wort, die den Erhalt dieser historischen Gebäude begrüßt hätten. Die Gemeinde sah sich jedoch keiner Schuld bewusst und verwies auf die Tatsache, dass eine Sanierung der Objekte zu teuer gewesen wäre, so dass sie vom Kreisbauamt als nicht erhaltenswert eingestuft wurden. Mittlerweile besitzt die Zehnthausstraße eine durchschnittliche Breite zwischen viereinhalb und fünf Metern. Jedoch zeigen die angefügten Bilder, dass es insbesondere am südlichen Ende der Zehnthausstraße immer noch Engstellen gibt, die ein gleichzeitiges Durchfahren von zwei PKWs nicht ermöglichen

Die Zehnhausstraße als Zeitzeuge der Bullayer Ortsgeschichte
Die heutige Zehnthausstraße verläuft in nordsüdlicher Richtung genau durch den Ortskern Bullays und bildet somit das nördliche Tor zur Ortsgemeinde. Wenn man am rechten Moselufer von Norden aus über die Kreisstraße 41 in Richtung Bullay fährt, gelangt man gezwungenermaßen über die Zehnthausstraße, die als Zeitzeuge sechs der ältesten Gebäude der gesamten Ortsgemeinde beheimatet. Ein Blick in das Nachrichtliche Verzeichnis der Kulturdenkmäler des Kreises Cochem-Zell verrät, dass sich sechs der insgesamt siebzehn aufgeführten Kulturdenkmäler Bullays entlang der Zehnthausstraße befinden. Die beiden ältesten Zehnthäuser mit den heutigen Hausnummern 8 und 32 stammen aus dem 16. Jahrhundert und weisen einen massiven dreigeschossigen Aufbau auf. Drei weitere Zehnthäuser, mit den heutigen Hausnummern 14, 16 und 34 stammen aus dem 17. Jahrhundert. Lediglich das Zehnthaus mit der heutigen Hausnummer 36 stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Auf einer Gesamtlänge von etwa 250 Metern liegen neben den historischen Zehnthäusern noch die heutige Touristen-Information und das alte Hotel Mosella entlang der Zehnthausstraße. Am zentral gelegenen Lindenplatz teilt sich die Zehnthausstraße in die Alte Poststraße und die Bahnhofsstraße auf. Dieser Verkehrsknotenpunkt, an dem sich auch der Lindenplatz befindet wird als heutiger Ortskern bezeichnet.

(Patrick Drexler, Universität Koblenz-Landau, 2015)

Literatur

Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2022)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Cochem-Zell. Denkmalverzeichnis Kreis Cochem-Zell, 19. Sep. 2022. Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Cochem-Zell, abgerufen am 15.06.2023
Landesamt für Vermessung und Geobasisinformationen Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2004)
Landschaft im Wandel: Alf 1810-2000 (CD-ROM). o. O.
Schulschenk, Fritz (2004)
Bullay an der Mosel zwischen 1150 und 2000 - 850 Jahre eines Gemeindelebens. Eine chronologische Aufzeichnung. o. O.

Zehnthausstraße in Bullay

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Zehnthausstraße
Ort
56859 Bullay
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Fernerkundung
Historischer Zeitraum
Beginn 1150 bis 1810

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„Zehnthausstraße in Bullay”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-244624 (Abgerufen: 26. April 2024)
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