Denkmalbereich „Kalkar - Grieth“

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Kalkar
Kreis(e): Kleve (Nordrhein-Westfalen)
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 47′ 12,77″ N: 6° 19′ 0,21″ O 51,78688°N: 6,31672°O
Koordinate UTM 32.314.934,04 m: 5.740.740,74 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.521.898,16 m: 5.739.237,88 m
  • Grieth bei Kalkar (2020)

    Grieth bei Kalkar (2020)

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  • Pfarrkirche in Kalkar-Grieth (2015)

    Pfarrkirche in Kalkar-Grieth (2015)

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Grieth wurde 1250 von Graf Dietrich VI. (1181-1260) von Kleve gegründet und erhielt 1254 Stadtrechte. Für die Gründung waren wirtschaftliche und politische Motive maßgeblich. Wirtschaftlich wird Grieth die Rolle einer Hafen- und Schifferstadt für die 1240/1242 zu Städten erhobenen Orte Goch, Kalkar, Kleve zugedacht worden sein und als Gegenpol für das kölnische Rees. In der Territorialpolitik der Grafen von Kleve war Grieth die Antwort auf das zu Geldern gehörende Emmerich (Stadtrechte 1233) und das von Kurköln 1228 mit Stadtrechten begabte Rees.

Mit der Urkunde von 1250 verlieh Graf Dietrich dem jungen Ort am Strom den Namen und pauschal die gleichen Stadtrechte, wie sie auch Kalkar und Kleve erhalten hatten. 1254 wurden die Stadtrechte in einer Handfeste konkretisiert, mit einer stadtbaugeschichtlich besonders wichtigen Festlegung der Größe noch abzusteckender Hofstätten auf 140 x 40 Fuß. Bei Festlegung des Grundzins ist aber zugleich auch von den „seit alters abgesteckten Hofstätten“ die Rede, die möglicherweise von dem 1254 festgelegten Idealmaß abwichen. Grieth erhielt 1472 Zoll- und Stapelrechte und 1540 wurde Grieth auch Mitglied im Städtebund der Hanse.

Die Lage am Rhein bestimmte jahrhundertelang Lebensform und Erwerbsmöglichkeiten der Bewohner des Ortes. Neben Fischfang und Schifffahrt waren in Grieth ländlich-landwirtschaftlich orientierte Gewerbe verankert. Kurzzeitig gewann der Ort 1475-1485 durch die auf Anweisung vom Herzog Johann I. (von Büderich nach hier verlegten Zoll- und Stapelrechte höhere Bedeutung. Einen nennenswerten Rang als Handelsort hat Grieth jedoch nicht erreicht.

Mehr als hundert Jahre nach der Stadtgründung wurde 1371 erstmals die Stadtburg der Klever Grafen, Haus Grieth, erwähnt. Es war Sitz eines klevischen Amtmannes für Grieth und Wissel. In das 14./15. Jahrhundert fällt der Bau der jetzigen Pfarrkirche St. Peter und Paul als Ersatz für einen romanischen Vorgängerbau. Zwischen 1420 und 1440 siedelte sich im Ort ein franziskanisches Nonnenkloster an. Es scheint jedoch nicht prosperiert zu haben und war spätestens seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr existent. Nach kurzzeitiger Benutzung durch die aus Kalkar vertriebenen Dominikaner 1640/41 blieb das Kloster verlassen.

Bis 1820 wurden die Geschicke des Ortes in dem am Markt gelegenen Rathaus gelenkt. Das Haus wurde 1880 abgebrochen, eine Lücke in der Platzwand des Marktes hinterlassend, über die heute der Hauptzugang zur Kirche erfolgt.

Nach einer Darstellung von Jan de Beijer war der Marktplatz schon im 16. Jahrhundert mit unregelmäßigem Steinmaterial gepflastert und in der Mitte mit einer mächtigen Gerichtslinde versehen. Für 1683 ist eine gleichmäßige Bepflanzung des Platzes mit Linden überliefert, und 1908 erfolgte mit dem Bau der Kanalisation eine Neupflasterung des Marktes. Erst 1911 wurde der Ort mit elektrischem Strom versorgt und die Petroleumlampen (zuvor Rübölfunzeln) durch eine elektrische Straßenbeleuchtung ersetzt.

Dem ursprünglich direkt am südlichen Ende einer Rheinschleife gelegene Ort drohte im 18. Jahrhundert wirtschaftlich große Gefahr, als sich das Strombett immer weiter vom Ort weg verlagerte. Zeitweise war das Rheinstädtchen nur noch über das Altwasser mit dem Strom verbunden. Diese Situation änderte sich erst mit dem Bau des sogenannten Griether Kanals, der die beiden Enden der Rheinschleife verband und den Strom nun direkt im Osten an der Stadt vorbeiführte.

Das Stadtbild von Grieth wird in seiner Grundrissstruktur noch heute geprägt von der mittelalterlichen Anlage. Der großzügig bemessene Marktplatz liegt außermittig zum östlichen Stadtrand orientiert. Getrennt vom Markt durch eine Häuserzeile schließt sich der unmittelbar an die östliche Stadtmauer angrenzende Kirchhof an. Jenseits der Mauer, topographisch an dem hier stark abfallenden Gelände noch gut erkennbar lag ein Altwasser, der sogenannte Hafen.

Drei parallel führende Straßen, zwei davon den Markt tangierend (Rheintorstraße, Kirchstraße) führen zum ehemaligen Hafen. Das übrige Straßennetz lagert sich rasterförmig an den Marktplatz an. In der nordwestlichen Ecke der Stadtbefestigung liegt Haus Grieth. Unter Nutzung mittelalterlicher Bausubstanz war die ehemalige Stadtburg der Klever Grafen im späten 19. Jahrhundert in eine Villa gutbürgerlichen Zuschnittes umgewandelt worden.

Besonders beeindruckend ist die weit über die flachen Rheinwiesen hinweg von Südwesten her wahrnehmbare Silhouette des Ortes, mit der dominierend über den ehemaligen Hafen sich erhebenden Kirche.

Die selbst am Markt bescheidene, durchweg zweigeschossige Wohnbebauung gibt noch einmal einen Hinweis darauf, dass sich Im Ort keine wohlhabende Bürgerschaft entwickeln konnte. Die Gassen vermitteln das Bild einer bescheidenen Fischer- und Schiffersiedlung.

Grieth gehörte zur Gruppe der mittelalterlichen Gründungsstädte des 13. Jahrhunderts, verweist auf die Territorialpolitik der Klever Grafen und gibt in seiner Grundrissstruktur noch die Formmerkmale einer gotischen Stadt wieder. Das bauliche Gesicht der Stadt dokumentiert eine im Vergleich zu den benachbarten Rheinuferstädten seitene Homogenität einer Stadtbewohnerschaft, die ganz auf eine unmittelbare wirtschaftliche Nutzung des Stromes ausgerichtet war.

Das Rheinische Amt für Denkmalpflege hatte nach einer Schnellinventarisation 1980 die Ausweisung eines Denkmalbereiches angeregt. Angesichts stark veränderter Bausubstanz und den nur wenigen Einzeldenkmälern sollte so das Gesicht des Ortes gewahrt werden. Die Stadt Kalkar erarbeitete 1984 eine Satzung, die 1986 Rechtskraft erhielt.

(Walter Buschmann, Rheinisches Amt für Denkmalpflege, LVR, aus: Mainzer (Hrsg.) 1996)

Literatur

Gorissen, Friedrich (1950)
Grieth - das siebenhundertjährige Schifferstädtchen am Niederrhein. Kleve.
Kastner, Dieter (1972)
Die Territorialpolitik der Grafen von Kleve. (Veröffentlichungen des Historischen Vereins für den Niederrhein, 11.) S. 30 ff., Düsseldorf.
Mainzer, Udo (Hrsg.) (1996)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 49.) S. 120-122, Köln.

Denkmalbereich „Kalkar - Grieth“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Legestraße
Ort
47546 Kalkar - Grieth
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1250

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„Denkmalbereich „Kalkar - Grieth“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-30734-05022017-264321 (Abgerufen: 7. Oktober 2024)
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